Wetter und Geschichte – Napoleon versinkt bei Waterloo im Unwetter
Sicher, es gibt Leute, die als absolute Fachidioten penetrant alles mit ihrem Fachgebiet in Verbindung setzten müssen. Der Autor dieser Zeilen erkennt sich da sicherlich ein wenig wieder. Doch nichtsdestotrotz kam es zu einigen geschichtlichen Geschehnissen bei denen das Wetter eine nicht unerhebliche Rolle gespielt hat.
Ein Ereignis, bei dem der Wetterablauf einen teils entscheidenden Einfluss ausgeübt hat, ist die Schlacht bei Waterloo vom 16. bis 18. Juni 1815, die zur endgültigen Niederlage Napoleons und schließlich dessen finalem Exil auf St. Helena geführt hat.
Konkret waren dies erst ein einzelnes kräftiges Gewitter im Zusammenhang mit einer labilen Warmfront und dann später sintflutartiger mit heftigen Gewittern durchsetzter Starkregen, der im Zusammenhang der nachfolgenden Kaltfront niederging.
Doch der Reihe nach: Nach seiner ersten Regentschaft, bei deren Beendigung auch das eisige Wetter in den Weiten Russlands eine bedeutende, einleitende Rolle gespielt hatte, und dem anschließenden Exil auf Elba, kehrte Napoleon im Frühjahr 1815 nach Frankreich und die politische Weltbühne zurück. Er übernahm die Macht in Frankreich und stellte rasch wieder eine ansehnliche Armee zusammen. Sein primäres Ziel war es, mit schnellen militärischen Erfolgen die gegnerische Koalition (einem Bündnis vor allem aus Preußen, Österreich, Russland und Großbritannien) zum Einlenken zu bringen, seine Machtergreifung zu dulden. Die feindlichen Armeen waren zwar insgesamt überlegen, aber weit über Europa verteilt. Er plante nun, sich die einzelnen Armeen separat vorzunehmen und zu besiegen. Das naheliegendste erste Ziel waren die englisch-niederländische Armee unter dem Herzog von Wellington und die preußische Armee unter Feldmarschall Gebhard Leberecht von Blücher, die beide im Gebiet des heutigen Belgiens standen.
Erste Gewitter am 16. Juni bei der Schlacht mit den Preußen
Napoleon wollte, da beide Armeen zusammen schon größer als seine waren, einen Zusammenschluss der Preußen und Briten auf dem Schlachtfeld um jeden Preis verhindern. Zu diesem Zweck griff er am 16. Juni erst die Preußen bei Ligny an. Zwar gewann er diese erste Schlacht, doch auch hier spielte bereits das Wetter eine wichtige Rolle. Denn als er seine Eliteeinheit, die Alte Garde, gegen 19:30 Uhr zum Angriff führte, brach ein Gewitter los, das zwar nicht den Boden allzu sehr durchnässte, aber zumindest sorgt es dafür, dass die Musketen zeitweise unbrauchbar waren und daraufhin der Angriff nur im Stil eines einfachen Bajonettangriffs ausgeführt werden konnte. Zwar siegten die Franzosen in dieser ersten Schlacht, allerdings erlitten sie größere Verluste als vorgesehen und die Preußen wurden nicht vernichtet. Daher konnten die Preußen sich am folgenden Tag wieder sammeln und bei der entscheidenden Schlacht am 18. Juni maßgeblich eingreifen.
Heftiger Starkregen und durchweichte Böden bei der Entscheidungsschlacht
Aber auch dabei - also bei der entscheidenden Schlacht - hatte das Wetter einen wesentlichen Einfluss. Denn als am frühen Nachmittag des 17. Junis Napoleon die englisch-holländische Streitmacht bei Quatre-Bas angreifen wollte, setzten mit dem Aufzug einer aktiven Kaltfront heftige Gewitter ein. Diese verwandelten den Boden in einen regelrechten Sumpf, der es der französischen Artillerie, Kavallerie und sogar der Infanterie unmöglich machte, sich in geschlossener Formation über die Felder zu bewegen, wie es der Kaiser verlangte. Der französische Vormarsch geriet ins Stocken und die leichtere Streitmacht der Briten konnte sich unter Wellington zunächst in eine bessere Position in der Nähe von Waterloo zurückziehen und ihre gesamte Stärke für die Entscheidungsschlacht behalten.
Sumpfiger Boden wirkt entscheidend
In der Nacht vom 17. auf den 18. ging dann zudem weiterer heftiger Regen nieder, der den Boden so durchweichte, dass Napoleon am folgenden Morgen entschied, die Schlacht nicht vor dem Mittag einleiten zu können. Denn u.a. benötigte er die Unterstützung der Artillerie, die nicht direkt auf die feindliche Linie zielte, sondern kurz davor, sodass die Geschosse von da aus über den Boden flach in die gegnerischen Reihen springen konnten, um damit eine verheerendere Wirkung zu erzielen. Allerdings braucht man dazu trockenen Boden, denn bei einem sumpfigen Boden blieben die Geschosse einfach vor dem Feind im Matsch stecken.
Da jetzt aber der Boden durch die sintflutartigen Regenfälle total sumpfig war, griff Napoleon später als beabsichtigt - erst am Mittag - an. Zwar waren in der Folge die Franzosen den Briten zunächst überlegen, aber sie konnten sie bis 16.00 Uhr noch nicht besiegen. Ein Umstand, der entscheidend war. Dann griffen nämlich die Preußen unter Blücher in die Schlacht ein, die sich zuvor gesammelt und nach Waterloo zur Unterstützung von Wellington um die Franzosen herum in Bewegung gesetzt hatten. Das Schicksal wendete sich jetzt zugunsten der Alliierten Streitmacht. Napoleon und seine Armee wurde vernichtend geschlagen und letztlich bedeutete dies das Ende von Napoleon bzw. es folgte seine Verbannung auf St. Helena, die Insel im Südatlantik, die er nie mehr verließ.
Zwar hatte Napoleon auch einige entscheidende taktische Fehler gemacht und wahrscheinlich wäre er in der Folge den anderen alliierten Armeen unterlegen gewesen, aber nach Ansicht vieler Militärhistoriker wäre zumindest die Schlacht bei Waterloo in einem französischen Sieg geendet, wenn Napoleon die Preußen am 16. Juni vernichtender geschlagen hätte, sie somit aus dem weiteren Verlauf der Schlacht draußen gewesen wären und vor allem, wenn er den Angriff am 18. Juni früher begonnen hätte. Doch beides Mal machten ihm eben teils heftige Gewitterregen einen Strich durch die Rechnung und das Wetter schrieb regelrecht Geschichte.