Der Kohleausstieg kann nur mit stärkerer Politik gelingen - und China!

Die derzeitige Klimapolitik wird nicht zu einem globalen Kohleausstieg führen, wie eine neue Studie zeigt. Länder, die aus der Kohleverstromung aussteigen wollen, müssen ihre politische Strategie erweitern, da sie sonst Gefahr laufen, das überschüssige Kohleangebot in andere Industriezweige im eigenen Land, wie die Stahlproduktion, zu verlagern.

Die Wissenschaftler kommen zu dem Schluss, dass China die Chance hat, den Markt für erneuerbare Energietechnologien zu dominieren, wenn es sofort mit dem Ausstieg aus der Kohle beginnt. Andernfalls könnte es den weltweiten Durchbruch der erneuerbaren Energien auf gefährliche Weise verzögern.

"Es ist wirklich ein entscheidender Moment", sagt Stephen Bi vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) und der Universität Potsdam, Hauptautor der Studie, die in Nature Climate Change veröffentlicht wird. "Unsere Computersimulation der Klimaökonomie und -politik zeigt, dass die derzeitige Politik dazu führt, dass die Welt mit weniger als 5 Prozent Wahrscheinlichkeit bis Mitte des Jahrhunderts aus der Kohle aussteigt. Die Chancen, bis 2050 Netto-Null-Emissionen zu erreichen und die katastrophalen Klimarisiken zu begrenzen, wären damit minimal.

Kohlenstoffpreise und der Ausstieg aus dem Kohlebergbau wären wirksame Maßnahmen

Bei der Untersuchung der Powering Past Coal Alliance, die auf dem Weltklimagipfel COP23 im Jahr 2017 ins Leben gerufen wurde, wollten die Wissenschaftler herausfinden, ob die Bemühungen dieser Länder um einen Kohleausstieg es anderen Ländern leichter oder schwerer machen würden, diesem Beispiel zu folgen. Das heißt, die Koalition könnte wachsen, wenn die Mitgliedsstaaten daran arbeiten, ihre Stromsektoren zu modernisieren, aber sie könnte auch zu einem Wiederanstieg der Kohlenutzung weltweit führen. Der letztgenannte Effekt, der oft als "Leckage" bezeichnet wird, kann durch Markteffekte entstehen: Wenn die Nachfrage an einigen Orten sinkt, steigen auch die Preise, was wiederum die Nachfrage anderswo erhöhen kann.

Interessanterweise zeigen die Computersimulationen der Wissenschaftler, dass der besorgniserregendste Verlagerungseffekt in diesem Fall eher innerhalb des Bündnisses selbst als auf den internationalen Kohlemärkten entstehen könnte. Obwohl die Powering Past Coal Alliance voraussichtlich wachsen wird, ist ihre Zusage auf den Stromsektor beschränkt. Das bedeutet, dass Länder, die der Allianz beitreten, ihren Kohleverbrauch in der Stahl-, Zement- und Chemieproduktion erhöhen können, was das Potenzial dieser Initiative stark einschränkt.

Innovative erste Computersimulation der Politikgestaltung in der realen Welt

Diese Erkenntnisse sind wesentlich robuster als die meisten früheren Analysen, da die Wissenschaftler erstmals einen datengesteuerten Ansatz zur Simulation realer politischer Entscheidungen, die sogenannte dynamische Politikbewertung, verwendeten. "Die wissenschaftliche Analyse künftiger Emissionen ist mit einem hohen Maß an Unsicherheiten behaftet, nicht zuletzt im Hinblick auf die Politik.

G20 leitet den Ausstieg aus der Kohle ein

Wir konnten feststellen, dass Kohleausstiegsverpflichtungen häufig von bestimmten innerstaatlichen Vorbedingungen abhängen, was es uns ermöglichte, einen Teil der Ungewissheit über ihre Emissionsauswirkungen zu beseitigen. Unser neuer Ansatz ist somit der erste, der die Annahme politischer Maßnahmen in zukünftigen Szenarien kohärent simuliert, was auch mit den historischen Belegen übereinstimmt", sagt Mitautorin Jessica Jewell von der Chalmers University of Technology.

"Die G20 hat den Ausstieg aus der internationalen öffentlichen Finanzierung von Kohleprojekten eingeleitet. Wir prüfen nun, wie viel politischen Schwung dies der Powering Past Coal Alliance verleihen kann", sagt PIK-Direktor Ottmar Edenhofer. "Die Dinge sehen also etwas vielversprechender aus, aber wir müssen neben den positiven auch die negativen Rückkopplungen berücksichtigen, um eine ausgewogene Bewertung der Politikdiffusion in unserer multipolaren Welt vornehmen zu können. Klar ist, dass die Regierungen ein viel größeres Maß an Verantwortung übernehmen müssen.