Urban Mining – verstecktes Potential in Zeiten knapper Rohstoffe!
Das Institut der deutschen Wirtschaft Köln e.V. (IW) hat sich in einem Bericht vom 16. Januar 2023 intensiv mit dem Thema "Urban Mining" auseinandergesetzt. Der Begriff beschreibt die Nutzung des von Menschen erschaffenen- und vorhandenen Bestandes an Rohstoffen.
Ein großes Potential an Sekundärrohstoffen schlummert heute, in elektronischen Geräten verbaut, in deutschen Kellern, Schränken und Schubladen. Die potenziellen Werte der im globalen Elektroschrott enthaltenen Rohstoffe für das Jahr 2019 sind gigantisch. Das IW schätzt den Gesamtwert an Eisen, Kupfer, Gold, Aluminium, Palladium und Silber auf 55,3 Milliarden US$.
Beispiel: Smartphones
Laut dem IW-Bericht befinden sich in Smartphones wertvolle Rohstoffe, insbesondere Metalle, die durch ihren hohen Materialwert und ihre guten Recyclingeigenschaften eine gute Basis als urbane Minen bieten. Überwiegend werden funktionsfähige Smartphones ausrangiert. Die Altgeräte verbleiben mit dem Alibi von notwendigen Ersatzgeräten in der Schublade.
Im Jahr 2021 lag der Absatz von neuen Smartphones in Deutschland bei 20,4 Millionen Geräten. Für das Jahr 2022 rechnete die Branche nach dem Branchenverband bitkom mit einem Ansatz von 21,9 Millionen Neugeräten.
Mehr als zwei Althandys pro Einwohner
In deutschen Haushalten lagerten im Jahr 2022 circa 210 Millionen Alt-Handys. Diese Zahl deckt sich mit der Analyse zu meinem Buch „Der Preis des guten Lebens“. Ende 2017 lagen nach Schätzung von bitkom 124 Millionen alte Handys in deutschen Schubladen. Nach einer bitkom-Umfrage gaben 45 Prozent der Befragten an, dass der Grund für die Aufbewahrung ungenutzter Handys die Sorge vor dem Schutz der privaten Daten sei. Weitere Gründe waren die scheinbare Notwendigkeit eines Ersatzgerätes und der zu hohe Entsorgungsaufwand des Alt-Handys.
Rohstoffquelle: Althandys
Smartphones sind eine bedeutende Rohstoffquelle für das Urban Mining, denn sie bestehen zu 45 Gewichtsprozent aus Metallen, gefolgt von Glas, Kunststoffen und Materialverbunden. Ihr Durchschnittsgewicht liegt bei 110 Gramm. Die häufigsten Metalle sind Eisen, Silizium, Magnesium, Aluminium, Kupfer, Nickel, und Chrom. Zusammen mit Zinn, Zink und Strontium summiert sich ihre Masse auf 93 Gewichtsprozent der gesamten Metalle im Smartphone.
Obwohl der Goldanteil eines Smartphones nur in etwa 0,017 g entspricht, macht es etwa 65 Prozent des gesamten Metallwerts aus. Gold eignet sich ebenfalls als Beispiel, um die Wertstoffkonzentration in Urbanen Minen mit den geologischen Rohstoffvorkommen zu vergleichen. So entspricht die geringe Goldmenge in einem Smartphone etwa der Goldmenge, die in 16 Kilogramm Gold-Gestein (Golderz) enthalten ist, wie das Umweltbundesamt im Jahr 2017 recherchierte.
1,15 Euro schlummert im jedem alten Smartphone
Hochgerechnet auf die 210 Millionen sogenannten Schubladenhandys in Deutschland, liegen etwa 3.356 Tonnen Eisen, 1.520 Tonnen Magnesium, 1.388 Tonnen Kupfer, 1.403 Tonnen Aluminium, 3,57 Tonnen Gold und 1.947 Tonnen Silizium ungenutzt in Haushalten.
Der Gesamtmetallwert der Schubladenhandys in Deutschland entspricht nach dem IW-Bericht knapp 240 Millionen Euro (254,29 Millionen US-Dollar), also einem Wert von etwa 1,15 Euro pro Handy.
Wo kann man sein altes Smartphone abgeben?
Auf Basis der Verkaufszahlen von 2021 mit 20,4 Millionen neuen Smartphones in Deutschland ermittelte das IW einen Materialwert von 23,5 Millionen Euro. Würde die Urbane Mine der Schubladenhandys ausgeschöpft und dem sachgemäßen Recycling zugeführt, würde dies ohne Berücksichtigung von Recyclingquoten und -verlusten den Materialbedarf für neue Smartphones für über 10 Jahre decken können. Da insbesondere eine Verbesserung der Recyclingeffizienzen und die Ausschöpfung von Skaleneffekten im Bereich elektronischer Kleingeräte notwendige Voraussetzungen für eine ökonomische Umsetzung spielen, die bislang nicht erfüllt sind, ist dieses errechnete Potenzial lediglich ein theoretisches.
Nichtsdestoweniger können alle Verbraucher mit Schubladenhandys diese rasch einem kontrollierten Recycling zuführen – und dabei noch Gutes tun. Die Sammelstellen vom NABU oder die Aktion der Deutschen Umwelthilfe DUH sind hierfür gute Beispiele.
Ankauf von Altgeräten
Eine weitere Abnahmequelle sind Verwerter von Gebrauchtgeräten, wie rebuy.de, backmarket.de oder refurbed.de. Sie kaufen Altgeräte auf, setzen sie instand bzw. überprüfen den Zustand und die Funktion. Danach werden sie auf dem freien Markt zu besonders günstigen Preisen als Gebrauchtgeräte angeboten.
Diese Option sollten wir alle mehr und mehr in den Fokus nehmen: gebraucht kaufen – bis zum völligen Funktionsende verwenden und dann ordnungsgemäß recyceln.