Libysches Wüstenglas: Rätsel um Herkunft gelöst – Einschlüsse deuten auf Meteoriteneinschlag
Seit jeher rätselt die Wissenschaft über die Herkunft des Libyschen Wüstenglases (Libyan Desert Glass, LDG). Nun wurde das Rätsel gelöst.
Das Libysche Wüstenglas (Libyan Desert Glass, LDG) ist ein seltenes Gestein, das zuerst in der Libyschen Wüste entdeckt wurde. Sein Vorkommen erstreckt auf circa 6500 Quadratkilometer im südwestlichen Teil des Großen Sandmeers, im Westen Ägyptens, nahe der libyschen Grenze.
1933 wurde das Quarzgestein erstmals wissenschaftlich dokumentiert. Seitdem wird angeregt über die Herkunft des gelben Glases spekuliert. Die Erklärungsansätze reichen von Mondvulkanen über Blitzeinschläge, sedimentäre oder hydrothermale Prozesse bin hin zu Meteoriteneinschlägen. Stücke des LDG wurden auch im Grab des ägyptischen Pharaos Tutanchamun gefunden, was die Diskussionen zusätzlich anheizte.
Von Tektiten und Impaktgläsern
Aufgrund der hohen Temperaturen schmilzt bei einem Meteoriteneinschlag (Impact) der Boden an der Einschlagstelle. Durch die Schmelze entsteht das sogenannte Meteoritenglas. Dieses Glas wird entweder beim Einschlag weit weggeschleudert – manchmal einige hundert Kilometer weit –, dann spricht man von Tektiten. Oder das geschmolzene Material bleibt an Ort und Stelle liegen, dann spricht man von Impaktglas. Beide Arten, Tektite und Impaktgläser, bilden zusammen die Gruppe der Impaktite.
Zur Entstehung des Libyschen Wüstenglases kursieren derzeit zwei Theorien. Die erste Theorie nimmt an, dass ein Meteorit in der Luft explodiert ist (Air Burst) und allein durch die Schockwelle eine Schmelze ausgelöst hat. Das wohl bekannteste Beispiel für einen sogenannten Meteor Air Burst ist das Tunguska Ereignis 1908. Auch beim Meteoriten von Tscheljabinsk im Jahr 2013 handelt es sich um einen Meteoriten, der in der Luft verglüht ist.
Die zweite Theorie geht davon aus, dass sich das Glas durch Schmelzen bei einem direkten Einschlag (Impact) auf der Erde gebildet hat. Für ein Hochtemperaturereignis wie dieses existieren bezüglich des LDG zahlreiche und überzeugende mineralogische und texturelle Beweise. Für den hohen Druck einer Schockwelle hingegen gibt es nur sehr wenige Belege.
Neue Beweise für Impact-Theorie
In der aktuellen Studie von Elizaveta Kovaleva et al. – Libyan Desert Glass: New evidence for an extremely high-pressure-temperature impact event from nanostructural study (Neue Beweise für ein extremes Hochdruck-Temperatur-Einschlagsereignis anhand von Nanostrukturuntersuchungen) – wurde die Nanostruktur des LDG mittels Transmissionselektronenmikroskopie (TEM) untersucht. Dabei wurden Beweise für die Entstehung sowohl unter hohem Druck als auch bei hohen Temperaturen gefunden.
Die Glasproben aus der Region Al-Dschauf im Südosten Libyens wiesen mineralische Einschlüsse auf, darunter kubisches, tetragonales und orthorhombisches Zirkoniumdioxid (ZrO₂). Weitere Einschlüsse, beispielsweise von amorphem Siliziumdioxid, deuten ebenfalls auf Zersetzung von Phosphaten hin, die mit dem Siliziumoxid verschmolzen. Die geschätzte Temperatur der LDG-Schmelzen liegt bei über 2750°C.
Insgesamt lassen die Einschlüsse auf hohe Temperaturen und hohen Druck schließen, was die Theorie von einem Meteoriteneinschlag stützt. Zwar wird durch die neue Studie der Ursprung des Libyschen Wüstenglases durch einen Meteoriteneinschlag aufgedeckt. Doch eröffnen sich gleichzeitig neue Fragen, beispielsweise die nach einem möglichen Einschlagskrater.