Wetterfühligkeit: Über den Sinn und Unsinn von Biowetter!

Nach dem Auf und Ab beim Wetter der vergangenen Tage und Wochen haben viele Menschen immer wieder mal mit Kopf-, Gelenkschmerzen oder Unwohlsein zu tun. Wenn sonst auch nichts auf eine Erkältung oder ähnlichem hindeutet, wird gerne das Wetter für die Beschwerden verantwortlich gemacht. Doch was hat es mit der Wetterfühligkeit auf sich und was ist von Biowetter- Vorhersagen zu halten?

Föhn
Bei Föhn an den Alpen leiden viele Menschen unter Unwohlsein und Kopfschmerzen

Der März hat bisher viele Facetten gezeigt. Von strengem Nachtfrost und Schneefällen bis ins Flachland bis hin zu Temperaturen von über 20 Grad war alles dabei. Es gab an einem Tag Temperaturen wie im Sommer mit schon heftigen Gewittern und am darauffolgenden Tag schneite es schon wieder! Kein Wunder also, dass viele Menschen da unter Wetterfühligkeit leiden, oder es zumindest glauben!

Studie zum Thema Wetterfühligkeit

Unter Wetterfühligkeit versteht man im Allgemeinen die wetterbedingte Veränderung des körperlichen und seelischen Allgemeinbefinden, insbesondere bei Wetterumschwüngen. In einer Studie zum Thema Wetterfühligkeit, die vom Deutschen Wetterdienst im Auftrag des Umweltbundesamtes durchgeführt wurde, gaben von 1623 Befragten 50 Prozent an, dass das Wetter einen Einfluss auf ihre Gesundheit habe. Die häufigsten Symptome waren dabei Kopfschmerzen und Migräne (59 %), Müdigkeit (55 %), Abgeschlagenheit (49 %), Gelenkschmerzen (42 %) und Schlafstörungen (40 %).

Auch aufgrund solcher Erhebungen gibt es bereits seit längerer Zeit neben der klassischen Wettervorhersage auch das Biowetter. Diese Prognosen richten sich an Menschen, die sich als wetterfühlig beschreiben, sowie an ältere und kränkere Personen. Dabei soll die Biowetter-Vorhersage die Tagesplanung unterstützen und rechtzeitig vor Gesundheitsgefahren warnen.

Doch welche Aussagekraft haben solche Prognosen? Fachleute bestreiten nicht, dass das Wetter das Befinden beeinflusst. Denn wie wir das Wetter empfinden, hängt nicht nur von der objektiv abgelesenen Temperatur auf dem Außenthermometer ab. Vielmehr bestimmen neben Umweltfaktoren, wie Windgeschwindigkeit, Sonneneinstrahlung, Luftfeuchtigkeit und Wolkenbedeckung, in erster Linie unsere körpereigene Klimaanlage, ob wir uns behaglich fühlen.

Hitzestress
Große Hitze wirkt sich negativ auf das Wohlbefinden aus

Allerdings sind wissenschaftlich nur wenige Einflüsse des Wetters auf das Wohlbefinden bewiesen. In der Vergangenheit wurden viele Studien zu dem Thema durchgeführt, doch konnten Ergebnisse in Zweit- oder Drittstudien mit dem gleichen Studiendesign nie bestätigt werden. Daher gibt es wissenschaftlich bestätigte Zusammenhänge nur in vier Bereichen:

  1. Wechselwirkungen von Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Wind und UV-Strahlung, wie Hitzestress
  2. Pollenflug kann allergische Reaktionen auslösen
  3. Ozon kann Atemwegsbeschwerden verursachen
  4. Zu viel UV-Strahlung schädigt Hautzellen, wie z.B. bei einem Sonnenbrand

"Diese Zusammenhänge kenne jeder intuitiv", so Hans Richner von der Eidgenössisch Technischen Hochschule in Zürich ETH zum Nachrichtenmagazin Spiegel. Die Warnung vor Kreislaufproblemen bei schwül-heißem Wetter sei etwa so sinnvoll wie eine Warnung vor dem Nasswerden bei Regen. Problematischer seien Biowetter-Prognosen, die bestimmte Wetterlagen für konkrete Beschwerden verantwortlich machen. Für eine derartige Wetterfühligkeit "gibt es keine wissenschaftlich gesicherten Aussagen", sagt Richner, der seit mehr als 40 Jahren die gesundheitlichen Auswirkungen des Wetters erforscht.

Luftdruck ändert sich mit der Höhe

Bisher konnten auch keine Zusammenhänge für auftretende Kopf-, Gliederschmerzen oder Verdauungsstörungen durch Luftdruckschwankungen oder Wetterwechsel gefunden werden. Denn die angeblich so ursächlich auftretenden Luftdruckveränderungen bei einem Wetterwechsel treten genauso auf, wenn man bei einer Fahrt mit dem Auto, der Bahn, der Seilbahn oder auch zu Fuß oder mit dem Fahrrad einfach nur Höhenmeter überwindet.

Dazu muss man wissen, dass der Luftdruck pro 8 Höhenmeter um 1 Hektopascal/Millibar sinkt. Schon eine Fahrt mit einem Aufzug in einem Hochhaus entspricht dabei der Luftdruckänderung bei einem Wetterwechsel von einem Hoch zu einem Tief. Ganz zu schweigen von einer Reise mit der Seilbahn auf einen hohen Berg. Skifahrer zum Beispiel erleben in kürzester Zeit enorme Luftdruckschwankungen durch die ständigen Wechsel der Höhenlage.

Und auch Beschwerden durch die häufigen Temperaturwechsel, wie in letzter Zeit, entbehren jeder wissenschaftlichen Grundlage. Denn im Winter schaffen es die meisten Menschen ohne Probleme von eisigen -5 Grad draußen innerhalb kürzester Zeit in die 20 Grad warme Wohnung und umgekehrt, ohne unter Wetterfühligkeit zu leiden. Und bei Saunagängern ist der Temperaturunterschied noch viel extremer!

Für Menschen ist es wichtig, die Ursache ihrer Beschwerden zu kennen. Doch aus Sicht der Wissenschaft ist in den meisten Fällen nicht das Wetter die Ursache, sondern der feste Glaube an seinen Einfluss auf unsere Gesundheit und das Wohlbefinden. Dazu ist Wetterfühligkeit nun mal nicht messbar. Wer also etwas an seinen Beschwerden ändern will, sollte vielmehr auf sich selbst, als auf die Biowetter-Vorhersage hören.