Rätselhaftes System Kepler-51: Neben drei Zuckerwatte-Planeten vierter Himmelskörper entdeckt
Astronomen haben im exotischen Planetensystem Kepler-51 einen vierten Himmelskörper entdeckt. Das einzigartige System mit extrem leichten Zuckerwatte-Planeten stellt Wissenschaftler weiterhin vor Rätsel und bringt überraschende neue Erkenntnisse über die Vielfalt von Exoplaneten.
Das Planetensystem Kepler-51 fasziniert Astronomen seit Jahren: Neben den drei bekannten Zuckerwatte-Planeten, die sich durch ihre extrem niedrigen Dichte auszeichnen, haben Forscher nun Hinweise auf einen vierten Planeten entdeckt. Die Entdeckung basiert auf einer Analyse der Gravitationswirkung des unbekannten Objekts auf die Umlaufbahnen der anderen Planeten.
Ein Wissenschaftlerteam der Pennsylvania State University und der Osaka University hatte geplant, den dritten Planeten des Systems, Kepler-51d, mit dem James-Webb-Weltraumteleskop (JWST) zu beobachten. Doch die Beobachtungen verliefen nicht wie erwartet: Der Transit des Planeten, also sein Vorüberziehen vor dem Stern, fand zwei Stunden früher statt als vorhergesagt. Die deutliche Abweichung ließ die Forscher vermuten, dass ein weiterer Planet die Gravitationsverhältnisse im System beeinflusst.
Planeten wie Zuckerwatte
Die bisher bekannten Planeten von Kepler-51 haben besondere Eigenschaften: Sie sind etwa so groß wie Saturn, besitzen jedoch nur ein Vielfaches der Erdmasse. Ihre Dichte ist so gering, dass sie oft mit Zuckerwatte verglichen werden. „Wir glauben, dass sie winzige Kerne und riesige Atmosphären aus Wasserstoff oder Helium haben“, erklärt Jessica Libby-Roberts, Postdoktorandin am Center for Exoplanets and Habitable Worlds an der Pennsylvania State University, Mitautorin des Artikels und eine der leitenden Forscherinnen. „Aber wie diese seltsamen Planeten entstanden sind und wie ihre Atmosphären nicht von der intensiven Strahlung ihres jungen Sterns weggeblasen wurden, ist nach wie vor ein Rätsel.“
Wenn Planeten vor ihrem Stern vorbeiziehen, blockieren sie einen Teil des Lichts und verursachen einen messbaren Helligkeitsabfall. Die sogenannten Transits geben Aufschluss über die Größe und Bahn der Planeten. Doch Abweichungen von den vorhergesagten Transitzeiten, sogenannte Transit-Zeitvariationen, können auf die Anwesenheit weiterer Himmelskörper hinweisen. Ebenjene Methode führte zur Entdeckung von Kepler-51e.
Herausforderungen bei der Beobachtung
Das Drei-Planeten-Modell des Kepler-51-Systems war bislang sehr präzise. Doch bei den Beobachtungen von Kepler-51d im Juni 2023 zeigte sich die Schwäche des Modells: Die frühere Transitzeit konnte nur durch die Berücksichtigung eines vierten Planeten erklärt werden. Die Forscher überprüften daraufhin zahlreiche Daten aus verschiedenen Quellen, um ihre Theorie zu stützen, darunter das Kepler-Weltraumteleskop, TESS und das Hubble-Weltraumteleskop.
Die Analyse ergab, dass der neue Planet Kepler-51e wahrscheinlich eine kreisförmige Umlaufbahn mit einer Umlaufzeit von etwa 264 Tagen besitzt. Seine Masse ist vermutlich vergleichbar mit jener der anderen drei Planeten. Ob er ebenfalls ein Zuckerwatte-Planet ist, bleibt unklar, da bisher kein Transit von Kepler-51e beobachtet wurde.
Die Forscher erklären, dass die Entdeckung einerseits neue Erkenntnisse über das System Kepler-51 liefert und andererseits auch die allgemeine Erforschung von Exoplaneten bereichert. Zuckerwatte-Planeten sind extrem selten, und ihre Existenz in einem Mehrfach-Planetensystem wirft Fragen über ihre Entstehung und Entwicklung auf. „Wenn es nicht schon schwierig genug war, zu erklären, wie drei Zuckerwatte-Planeten in einem System entstanden sind, müssen wir jetzt bei einem vierten Planeten klären, ob es sich um einen Zuckerwatte-Planeten handelt oder nicht. Und wir können auch weitere Planeten in dem System nicht ausschließen“, so Libby-Roberts.
Zukünftige Untersuchungen
Das Team plant weitere Beobachtungen, um die Wirkung von Kepler-51e auf die inneren Planeten zu untersuchen. Kepler-51e könnte sich knapp innerhalb der habitablen Zone seines Sterns befinden. „Die weitere Untersuchung von Variationen der Transitzeiten könnte uns dabei helfen, Planeten zu entdecken, die weiter von ihren Sternen entfernt sind, und könnte uns bei der Suche nach Planeten helfen, die möglicherweise Leben unterstützen könnten“, erklärt Libby-Roberts. Auch die Atmosphären der inneren Planeten sollen genauer untersucht werden, um das Rätsel der Zuckerwatte-Planeten zu lösen.
Die Forschung zu Kepler-51 wurde von einem internationalen Team durchgeführt, das Daten von bodengestützten und Weltraumteleskopen auswertete. Unterstützt wurde die Arbeit durch Zuschüsse der NASA sowie die Rechenkapazität der Penn State University. Die Ergebnisse sind ein bedeutender Fortschritt in der Astronomie und verdeutlichen, wie neue Technologien wie das JWST unser Verständnis des Universums revolutionieren.
Mit der Entdeckung des neuen Planeten bleibt das System Kepler-51 ein Forschungsobjekt, das Wissenschaftler weltweit vor neue Herausforderungen stellt.
Quellenhinweis:
Masuda, K., Libby-Roberts, J. E., Livingston, J. H., Stevenson, K. B., Gao, P., Vissapragada, S., Fu, G., Han, T., Greklek-McKeon, M., Mahadevan, S. (2024): A Fourth Planet in the Kepler-51 System Revealed by Transit Timing Variations, The Astronomical Journal, 168, 6, 294. https://doi.org/10.3847/1538-3881/ad83d3