Wissenschaftler entdecken neue hochenergetische „Impulse“ in Gewittern, kurz bevor der Blitz einschlägt

Es ist seit Jahren bekannt, dass Stürme hochenergetische Gammastrahlen emittieren, aber in ihnen werden neue Arten entdeckt, wie zum Beispiel pulsierende Strahlen.

Blitzschlag, Sturm
Gewitter sind natürliche Emittenten von hochenergetischen Gammastrahlen.

Stürme haben schon immer eine Mischung aus Angst und Faszination in uns geweckt. Die meiste Zeit der Menschheitsgeschichte haben wir sie als übernatürliches Phänomen betrachtet, um das sich viele Aberglauben gebildet haben. Es hat lange gedauert, bis man eine rationale, wissenschaftliche Erklärung für sie gefunden hat. Trotzdem verbergen sie auch heute noch einige Geheimnisse und überraschen uns.

Seit Benjamin Franklin 1752 dank seines berühmten Experiments mit Drachen die elektrische Natur des Blitzes entdeckte, wurden viele wissenschaftliche Entdeckungen über diese unbeschreiblichen Gewitter gemacht. Wir beginnen zu begreifen, welche wichtige Rolle sie im globalen Stromkreislauf der Erde spielen.

Die elektrischen Entladungen der etwa 2.000 Stürme, die gleichzeitig auf der Erde auftreten, sind der natürliche Mechanismus, um den gigantischen kugelförmigen Kondensator des Planeten wieder aufzuladen.

Die Gewitter bringen etwas Neues mit sich

Diese klassische Theorie (die des so genannten"tellurischen Kondensators") wurde in den 1990er Jahren umgeschrieben, als zum ersten Mal ( 1989) ein"roter Kobold" im oberen Teil einer Kumulonimbuswolke fotografiert wurde. Damit wurden die so genannten "TLEs" ("transient luminous events") entdeckt, und von diesem Moment an entwickelte sich das Studium der Stürme zu einem Studium der hohen Energien. Das Auftreten dieses Phänomens in Gewittern ist ausschlaggebend für die Auslösung elektrischer Entladungen und wird wiederum mit kosmischer Strahlung aus dem Weltraum in Verbindung gebracht.

TLEs bieten eine befriedigendere Erklärung für die regulierende Funktion von Gewittern, die es schaffen, den gigantischen Unterschied im elektrischen Potential (300.000 Volt) zwischen der Erdoberfläche und der Ionosphäre konstant zu halten. Rote Sprites werden mit positiven atmosphärischen Entladungen zwischen Wolken und Boden in Verbindung gebracht und treten mit einer leichten Verzögerung zu diesen auf.

Blitze in den Stürmen
Illustration mit einer künstlerischen Nachbildung des ER-2-Flugzeugs der NASA, das über mit Gammastrahlen glühenden Wolken über der Karibik fliegt: Quelle: Universität Bergen/Mount Visual.

Im Laufe der Jahre wurden viele weitere TLEs entdeckt, deren gemeinsamer Nenner die Emission hochenergetischer Gammastrahlen ist. Mit der Verbesserung der Nachweismethoden sind dieseEmissionen, die mit Stürmen in der oberen Atmosphäre verbunden sind und weit über die Spitzen der Kumulonimbuswolken hinausragen, besser bekannt geworden. Diese Gammastrahlen haben eine Energie von bis zu 100 MeV, eine ähnliche Größenordnung wie die von einigen Sonnenstürmen erzeugten Strahlen.

Die neueste Entdeckung

Obwohl die Emission von Gammastrahlen in Stürmen schon seit langem bekannt ist, werden immer wieder neue Entdeckungen gemacht. Bislang wurden mit Hilfe von Satelliten sowohl schwache, aber lang anhaltende Gammastrahlenemissionen als auch sehr intensive Ausbrüche, so genannte TGFs (Terrestrial Gamma-ray Flashes), über Stürmen entdeckt. Gammastrahlen sind sehr energiereiche Photonen, die von Elektronen ausgesandt werden, wenn diese stark angeregt sind und sich schnell bewegen.

Kürzlich wurden im Rahmen einer internationalen wissenschaftlichen Kampagne, bei der ein NASA-Flugzeug mehrere Gewitterwolken in der Karibik überflog, zum ersten Mal pulsierende Gammastrahlenemissionen beobachtet. Zu dem internationalen Team, das an diesem Projekt teilnahm, gehörten auch spanische Wissenschaftler der LRG(Lightning Research Group) und der UPC (Polytechnische Universität von Katalonien).

Gammastrahlen-Emissionen
Schematische Darstellung der Emission von Gammastrahlen durch wolkeninterne Blitze in einer Gewitterwolke, in blau. Quelle: ©Nature.

Dieses Flugzeug (eine ER-2 der NASA) überflog im Juli 2023 ein Gebiet mit starker Sturmaktivität. Es flog in einer Höhe von 20 Kilometern und war unter anderem mit meteorologischen Radargeräten, Blitzdetektoren sowie Gammastrahlen- und Mikrowellensensoren ausgestattet. Beim Überfliegen von Stürmen in der mexikanischen Karibik wurden 24 sehr kurze Gammastrahlenimpulse mit einer Dauer von nur wenigen hundert Millisekunden festgestellt.

Die Analyse dieser Signale und der anderen während des Fluges aufgezeichneten Daten ermöglichte zum einen die Entdeckung dieser neuen Art von hochenergetischen Impulsen, die bisher noch nicht entdeckt worden waren, und zum anderen wurde festgestellt, dass die meisten von ihnen kurz vor der Entstehung des Blitzes auftraten. Diese Emissionen wurden als flackernde Gammastrahlenblitze bezeichnet, und im Gegensatz zu anderen bereits dokumentierten Arten von Gammastrahlenemissionen scheinen sie in diesem Fall nicht mit einer TLE verbunden zu sein.

Diese Forschung wird nicht die letzte sein, die durchgeführt wird, um die Geheimnisse der Stürme weiter zu enträtseln. Sowohl die Forscher, die diese Entdeckung gemacht haben (die in der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht wurde), als auch andere Experten auf diesem faszinierenden Gebiet der Forschung betonen die große Anzahl hochenergetischer Phänomene, die über Gewittern auftreten und uns zwingen, das, was wir über die Natur des Blitzes wissen, neu zu schreiben.

Quellenhinweis:

Østgaard, N. et al. Flickering gamma-ray flashes, the missing link between gamma glows and TGFs. Nature, v. 634, 2024.