Warum Menschen kein Meerwasser trinken können, Wale jedoch schon – das sagt die Wissenschaft
Obwohl Meerwasser für den Menschen giftig ist, können Wale und andere Meeresbewohner es überleben. Die wissenschaftlichen Grundlagen hinter dieser Fähigkeit liegen in ihrer einzigartigen Osmoregulation und evolutionären Anpassungen.
Für einen Überlebenskämpfer auf hoher See gibt es kaum eine größere Versuchung als das Meerwasser. Doch während das Salzwasser unaufhörlich um diesen herumwogt, ist es für den Menschen ein tödlicher Durstlöscher.
Unsere Meeresbewohner, wie Wale und Delfine, scheinen jedoch unbeschadet davon trinken zu können. Was genau unterscheidet die Physiologie dieser Tiere von der des Menschen, und warum sind sie in der Lage, das Meerwasser zu konsumieren, während wir daran zugrunde gehen würden?
Die Problematik des Salzwassers
Der Mensch besteht zu etwa 60% aus Wasser. Dieses Wasser ist nicht nur für die Aufrechterhaltung der Körpertemperatur und den Stoffwechsel essentiell, sondern auch für die Regulierung des Salzhaushalts. Bei einem Wasserverlust verliert der Körper auch Elektrolyte wie Natrium und Kalium, was zu einer Dehydration führen kann, die unbehandelt zum Tod führt.
Wenn wir Meerwasser trinken, steigt der Natriumspiegel in unserem Blut über das gesunde Maß. Der Körper versucht, diesen Überschuss über die Nieren auszuscheiden, aber die menschlichen Nieren sind nicht in der Lage, genügend Wasser zu produzieren, um die Salze effizient zu filtern. Um das zusätzliche Natrium loszuwerden, müsste der Körper mehr Wasser verlieren, als er aufnimmt, was zu einer weiteren Dehydration führt.
Wale und Delfine: Experten der Osmoregulation
Im Gegensatz dazu haben Meeressäugetiere wie Wale und Delfine außergewöhnliche Mechanismen zur Osmoregulation entwickelt. Diese Tiere trinken in der Regel kein Meerwasser, sondern gewinnen ihre Flüssigkeit hauptsächlich aus der Nahrung, die sie konsumieren. Ihre Nahrungsquellen wie Fische und Tintenfische enthalten ausreichend Wasser, um ihren Flüssigkeitsbedarf zu decken.
Die eigentliche Besonderheit dieser Tiere liegt jedoch in ihren Nieren. Obwohl sie kein Meerwasser trinken, haben sie spezialisierte Nieren, die es ihnen ermöglichen, extrem konzentrierte Urine zu produzieren, die nahezu salzfrei sind.
Dies erlaubt ihnen, überschüssige Salze, die durch die Aufnahme von Meerwasser durch ihre Nahrung in den Körper gelangen können, effizient auszuscheiden. Diese Nieren arbeiten deutlich effizienter als die menschlichen Nieren und sind in der Lage, die hohe Salzkonzentration im Körper zu regulieren, ohne den Wasserhaushalt zu gefährden.
Evolutionäre Lösungen für das Osmoseproblem
Die Mechanismen, die Wale und Delfine nutzen, um in einer salzhaltigen Umgebung zu überleben, bieten faszinierende Einblicke in die Anpassungsfähigkeit des Lebens.
Der Mensch hingegen hat sich in einer Umwelt entwickelt, die weniger extrem in Bezug auf den Salzgehalt des Wassers ist. Die im Meerwasser enthaltenen hohen Salzkonzentrationen stellen eine tödliche Gefahr für den menschlichen Körper dar, da der Körper nicht in der Lage ist, die Salzmengen effizient auszuscheiden und gleichzeitig den Wasserhaushalt zu regulieren.
Die Anpassungsstrategien der Meerestiere, besonders die metabolische Wasserproduktion, zeigen uns, wie unterschiedlich Organismen auf die Herausforderungen der Osmoregulation reagieren können. Die Fähigkeit von Meeressäugern, in extrem salzhaltigen Gewässern zu leben, ohne sich auf Salzwassertrinken verlassen zu müssen, ist eine bemerkenswerte evolutionäre Lösung für ein komplexes physiologisches Problem.
Quellenhinweis
- Weiner, I. D., Mitch, W. E., & Sands, J. M. (2015). Urea and ammonia metabolism and the control of renal nitrogen excretion. Clinical Journal of the American Society of Nephrology
- McNab, B. K. (2002). The physiological ecology of vertebrates: A survey of the adaptations of animals to their environments. Cornell University Press.