Warum sind ältere Menschen anfälliger für Finanzbetrug? Die Antwort liegt im Gehirn, erklären Wissenschaftler
Ältere Menschen sind zunehmend Opfer von Finanzbetrug. Neue wissenschaftliche Studien zeigen, dass altersbedingte Veränderungen im Gehirn ihre finanziellen Fähigkeiten beeinflussen und sie anfälliger für Manipulationen machen.
- Auch interessant: Das Gehirn altert mit 57: Eine Studie aus China enthüllt die Schlüsselmomente, um kognitiven Verfall zu verhindern.
Senioren sind oft Ziel von Finanzbetrug, sei es durch Phishing-E-Mails oder Betrugsanrufe, die darauf abzielen, ihre Ersparnisse zu stehlen. Ein neuer Ansatz in der Forschung untersucht, warum ältere Menschen besonders anfällig für solche Betrügereien sind.
Die Studie, die gemeinsam mit Macarena Suárez-Pellicioni von der University of Alabama durchgeführt wurde, beschäftigt sich mit den neurokognitiven Mechanismen, die mit der finanziellen Entscheidungsfindung in mittleren und älteren Lebensjahren verbunden sind.
Sie zeigt, dass vor allem die Fähigkeit, Mathematik und finanzielle Aufgaben zu bewältigen, mit der Integrität bestimmter Gehirnregionen zusammenhängt, die im Alter verändern können.
Der Einfluss des Gehirns auf finanzielle Fähigkeiten
Im Rahmen der Untersuchung wurden 67 kognitiv gesunde Erwachsene im Alter von 50 bis 74 Jahren mittels MRT gescannt, um die Struktur und die funktionelle Vernetzung ihrer Gehirnregionen zu messen.
Die Teilnehmer führten einfache finanzielle Aufgaben wie das Ausgleichen eines Scheckbuchs oder das Berechnen von Wechselgeld durch. Diese Aufgaben setzen verschiedene kognitive Fähigkeiten voraus, darunter Gedächtnis, exekutive Funktionen und numerische Fähigkeiten – alles Bereiche, die mit zunehmendem Alter einer subtilen Veränderung unterliegen.
Frühere Forschungen zur finanziellen Verwaltung und den Auswirkungen von Alzheimer auf das Gehirn konzentrierten sich meist auf den parietalen Kortex, der für die Aufmerksamkeit und die Simulation zukünftiger Ereignisse zuständig ist.
Die spezifischen Gehirnregionen, die mit der Verarbeitung von mathematischen Informationen in Verbindung stehen, wurden bislang wenig untersucht.
Mathematik im Gehirn: Zwei zentrale Bereiche
Mathematik erfordert die Zusammenarbeit zweier Gehirnregionen: den inferioren Frontalkortex (IFG), der für das Abrufen von mathematischen Informationen aus dem Gedächtnis zuständig ist, und den mittleren Frontalkortex (MFG), der bei komplexeren Berechnungen aktiv wird.
Während der IFG es ermöglicht, einfach gespeicherte Informationen wie „Was ist 3 plus 3?“ schnell abzurufen, muss bei schwierigeren Berechnungen der MFG zusätzliche kognitive Ressourcen aktivieren, was zu einer höheren Fehleranfälligkeit führen kann.
Dies kann dazu führen, dass ältere Erwachsene häufiger Fehler bei finanziellen Aufgaben machen, da sie zunehmend auf andere Hirnregionen angewiesen sind, um Defizite auszugleichen.
Der Einfluss von Sprache und finanzieller Bildung
Eine der wichtigsten Erkenntnisse der Studie ist, dass die sprachlichen Fähigkeiten eine größere Rolle bei der erfolgreichen Bewältigung finanzieller Aufgaben spielen könnten als rein mathematische Fertigkeiten.
Personen mit besseren Sprachkenntnissen schnitten bei den Aufgaben tendenziell besser ab, was auf eine stärkere Vernetzung verschiedener Gehirnregionen hinweist.
Die Forschung von McDonough zeigt auch, dass höheres Haushaltseinkommen und finanzielle Bildung wichtige Faktoren sind, die einen Schutz gegen altersbedingte Rückgänge der finanziellen Fähigkeiten bieten.
Finanzielle Bildung kann dabei helfen, Entscheidungsfähigkeiten im Bereich der Finanzen zu bewahren und zu stärken.
Schutz vor Finanzbetrug
Das Verständnis darüber, wie sich das Gehirn im Alter verändert, könnte wichtige Hinweise für Interventionen liefern, die darauf abzielen, die Unabhängigkeit älterer Menschen zu bewahren. Dazu gehören sowohl Maßnahmen zur Stärkung der kognitiven Fähigkeiten als auch der Einsatz von rechtlichen und technologischen Schutzvorkehrungen wie etwa Vollmachten für automatische Zahlungssysteme.
Quellennachweis
- McDonough, I.M., & Suárez-Pellicioni, M. (2024). Separating neurocognitive mechanisms of maintenance and compensation to support financial ability in middle-aged and older adults: The role of language and the inferior frontal gyrus. Archives of Gerontology and Geriatrics. Science Direct
- Micale, J. (2024, December 10). Staying sharp: Study explores how brain changes may affect financial skill. Harpur.