Von Wind und Hecken, die sich necken
Kräftige Winde tun zwar immer wieder gut. Sie pusten einem quasi die Seele frei, aber vor allem in der Landwirtschaft werden sie – wenn sie häufig mit einer gewissen Stärke auftreten - zu einem Problem.
Zunächst kann ein Schaden natürlich durch die direkte Windwirkung auf die teilweise doch so zarten und sensiblen Pflänzchen entstehen. Der Winddruck wächst dabei quadratisch. Das heißt: Ein steifer Wind mit einer Geschwindigkeit von 50 km/h (das entspricht knapp Windstärke 7) entwickelt einen Staudruck, der nicht doppelt, sondern viermal so groß ist, wie ein mäßiger Wind der mit einer Geschwindigkeit von 25 km/h (Windstärke 4) weht. Ein steifer Wind kann daher direkt mit seinem Winddruck Pflanzen umknicken. Getreidefelder können beispielsweise flächig plattgedrückt werden, was die Pflanzen unmittelbar schädigen kann, aber auch mittelbar, wenn das plattgedrückte Getreide durch Regen feucht wird und sich dann evtl. Pilze oder allgemein Fäulnis ausbreiten.
Andererseits besteht in windexponierten Gegenden auch die Gefahr einer Verwehung der wertvollen Bodenkrume. Dazu wird durch die höhere Windgeschwindigkeit die Verdunstung erhöht, was ebenso negative Folgen in Bezug auf Austrocknung haben kann. Neben der Landwirtschaft, ist aber auch im Wohn- und Gartenbereich ein gewisser Windschutz aus vielerlei nachvollziehbaren Gründen oft beabsichtigt. Man denke nur an eine schöne Kaffeetafel, die durch wiederholte Windstöße doch nicht so recht zu dem entspannenden Genußerlebnis wird.
Windschutzhecken
Nun, was haben schon unsere Altvordersten gemacht und wird auch heute (meist sogar intuitiv) bewerkstelligt? Man sorgt logischerweise für einen Windschutz. Doch Windschutz ist nicht gleich Windschutz. Gerade mikrometeorologisch gibt es einige spannende Nuancen.
Sicherlich, eine luftundurchlässige Mauer erscheint erst einmal prädestiniert, lässt sie doch keine Luft und damit kein Wind durch. Und auch eine dichte Windschutzhecke erscheint auf den ersten Blick zweckmäßiger als eine lockere Hecke. Aber schaut man sich einmal die traditionellen Windschutzanlagen an, wie beispielsweise ein französischem Rhônetal oder auch in der Eifel und im Westerwald (über dessen Höhen der Wind so kalt pfeift), so findet man Hecken oder auch niedrige Baumreihen, die den Wind noch durchlassen und eher eine mittlere Dichte aufweisen. Und das aus gutem Grund. Neben den offensichtlichen ökologischen Vorteilen (Stichwort Lebensraum und Nischenplätze für zahlreiche Tiere und Insekten) haben sie in ihrer lokalklimatologischen Beeinflussung der Umgebung einige deutliche Vorteile gegenüber ihren winddichten Kollegen.
Schutzwirkung
Zunächst gilt bei allen Windschutzeinrichtungen: Je höher der Windschutz, desto größer die Reichweite des Windschutzes hinter dem Hindernis. Die Abhängigkeit ist direkt proportional. Das heißt: Bei einem doppelt so hohen Windschutz reicht die Minderung des Windes auch doppelt so weit. Allerdings wie weit jeweils der Einfluss effektiv spürbar ist, hängt stark von der Dichte der Windschutzhecken ab. In der nachfolgenden Abbildung ist die Minderung der Windgeschwindigkeit gegenüber der unbeeinflussten Windgeschwindigkeit für drei verschiedene Heckendichten oder Durchlässigkeiten aufgezeigt. Dabei ist der Abstand zum Hindernis als relativer Wert zu der Höhe dargestellt, also sozusagen in Hindernishöhen.
Nun, als Erstes fällt auf, dass schon vor dem Hindernis (durch Stauwirkung) eine Abnahme der Windgeschwindigkeit zu beobachten ist. Hinter der Hecke gibt es im Abstand von ein bis fünf Hindernishöhen ein Minimum der Windgeschwindigkeit. Auf dieses folgt erst eine steilere Zunahme, dann eine sanftere, um etwa im Abstand von 30 Hindernishöhen hinter dem Hindernis wieder die ungestörte Windgeschwindigkeit zu erreichen. Zwar ist das absolute Minimum bei einer dichten Hecke geringer, aber dafür steigt die Windgeschwindigkeit rasch wieder an und die Wirkung ist recht bald eher vernachlässigbar. Bei einer lockeren und mitteldichten Hecke ist die absolute Drosselung des Windes (das Minimum) nicht ganz so stark, jedoch dafür reicht die effektivere Verringerung des Windes weiter. Es wird somit eine größere Fläche vor dem Wind geschützt.
Der Grund für das Verhalten ist in der Tatsache begründet, dass es bei dichten Hecken eine starke Drängung der über das Hindernis strömenden Luft gibt. Dadurch entstehen eher Wirbel, die den Wind hinter dem Hindernis rasch wieder anwachsen lassen. Lockere Hecken und Hecken mit mittlerer Dichte werden dagegen teilweise durchströmt. Somit ist das Windfeld ausgeglichener und es entstehen kaum unerwünschte Wirbel.
In diesem Sinne sieht man meist locker oder mitteldichte Pflanzungen. Anzumerken ist das parallel zum Wind auch andere meteorologische Parameter, wie zum Beispiel die Verdunstung, der Niederschlag, die Bodenfeuchtigkeit und auch die Temperatur, durch Windschutzhecken weitgehend positiv beeinflusst werden. Daher findet aktuell auch wieder ein regelrechtes Revival von Windschutzhecken statt und sie werden für den Gartenbereic mehr und mehr empfohlen. Und wenn sich dann Wind und Hecken necken, dann kann man eben entspannt bei einer schönen Tasse Kaffee dabei zusehen.
* Kraus, Helmut: Grundlagen der Grenzschicht Meteorologie - Einführung in die Physik der Atmosphärischen Grenzschicht und in die Mikrometeorologie, Springer Verlag Berlin Heidelberg, 2008