Von Windbeziehungen in Hochs und Tiefs!

Hochdruckgebiet windstill, Tiefdruck windig. Daran ist sicher nichts falsches. Aber gibt es so etwas wie maximale Windgeschwindigkeiten, die in einem Hoch- oder Tiefdruckgebiet auftreten können? Mit Hilfe von meteorologisch sinnvollen Annahmen und etwas Mathematik lässt sich darüber eine (annähernde) Aussage treffen.

Sturm Tief Wind
Sturmtiefs sind von teils sehr hohen Windgeschwindigkeiten begleitet

Tiefdruck ist mit aufsteigender Luft gleichbedeutend, Hochdruck hingegen mit absinkender Luft. An der einen Stelle „fehlt“ also etwas Luft, wobei man an der anderen Stelle etwas „Überfluss“ an Luft hat. Es besteht also ein Druckunterschied. Nun ist die Atmosphäre in diesem Fall auf Ausgleich bedacht. Der Zustand von Hochdruck und Tiefdruck soll also nicht bestehen bleiben, sondern verschwinden. Ein Fahrradreifen verliert z.B. auch so lange Druck, bis der Überdruck im Reifen abgebaut ist. Die Luft entweicht.

Für die folgenden Überlegungen wird angenommen, dass alles auf einer horizontalen Ebene stattfindet. Wie beim Fahrradreifen ist es so, dass der Druckunterschied die Luft(-massen) in Bewegung bringt. Man spricht dann auch von der Druckgradientkraft. Daraus resultiert, dass der Überschuss zum Mangel fließt. Im konkreten Fall: die Luft fließt vom hohen zum tiefen Druck.

Die Wirkung der Corioliskraft

Was ist der kürzeste Weg? Richtig, eine gerade Linie. Aber dadurch, dass die Erde eine drehende Kugel ist, kann die Luft gar nicht auf direktem Weg vom Hoch zum Tief fließen. Sie wird durch die Corioliskraft abgelenkt. Diese wirkt auf der Nord- und Südhalbkugel unterschiedlich. Auf der Nordhalbkugel bewirkt sie eine Rechtsablenkung, auf der Südhalbkugel eine Linksablenkung. Daher drehen sich Tief- und Hochdruckgebiete auf Nord- und Südhalbkugel unterschiedlich. Das heißt die Luft kann gar nicht auf direktem Weg vom Hoch zum Tief fließen.

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Windbeziehung können als Kräftegleichgewichte definiert werden. Verschiedene Kräfte wirken auf ein Luftpaket und ergeben in der Summe 0, gleichen sich also aus. In diesem ersten konkreten Fall, stehen Druckgradient und Corioliskraft in einem Verhältnis und die Luftmassen werden nur so lange abgelenkt, bis Druckgradient und Corioliskraft im Gleichgewicht stehen. In diesem Zustand bewegt sich das Luftpaket weder in Richtung Hoch noch in Richtung Tief. Das heißt, der Wind weht parallel zu den Isobaren, wobei der höhere Luftdruck auf der rechten Seite in Bewegungsrichtung liegt. Dies nennt man auch den geostrophischen Wind, welcher in der freien Atmosphäre eine gute Näherung für den tatsächlichen Wind ist.

Je dichter sich die Isobaren drängen, desto größer sind die Windgeschwindigkeiten!

Man kann sich damit auch folgende Faustregel merken: Je dichter sich die Isobaren drängen, desto größer ist der Wind und umgekehrt. Daraus lässt sich bereits aus einer einfachen Isobarenkarte ablesen, ob verhältnismäßig viel Wind herrscht oder das Gegenteil.

Isobarenkarte Fronten
Isobarenkarte mit Fronten. Ohne die genauen Windgeschwindigkeiten zu kennen, kann man auf einen schnellen Blick anhand der Drängung der Isobaren erkennen wo vergleichsweise hohe Windgeschwindigkeiten herrschen.

Wir wissen nun, dass Isobaren keine unendliche Krümmung haben. Sie sind einfach keine unendlich langen Geraden. Lässt man jetzt eine Krümmung im Kräftegleichgewicht zu, gesellt sich neben der Druckgradientkraft, der Corioliskraft noch die Zentrifugalkraft hinzu. Daraus resultiert der sogenannte Gradientwind. Man merkt gleich, wenn die Krümmung immer größer/unendlich wird, resultiert daraus automatisch wieder die geostrophische Windbeziehung.

Unterschiedliches dynamisches Verhalten von Tief- und Hochdruck

Aus der Gradientwindbeziehung lassen sich ein paar wichtige Dinge ableiten. Kennt man z.B. die Windgeschwindigkeit, kann man sehr schnell aus den Beziehungen den Krümmungsradius berechnen. Bei einer Windgeschwindigkeit von z.B. 20 m/s ergibt sich bei einem Tiefdruckgebiet ein Krümmungsradius von 100 km. Bei einem Hochdruckgebiet allerdings 800 km. Hieraus sieht man schon, dass trotz gleicher angenommener Windgeschwindigkeiten Hoch- und Tiefdruckgebiet ein unterschiedliches Verhalten haben.

Aus der mathematischen Lösung der Gleichung des Gradientwindes ergibt sich noch eine weitere Beziehung. Sowohl mathematisch, als auch meteorologisch sinnvoll ergeben sich nur zwei Lösungen für die Windgeschwindigkeit. Eine Lösung für das klassische Tiefdruckgebiet und eine Lösung für das klassische Hochdruckgebiet. Für das Tiefdruckgebiet ergibt sich, dass der Druckgradient beliebig groß werden darf. Heißt im Umkehrschluss, dass es für die Windgeschwindigkeiten keine Begrenzung gibt.

Für das klassische Hochdruckgebiet, gibt es bei der mathematischen Lösung der Gleichung allerdings Einschränkungen. Einerseits findet man die Erkenntnis, dass der Gradientwind in einem Hochdruckgebiet maximal das doppelte des geostrophischen Windes erreichen kann. Andererseits erfährt man, dass der Druckgradient nicht mehr beliebig hoch ausfallen kann. Also der Gradientwind nicht beliebig hoch ausfallen kann. Man erhält die Erkenntnis, dass es einen Bereich gibt, ab dem ein Hochdruckgebiet dynamisch über einen längeren Zeitraum nicht mehr stabil ist – das sogenannte Grenzhoch.