Reduzierung der Treibhausgasemissionen, Teil 2: China
Die zukünftige Energiepolitik Chinas wird darüber entscheiden, wann und wie sich die Welt einer Klimaneutralität annähert, wann also die globalen CO₂-Emissionen durch natürliche oder künstliche Methoden (z.B. Carbon Capturing and Storage - CCS) ausgeglichen werden.
China ist der weltweit größte Emittent von schädlichen Treibhausgasen. Dieses Bild ist allerdings dahingehend zu revidieren, in dem das Land durch die Globalisierung zur Werkbank der Welt wurde und dadurch große Teile des CO₂-Fußabdrucks der westlichen Hemisphäre übernahm.
Aus der unter dem Link hinterlegten Grafik kann man die Aufteilung der weltweiten, historischen Treibhausgasemissionen zwischen 1751 und 2022 sehen. China liegt mit historischen 12,7 % an dritter Stelle nach den USA und den EU-28, nähert sich aber rapide dem zweiten Platz. Die aktuellen CO₂-Emissionen des Landes liegen mit 12.705 Mt. an CO₂-Äquivalente etwa viermal so hoch als die der gesamten EU-28 und mehr als doppelt so hoch als die Emissionen der USA.
Chinas Weg zur Klimaneutralität
Der China Country Climate and Development Report (CCDR) der Weltbank listet zahlreiche Bewertungen auf und analysiert die Bemühungen des Landes für einen qualitativ hochwertigen Wohlstandsstandard der Bevölkerung bei gleichzeitigen Streben nach Emissionsreduzierung und Klimaresilienz. China ist sich darüber bewusst, dass Klimarisiken zu einem wachsenden Hindernis für langfristiges Wachstum und Wohlstand sind. Die politischen Pläne des Landes gleichen einem großen Spagat: das Land will wachsen und gleichzeitig seine Wirtschaft ökologischer und regenerativer gestalten.
China hat sich viel vorgenommen. Das Land will das Pro-Kopf-Einkommen verdoppeln und bis 2035 ein Land mit gleichmäßig ausgewogenem Einkommen werden. Gleichzeitig erkennt China die langfristige Bedrohung der Klimaveränderungen für sich selbst, aber auch für die Weltwirtschaft an und ist bereit, sehr ehrgeizige Verpflichtungen zur Reduzierung der heutigen CO2-Emissionen durch die Festsetzung eigener Emissionskorridoren bis 2030 einzugehen. Eine CO2-Neutralität strebt China bis 2060 an, was nach den IPCC-Forderungen aber sehr deutlich zu spät ist.
Hier ist eine noch deutlichere Dynamik notwendig, die sich vermutlich von allein ergeben wird. China ist durch seine extrem dichte Besiedlung an den küstennahen Gebieten sowie seine sehr unterschiedlichen topografischen und klimatischen Gegebenheiten sehr stark von den Auswirkungen der zunehmenden Erderwärmung betroffen. Die chinesische Regierung ist sich diesen Tatsachen sehr bewusst, muss aber gleichzeig ein Land mit mehr als 1,3 Milliarden Bevölkerung sehr behutsam an die Veränderungen heranführen.
Politische Stabilität ist in einem Land wie China eine Grundvoraussetzung zur Vermeidung von inneren Unruhen. Insofern ist die geplante innere Wohlstandsentwicklung eine absolute Notwendigkeit. Gleichzeitig erfolgt eine neo-imperialistische Ausrichtung mit hohem Nationalstolz nach innen, aber auch verbunden mit der Forderung, die Welt nach chinesischen Kriterien zu verändern.
Regenerative Energien sind auch in China die Zukunft
Immer wieder wird China dafür angeprangert, dass man zur Schaffung der eigenen Energiesicherheit auch auf eine Fortsetzung fossiler und nuklearer Energie setzt. Dies ist unbestreitbar richtig, gibt aber nur die halbe Wahrheit wieder. Auch in China wird das Erreichen des Netto-Null-Ziels Veränderungen an der Art und Weise, wie Menschen leben, arbeiten und sich fortbewegen mit sich bringen. So soll der Anteil von elektrisch betriebenen Fahrzeugen bis 2030 auf 40% steigen.
Beim Ausbau regenerativer Energien war im Jahr 2022 China weltweit führend. 20% aller Solarpaneele, die letztes Jahr ans Netz gingen, wurde auf einem chinesischen Dach installiert. So gingen beachtliche 51 Gigawatt (GW) Leistung mit unzähligen Kleinanlagen ans Netz. Mit denen lässt sich in China in etwa so viel elektrischer Strom gewinnen, wie in fünf bis sieben großen Atomkraftwerken oder in etwa zehn modernen Kohlekraftwerken.
China als Vorreiter in der Windkraft
Allein diese neuen chinesischen Dachanlagen können mehr als doppelt so viel Leistung ans Netz bringen, wie der gesamte Solarausbau des Jahres 2022 in den USA, die im vergangenen Jahr mit 20,5 GW die Nummer Zwei bei der Installation neuer Solaranlagen waren. Außerdem wäre da noch der Ausbau von solaren Großanlagen, der 2022 noch einmal eine Gesamtleistung von über 40 GW zusätzlich ans Netz brachte.
Auch beim Thema Windkraft hat China seit dem Jahr 2020/2021 eine in der Welt unerreichte Dynamik entwickelt. So hat das Land in den letzten beiden Jahren mehr Windkraftanlagen installiert, als in den sieben davor liegenden Jahren und damit im Jahr 2022 46 % mehr Windenergie erzeugt als alle Windkraftanlagen Europas, dem weltweit nach China zweitgrößten Gebiet von Windenergieerzeugung. Zusammen mit Wasserkraft und Photovoltaik stieg der Anteil regenerativer Energie an der Stromproduktion auf 34,2 %.
Wie der europäische Think Tank Ember berichtete, geht das Land einen unvergleichlichen Pfad höchster Geschwindigkeit bei der Umstellung seiner Energieerzeugung. Durch die enormen Investitionen Chinas in regenerative Energien wurde der Anteil von Kohlestrom am Energiemix von 78 % im Jahr 2000 um 18 % auf 64 % gesenkt. Diese „regenerative Revolution” ist deutlich schneller als die anderen asiatischen Staaten, in denen der Kohlstromanteil entweder anstieg (Indonesien und Vietnam) oder bestenfalls stagnierte (Japan).
In seiner Analyse zeigt Ember, wie China in Beibehaltung der aktuellen Geschwindigkeit bei der Energiewende bis 2040 auf 100 % regenerativer Stromerzeugung kommt, den Kohlestrom damit bis 2040 komplett ersetzt und so bei den Emissionen aus Stromproduktion bis 2040 klimaneutral würde.
Der Weg ist noch weit!
Auch China sieht sich noch als Schwellenland und damit im Spagat zwischen einer notwendigen Erhöhung des Wohlstands der Bevölkerung und der Einhaltung der Klimaziele mit einem Beitrag reduzierter C02-Emissionen des Landes. Ob China dieser Spagat gelingt, entscheidet über die insgesamte Erreichung der Klimaziele in der Welt. Eine weitere politische Isolierung Chinas wäre ein falsches Signal.