Weder Eisblume noch Frost? Frostblumen sind ein einzigartiges Phänomen und treten nur bei wenigen Pflanzen auf

Haben Sie schon einmal von Frostblumen gehört? Die zarten Gebilde aus Eis treten nur zu Beginn des Bodenfrosts und bei ganz bestimmten Pflanzenarten auf. Dabei überdauern die komplexen Schleifen und schalenartigen Strukturen meist nur wenige Stunden.

Frostblume am 18. November 2011
Frostblume am Morgen des 18. Novembers 2011 in Southern Kentucky. Bild: weather.gov/Glen Conner

Im Winter bringt die Natur oft Wunderwerke aus Eis und Frost hervor – eines dieser Phänomene sind die sogenannten Frostblumen. Die natürlichen Kunstwerke aus Eis sind vor allem in den frühen Morgenstunden an bestimmten Pflanzen zu finden. Doch woraus bestehen die zarten Eisgebilde, die oft an Blüten oder filigrane Bänder erinnern?

Frostblumen kommen zustande, wenn durch den beginnenden Frost das Wasser aus der Wurzel nicht mehr in die Pflanze aufsteigen kann. Dann quillt es seitlich am Stängel heraus und gefriert sofort. Die Lufttemperatur muss dabei unter dem Gefrierpunkt liegen, während im Inneren der Pflanze noch flüssiges Wasser zirkuliert.

Bei Frostblumen handelt es sich nicht um klassischen Frost, der sich durch Kondensation von Wasserdampf bildet. Vielmehr ist die Eis-Segregation für das Wachstum der Frostblumen verantwortlich: Das Wasser wird kontinuierlich aus der Pflanze nach außen gedrückt, wo es sukzessive neue Eisschichten bildet.

Wie entstehen Frostblumen?

„Frostblumen sind dünne Eisschichten (vielleicht so dick wie eine Kreditkarte), die durch Schlitze aus den Stängeln von u. a. weißen oder gelben Flügelblütlern austreten“, erklärt Glen Conner, ehemaliger staatlicher Klimatologe für Kentucky, beim US-amerikanischen National Weather Service.

Die Länge des Risses bestimmt, ob die Eisblume ein schmales oder breites Band aus Eis ist. Sie kräuselt sich beim Ausbilden unvorhersehbar, möglicherweise aufgrund ungleicher Reibung an den Seiten des Risses, und bildet ‚Blütenblätter‘.

„Für ihre Bildung sind eine eisige Lufttemperatur, feuchter oder nasser, aber nicht gefrorener Boden und ein Pflanzenstängel, der zuvor noch nicht gefroren war, erforderlich“, so Conner. In der Praxis geschehe das einmal im Jahr, obwohl nicht alle Pflanzen am ersten Tag mit guten Bedingungen Frostblumen bilden.

Frostblume am 15. November 2022
Frostblume vom 15. November 2022. Bild: weather.gov/Amy Tichenor Smith

„Das Wasser im Stängel der Pflanze wird durch Kapillarwirkung aus dem Boden nach oben gezogen“, sagt Conner. „Es dehnt sich beim Gefrieren aus und spaltet den Stängel vertikal, wobei es bei Kontakt mit der Luft gefriert. Da durch den Riss mehr Wasser aus dem Boden gezogen wird, bildet sich eine hauchdünne Eisschicht weiter vom Stängel entfernt.“

An welchen Pflanzen wachsen Frostblumen?

Frostblumen treten nur bei Pflanzenarten auf, die über eine geeignete Struktur verfügen. Eine der bekanntesten ist die Verbesina virginica, auch bekannt als Frostgras (engl. Frostweed). Diese Pflanze scheint besonders gut geeignet, das für die Bildung von Frostblumen nötige Wasser durch ihre Stängel zu transportieren.

Bekannte Pflanzen für Frostblumen sind das weiße Eisenkraut (Kronbart), das gelbe Eisenkraut (Verbesina alternifolia), das Frostkraut (Verbesina virginica), der Diptam (Cunila origanoides) und Crocanthemum bzw. Helianthemum canadense, das vor allem in Nord- und Südamerika beheimatet ist.

Die Umgebungstemperatur ist bei der Bildung dieser Eisformationen recht kühl – die Bodentemperatur liegt jedoch über dem Gefrierpunkt. Die grünen Stängel und Blätter der betroffenen Pflanzen sind oft noch intakt, selbst wenn sie bereits von den eisigen Gebilden umrahmt werden.

Die Forschungsgeschichte der Frostblumen

Frühe Berichte über dieses Naturphänomen stammen von Landwirten und Naturbeobachtern, die das Auftreten der Frostblumen auf Pflanzen wie der Verbesina virginica genannt, bemerkten. Allerdings wurden lange Zeit keine wissenschaftlichen Studien durchgeführt.

Frostblume an Cunila origanoides
Eine Frostblume an Cunila origanoides im Blowing Springs Park in Bella Vista, Arkansas. Bild: PK2Morgan/Wikimedia Commons/CC BY-SA 4.0

In den 1970er Jahren dokumentierte und beschrieb dann der Biologe und Naturforscher Dr. Bruce Means als erster das Thema Frostblumen. Means schlug den Begriff „Ice Flowers“ vor. Später führte Dr. Robert Harms detaillierte Analysen durch und schlug den Begriff „Crystallfolia“ vor, der die lateinischen Wurzeln für „Eis“ und „Blatt“ vereint.

Bei den wissenschaftlichen Untersuchungen wurde deutlich, dass die Kombination aus Temperatur, Bodenfeuchtigkeit und Pflanzenstruktur entscheidend für das Wachstum der Eisformationen ist.

Ein häufiges Missverständnis betrifft die Verwechslung von Frostblumen mit anderen Eisformationen, wie etwa Eisblumen oder Eiskristallen, die auf gefrorenen Wasseroberflächen entstehen. Während jedoch Frostblumen das Ergebnis der Eis-Segregation an Pflanzenstängeln sind, handelt es sich bei Eisblumen um Frostkristalle, die durch Kondensation in kalten Umgebungen wachsen.

Frostblumen selbst entdecken

Frostblumen sind extrem empfindlich und von kurzer Lebensdauer. Schon ein leichter Windstoß oder ein Anstieg der Temperaturen genügt, um die fragilen Strukturen zum Schmelzen zu bringen. Sie existieren oft nur für wenige Stunden und fallen nur aufmerksamen Beobachtern auf.

Diese Blüten, von denen keine der anderen gleicht, sind zerbrechlich und halten nur so lange, bis sie sublimieren oder schmelzen.

Wer Frostblumen in freier Natur entdecken möchte, sollte sich auf die frühen Morgenstunden konzentrieren, wenn die Temperaturen noch niedrig sind. Besonders an windstillen Tagen und in der Nähe von frostempfindlichen Pflanzen besteht die Chance, dieses seltene und schöne Phänomen zu beobachten. Conners Tipp: „Um sie zu finden, halten Sie Ausschau nach hohem Unkraut, insbesondere an Stellen, die nur selten gemäht werden. Sie scheinen denselben Lebensraum zu bevorzugen wie Purpur-Färberwinde, Brombeeren und Flügelstiele.“