Umkehr der Klimapläne der USA?
Präsident Joe Biden genehmigt Öl- und Gasexporte aus Alaska, während Kritiker diese Maßnahmen als "Treibhausgasbomben" verurteilen. Beide Genehmigungen ernten viel Kritik internationaler Nicht-Regierungsorganisationen.
Das US-Energieministerium hat Anfang Mai 2023 ein Projekt der Alaska Gasline Development Corporation (AGDC) genehmigt. Es hat das Ziel, Flüssigerdgas (LNG, Liquefied Natural Gas) in Länder zu exportieren, mit denen die Vereinigten Staaten kein Freihandelsabkommen haben und zielt vorwiegend auf Länder in Asien. Das Projekt hat einen Investitionsumfang von 39 Milliarden Dollar. Sollten alle notwendigen Genehmigungen vorliegen, wäre bis 2030 eine Betriebsbereitschaft gegeben.
Die umfangreichen LNG-Pläne der US-Regierung basieren auf Exportzielsetzungen unter der Regierung von Donald Trump. National und international aktive Umweltorganisationen lehnen die Planungen stark ab. Sie seien »…eine versteckte Kehrtwende des nach außen als „Klimaregierung“ auftretenden demokratischen US-Präsidenten.« Lukas Ross von Friends of the Earth sagte dazu: »Die Klimapräsidentschaft von Joe Biden gerät vollkommen aus den Fugen«. Ross wies darauf hin, dass dies bereits die zweite US-Entscheidung eines «Megaprojekts für fossile Brennstoffe« in nur zwei Monaten sei.
Das Willow-Projekt
Die Biden-Regierung genehmigte im März 2023 das Ölbohrprojekt Willow von Conocophillips mit einem Volumen von 7 Milliarden US-Dollar. Auch diese Pläne an der Nordküste Alaskas führten zu Kritik durch Umweltverbänden an der Biden-Regierung und ihrem ambivalenten Handel beim Umgang mit der globalen Klimakrise. In Alaska selbst genießt die Ölförderung politisch große Unterstützung. Die Gründe hierfür sind rein ökonomisch, denn der Bundesstaat Alaska profitiert erheblich von den Steuereinnahmen der Ölkonzerne.
Schädigung der Flora und Fauna
So sei ein Drittel der Einwohner Alaskas direkt oder indirekt von den Einnahmen des Öls abhängig, erklärte der Ökonom Brett Watson von der Universität Alaska Anchorage. Nach Schätzungen der US-Regierung selbst würden die Bohrungen 9,2 Millionen Tonnen CO₂ im Jahr freisetzen - in etwa die Menge, die jährlich zwei Millionen Autos auf den Straßen ausstoßen. Bei einer Laufzeit von 30 Jahren kämen so knapp 280 Millionen Tonnen CO₂ zusammen.
Das Gebiet des Willow-Projektes betrifft auch direkt den Lebensraum von seltenen Vögeln, Walen und Polarbären. Daher hatte auch das US-Innenministerium Bedenken zur Genehmigung angemeldet, denn »…die Auswirkungen des Projekts beträfen Flora, Fauna und den Lebensunterhalt der indigenen Bevölkerung.«
Neue LNG-Anlage – neuer Turbo für Treibhausgasausstoß
Die im Mai 2023 genehmigte Alaska LNG umfasst eine Verflüssigungsanlage von Erdgas in Nikiski, einem Ort auf der Kenai-Halbinsel im Süden Alaskas, sowie eine geplante 1.300 km lange Pipeline, um das im Norden Alaskas geförderte Gas durch den Staat zu transportieren. Frank Richards, der Präsident der Projektbetreibers AGDC, sagte, dass seiner Meinung nach das Alaska LNG-Projekt »…den Menschen in Alaska und den Verbündeten der USA eine bedeutende Quelle emissionsarmer und verantwortungsbewusst produzierter Energie bieten wird und auch internationale Umweltprioritäten berücksichtigt.« Die Biden-Regierung hatte eine Umweltprüfung von Alaska LNG durchgeführt. Sie kam zu dem Schluss, dass das Projekt wirtschaftliche und internationale Sicherheitsvorteile habe und die Projektgegner nicht explizit nachgewiesen hätten, dass die geplanten Exporte nicht im „öffentlichen Interesse“ lägen.
Die führende Umweltanwaltskanzlei Earthjustice betonte, dass diese Begründung den Weg für Klagen freimachen würden, mit denen Klienten der Kanzlei nun anstreben, das Projekt gerichtlich zu stoppen. Die Biden-Regierung versuche, mehr US-LNG-Exporte zu genehmigen, da sie sich im Wettbewerb mit Russland sehe, traditionell einem der größten Energie-Exportländer der Welt. Eine Erweiterung der LNG-Terminals in der geplanten Region der Kenai-Halbinsel würde die derzeitigen amerikanischen Lieferkapazitäten von Erdgas verdoppeln.
Politische Entscheidungen – gegen den Klimaschutz
Beide Projekte haben nach Aussage der US-Regierung das Ziel, die USA wirtschaftlich zu stärken. Ebenso werde damit auch die Sicherheitsstruktur der Welt in Bezug auf die Lieferketten für fossile Energieträger positiv beeinflusst. Russland steht nach der Ukraine-Invasion unter dem Druck westlicher Sanktionen, die nach amerikanischen Meinungen auch noch Jahre andauern.
In meinem Teil 3 zur möglichen Reduktion von Treibhausgasemissionen habe ich die Klimabeschlüsse der USA beleuchtet. Mit den beiden Entscheidungen einer verstärkten Öl- und Gasförderung ist die US-Politik zur Eindämmung der Erderwärmung zumindest als sehr fraglich anzusehen. Auf der einen Seite erklärt man hohe Ziele zur Reduzierung von Treibhausgasen im eigenen Land, fördert aber andererseits die ungebremste Verwendung fossiler Primärenergie durch Steigerung der Exporte von Öl und Gas nach Europa und Asien.
Klimafragen sind globale Fragen! Wasser trinken und Wein exportieren, um die Metapher etwas abgewandelt zu formulieren, beantwortet die Fragen nicht und trägt somit nicht zu ihrer Lösung bei.