Neue Studie in Nature – Proteinfaltungen geben Hinweise auf die Evolution des Lebens

Wissenschaftler haben einen bahnbrechenden Ansatz entwickelt, der uns hilft, die tiefsten Geheimnisse der Evolution zu entschlüsseln – durch die Analyse der 3D-Struktur von Proteinen.

DNA-Sequenzen, Sättigung, Protein
DNA-Sequenzen haben dasProblem der Sättigung.

Eine neue Studie, die in Nature Communications veröffentlicht wurde, eröffnet eine spannende Perspektive auf die Evolution des Lebens. Forscher haben gezeigt, dass die dreidimensionale Struktur von Proteinen wertvolle Hinweise auf die tiefsten und ältesten evolutionären Beziehungen im „Baum des Lebens“ geben kann.

Diese Methode kombiniert erstmals strukturelle Daten von Proteinen mit genomischen Sequenzen und verbessert damit die Genauigkeit phylogenetischer Bäume.

Neue Perspektiven auf die Evolution

Diese Bäume sind für die wissenschaftliche Gemeinschaft von entscheidender Bedeutung, da sie helfen, die Geschichte des Lebens zu rekonstruieren, die Verbreitung von Krankheitserregern zu überwachen und neue Behandlungsmöglichkeiten zu entwickeln.

Das Problem der Sättigung

Traditionell basieren phylogenetische Bäume auf dem Vergleich von DNA- oder Proteinsequenzen. Allerdings gibt es ein erhebliches Problem: die sogenannte „Sättigung“.

Über lange Zeiträume hinweg ändern sich genomische Sequenzen so stark, dass die ursprünglichen Merkmale der gemeinsamen Vorfahren verschwinden und die verwandtschaftlichen Beziehungen zunehmend schwer nachvollziehbar werden. „Die Sättigung stellt das Hauptproblem bei der Rekonstruktion alter evolutionärer Beziehungen dar“, erklärt Dr. Cedric Notredame, Hauptautor der Studie.

Lösung durch Proteinstrukturen

Die Forscher fanden eine Lösung, indem sie nicht nur die Sequenzen, sondern auch die dreidimensionale Struktur von Proteinen einbezogen. Diese Strukturen sind über die Evolution hinweg besser konserviert als die Aminosäuresequenzen selbst.

Proteine falten sich in komplexe, stabilere Formen, die eine lange Zeitspanne überdauern und somit ihre ursprünglichen Merkmale bewahren.

Das Team nutzte die Messung der Abstände zwischen Aminosäuren, bekannt als intra-molekulare Distanzen (IMDs), um die strukturellen Veränderungen von Proteinen über die Zeit hinweg zu quantifizieren.

Vorteile der strukturbasierten Methode

Die Ergebnisse der Studie sind beeindruckend: Die phylogenetischen Bäume, die auf strukturellen Daten basieren, wiesen eine viel höhere Stabilität auf und waren weniger von der Sättigung betroffen als jene, die auf DNA-Sequenzen beruhen.

Dr. Leila Mansouri, Mitautorin der Studie, sagt:

Es ist, als ob man zwei Zeugen hätte, die dasselbe Ereignis aus unterschiedlichen Perspektiven beschreiben. Beide liefern wertvolle Details, aber gemeinsam ergeben sie ein vollständigeres und genaueres Bild.

Praktische Anwendungen: Kinasen im Genom

Ein praktisches Beispiel für die Bedeutung dieser neuen Methodik ist die Analyse der Kinasen im menschlichen Genom. Kinasen sind entscheidend für viele biologische Prozesse und auch für die Krebsforschung von Bedeutung.

Der kombinierte Ansatz der strukturellen und sequenziellen Analyse könnte helfen, genauere evolutionäre Bäume dieser Proteinfamilie zu erstellen und so die Entwicklung neuer therapeutischer Strategien zu unterstützen.

Weitreichende Anwendungen für die Zukunft

Der revolutionäre Ansatz hat weitreichende Anwendungen, von der Verbesserung von Krankheitsmodellen über die Entdeckung neuer Enzyme bis hin zur Erforschung der biologischen Auswirkungen des Klimawandels.

Quellen

Baltzis, A., Santus, L., Langer, B.E. et al. multistrap: boosting phylogenetic analyses with structural information. Nat Commun 16, 293 (2025).

Notredame, C., et al. (2025). Protein shapes can help untangle life’s ancient history. Centre for Genomic Regulation.