Warum werden wir im Winter schneller krank? Die erste Studie, die diese Frage beantwortet

Das Immunsystem wird bei kalten Temperaturen geschwächt. Aber welche Teile des Körpers sind am meisten gefährdet und machen uns im Winter am ehesten krank? Das haben Wissenschaftler nun herausgefunden.

Frau schnäuzt sich die Nase
Infektionen der Atemwege nehmen im Winter zu – woran liegt das?

Die Zunahme von Atemwegsinfektionen im Winter – von gewöhnlichen Erkältungen bis hin zu schweren Erkrankungen wie Lungenentzündung – beschäftigt die Wissenschaft schon seit Jahrzehnten. Während einige umwelt- und verhaltensbedingte Faktoren bereits bekannt waren, hat eine im Journal of Allergy and Clinical Immunology veröffentlichte Studie nun die biologischen Mechanismen hinter dieser erhöhten Anfälligkeit bei Kälte ermittelt.

Erster Kontakt mit Viren

Im Mittelpunkt der Untersuchung steht die Frage, wie Kälte die Immunreaktionen in der Nasenhöhle, dem ersten Kontaktpunkt mit Atemwegsviren, beeinflusst. Die Nasenhöhle ist eine wichtige Barriere des Immunsystems, die verhindern soll, dass Krankheitserreger in den Körper gelangen.

Dabei spielen die Zellen, die das Innere der Nase auskleiden, eine entscheidende Rolle: Sie setzen winzige Strukturen, so genannte extrazelluläre Vesikel (EVs), frei, die bei der Bekämpfung von Viren helfen und Moleküle mit antiviraler Wirkung, wie bestimmte microRNAs, tragen. Eine dieser microRNAs, miR-17, wirkt gegen Viren dank eines Rezeptors namens TLR3, der spezifische Fragmente des genetischen Materials der Viren erkennt.

In der Forschung wurde eine Substanz namens Poly I:C verwendet, die einen spezifischen Rezeptor namens TLR3 aktiviert, um zu untersuchen, wie dieser Rezeptor die Freisetzung von extrazellulären Vesikeln (EVs) beeinflusst. Erste Ergebnisse zeigten, dass die Menge der EVs in Abhängigkeit von der Zeit und der Dosis zunahm, wenn die Zellen der Substanz ausgesetzt wurden.

Der maximale Anstieg trat nach 24 Stunden bei einer Dosis von 2,5 μg/ml auf, ohne die Zellen zu schädigen. Diese Ergebnisse bestätigen, dass die Aktivierung von TLR3 der Schlüssel zur Freisetzung von EVs als Reaktion auf simulierte Virusinfektionen ist.

Wie wirkt sich Kälte aus?

Die Auswirkungen von Kälte zeigten sich in einem deutlichen Rückgang sowohl der Quantität als auch der Qualität der sekretierten extrazellulären Vesikel. Niedrige Temperaturen verringerten ihre Sekretion und beeinträchtigten ihre Fähigkeit, antivirale microRNAs zu transportieren und Viren zu neutralisieren.

Diese Erkenntnis erklärt, warum die Immunabwehr in der Nasenhöhle im Winter beeinträchtigt ist und die Anfälligkeit für Atemwegsinfektionen steigt. Darüber hinaus bestätigte die Forschung, dass Kälte den intrazellulären Transport beeinträchtigt und die Aufnahme und Diffusion von Viren in Epithelzellen verlangsamt.

Frau mit Erkältung
Studie zeigt: Erkältung verändert die Immunabwehr der Nase

Diese Studie zeigt nicht nur auf, wie Kälte die nasale Immunabwehr verändert, sondern eröffnet auch neue Möglichkeiten zur Vorbeugung und Behandlung von Atemwegsinfektionen. Zu den Strategien könnten Therapien gehören, die darauf abzielen, die Sekretion von EVs zu erhöhen oder ihre Funktionalität auch bei Kälte zu verbessern.

Vitamin-D-Mangel, eine weitere Ursache für Erkältungskrankheiten

Neben den biologischen Auswirkungen der Kälte tragen auch andere Faktoren zur Zunahme von Atemwegsinfektionen im Winter bei. Die Menschen neigen dazu, mehr Zeit in geschlossenen Räumen zu verbringen, was die Übertragung von Viren begünstigt. Eine geringere Sonneneinstrahlung kann außerdem zu einer Verringerung des Vitamin-D-Spiegels führen, einem wichtigen Nährstoff für die Immunfunktion.

Die Studie unterstreicht jedoch, dass die Kälte selbst eine direkte Auswirkung auf unsere Immunabwehr hat, sodass Viren ein günstigeres Terrain vorfinden, um zu infizieren und sich zu verbreiten.

Quellenhinweis:

Huang, Di et al. (2023): Cold exposure impairs extracellular vesicle swarm–mediated nasal antiviral immunity. Journal of Allergy and Clinical Immunology, 151. https://www.jacionline.org/article/S0091-6749(22)01423-3/fulltext