Wissenschaftler schlagen Alarm: Neurodegenerative Erkrankungen und Schlaganfälle werden durch den Klimawandel zunehmen

Der fortwährende Anstieg der Durchschnittstemperatur in Verbindung mit zunehmender Luftverschmutzung wird voraussichtlich massive Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit haben. Besonders ein Anstieg in Häufigkeit und Intensität neurologischer Erkrankungen zeichnet sich ab.

Der Klimawandel wird massive Auswirkungen auf das menschliche Nervensystem haben.
Der Klimawandel wird massive Auswirkungen auf das menschliche Nervensystem haben. Bild: Pixabay

Der Klimawandel stellt im 21. Jahrhundert eine der größten Gefahren für die Menschheit dar. Steigende Durchschnitts- und Extremtemperaturen, zunehmende Niederschläge sowie Extremwetterereignisse beeinflussen direkt oder indirekt die Gesundheit von Nerven und Gehirn. Vier Ursachen spielen dabei eine besondere Rolle: Infektionskrankheiten, Neurotoxine, Mangelernährung sowie physischer und mentaler Stress.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) geht davon aus, dass zwischen 2030 und 2050 jährlich weitere 250.000 Todesfälle auf den Klimawandel zurückzuführen sein werden. Die zusätzlichen Kosten werden voraussichtlich ab 2030 jährlich 2 bis 4 Milliarden US-Dollar betragen.

Indische Forscher haben nun in einer Studie das Auftreten von globaler Erwärmung und Luftverschmutzung mit zwei weit verbreiteten neurologischen Erkrankungen in Verbindung bringen können: Schlaganfälle und neurodegenerative Erkrankungen. Die Wissenschaftler untersuchten, ob hohe Umgebungstemperaturen das Nervensystem schädigen und zu einem höheren Auftreten von Schlaganfällen und Todesfällen führen.

Die Folgen von Extremtemperaturen

Die globale Erwärmung und die Luftverschmutzung sind zwei bekannte Folgen des Klimawandels, die sich direkt negativ auf die menschliche Gesundheit auswirken. In den kommenden drei Jahrzehnten wird die weltweite Durchschnittstemperatur voraussichtlich um 0,3 bis 0,7 °C pro Jahr ansteigen. Auf jede Erhöhung der Umgebungstemperatur um 1 °C reagiert der menschliche Körper mit einer Vielzahl pathophysiologischer Erscheinungen.

Extreme Temperaturen scheinen die Häufigkeit und die Sterblichkeitsrate verschiedener Unterkategorien von Schlaganfällen zu erhöhen.

Erhöhte Umgebungstemperaturen führen zu einem sofortigen kognitiven Abbau und verschlimmern die Verfassung von Personen mit neurodegenerativen Erkrankungen. Die globale Erwärmung trägt dabei nicht direkt zur Entwicklung neurodegenerativer Erkrankungen bei, sie verschlimmert jedoch die Symptome von Demenz, Alzheimer und Parkinson.

Pathophysiologische Faktoren
Die zugrundeliegenden pathophysiologischen Faktoren, die durch die globale Erwärmung verursacht werden und sich direkt oder indirekt auf zerebrovaskuläre und neurodegenerative Erkrankungen auswirken. Bild: Anubhav et al., 2024, S. 33

Weitere Folgen von Hitzestress können auch psychische Probleme sein, die durch Verletzungen, Krankheiten, Nahrungsmittelknappheit und psychische Traumata verursacht werden. Traumata können durch verschiedene Faktoren verursacht werden, darunter extreme Wetterereignisse, Naturkatastrophen, persönliche Verluste, Umweltschäden, Ernährungsunsicherheit, wirtschaftliche Abschwünge und soziale Konflikte.

Demzufolge fördert der Klimawandel Depressionen, Angstzustände, posttraumatische Belastungsstörungen, Drogenkonsum und Selbstmord.

Die Folgen von Luftverschmutzung

Die Konzentration von Luftschadstoffen ist in den letzten Jahrzehnten aufgrund der zunehmenden industriellen Aktivität dramatisch angestiegen. Dem Global Burden of Disease Project zufolge starben 2015 weltweit 4,2 Millionen Menschen an den Folgen von Luftverschmutzung. Die Zahl der vorzeitigen Todesfälle in Europa, die auf darauf zurückzuführen sind, lag 2019 laut dem Bericht zwischen 22.000 und 537.000.

Luftverschmutzung steht in Zusammenhang mit einer höheren Rate an transitorischen ischämischen Attacken und ischämischen Schlaganfällen sowie einer höheren Sterblichkeitsrate bei verschiedenen Arten von zerebrovaskulären Unfällen. Außerdem führt sie zu einer Verschlechterung der kognitiven Fähigkeiten und erhöht die Wahrscheinlichkeit, an Demenz und Alzheimer zu erkranken.

Der Klimawandel löst sowohl beim Temperaturanstieg als auch bei der Luftverschmutzung jeweils denselben Mechanismus aus, nämlich eine Erhöhung des oxidativen Stresses. Außerdem gehören Veränderungen des kardiovaskulären und zerebrovaskulären Blutflusses, Excitotoxizität, Aktivierung der Mikroglia und zelluläre Apoptose zu den Auswirkungen auf die neurologische Verfassung.

Diese Ereignisse verursachen auch Entzündungen im Gehirn, welche Neuronen und Gliazellen absterben lassen. Zusammen mit dem Auftreten von Neurofibrillen und Amyloid-Plaque-Ablagerungen kommt es zu einer höheren Inzidenz und Sterblichkeitsrate bei verschiedenen neurodegenerativen Erkrankungen.

Anzahl Studien
Anzahl wissenschaftlicher Studien, die den Zusammenhang zwischen Umweltverschmutzung und neurodegenerativen Erkrankungen im Zeitraum von 25 Jahren (2000–2024) untersuchen. Bild: Anubhav et al., 2024, S. 31

Das komplizierte Zusammenspiel zwischen globaler Erwärmung und Luftverschmutzung sowie deren Auswirkungen auf das neurologische System legen nahe, dass zukünftige Maßnahmen zur Eindämmung des Klimawandels beide Probleme gleichzeitig angehen müssen.

Letztlich stellt der Klimawandel ein erhebliches Hindernis für die Menschheit dar, und wenn nicht wirksam dagegen vorgegangen wird, könnten die potenziellen Folgen verheerend sein.

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Quelle:

Anubhav, D., Mamta, K., Kumar, S. A., Swamy, S. K., & Manu, D. (2024): Global warming and its consequences for neurological disorders. Disaster Advances, 17, 8, 30–40. https://doi.org/10.25303/178da030040