Klimawandel und Urbanisierung: Untersuchung von Hitzewellen am Beispiel der drei Megacitys Delhi, London und Tokio

Forscher sind sich einig, dass Städte ein eigenes Klima haben, wie sich jedoch Hitzewellen auf Städte auswirken, ist weitestgehend unerforscht. Japanische Wissenschaftler haben darum nun untersucht, wie sich der Klimawandel und die zunehmende Urbanisierung auf das Stadtklima auswirken. Am Beispiel dreier Megastädte zeigen sie, wie sich die Temperaturen in Zukunft entwickeln werden.

Tokio
Welche Prognose gibt es für Hitzewellen in Städten? Bild: Jaison Lin/Unsplash

Im Jahr 2022 gab es weltweit intensive Hitzewellen mit Temperaturen über 40 °C und vielerorts Hitzerekorden. Die Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit, die Infrastruktur und die Wirtschaft waren enorm. Dabei waren städtische Gebiete oft stärker von Hitzewellen betroffen als ländliche Gebiete. Doch woran liegt das?

Die Auswirkungen der Verstädterung (Urbanisierung) werden als Urbanisierungseffekt bezeichnet. Dazu gehören veränderte Niederschlagsmuster durch Aerosole, schlechtere Luftqualität durch Abgase, geänderte Windmuster durch Gebäude, Änderungen bei Versickerung und Wasserverfügbarkeit, ein höherer Energieverbrauch durch Kühlung und Heizung, sowie der Effekt der Städtischen Wärmeinsel (Urban Heat Island, UHI), nach dem sich Wärme besonders gut in der Bebauung speichert.

Man geht davon aus, dass Hitzewellen mit fortschreitendem Klimawandel in Zukunft häufiger auftreten könnten. Prognosen existieren zwar auf globaler und regionaler Ebene sowie für einzelne Städte. Dennoch besteht ein Mangel an Studien, die viele Städte weltweit mit unterschiedlichem Hintergrund abdecken.

Städtische Wärmeinsel
Das Prinzip der städtischen Wärmeinsel. Bild: Wikimedia Commons

Japanische Forscher des Tokyo Institute of Technology haben nun ein Prognosemodell für Hitzewellen erstellt. Am Beispiel der drei Megastädte Delhi, London und Tokio projizierte das Forscherteam um Studienleiter Manabu Kanda die Wetterdaten von Hitzewellen in die Zukunft der 2050er Jahre und werteten die verschiedenen Klimafaktoren aus. „Wir haben herausgefunden, dass ähnliche Hitzewellen in Zukunft im Durchschnitt 0,8 bis 1,5 °C heißer sein könnten als in der Vergangenheit“, heißt es in der Studie.

Die Forscher verwendeten für ihre Untersuchung die Wetterdaten der Hitzewellen von 2022 sowie verschiedene Vorhersagemodelle, etwa die globalen Klimasimulationen CMIP5 und CMIP6 sowie ein Prognosemodell, das räumlich urbane und anthropogene Faktoren berücksichtigt.

Die Simulationen wurden für Tokio (24.06.2022–02.07.2022), Delhi (06.04.2022–11.04.2022) und London (17.07.2022–19.07.2022) durchgeführt, wobei die ersten Simulationstage für das Modell verwendet und in der Folge ausgeschlossen wurden. Dabei wurde jede Stadt mit zwei Bereichen simuliert, jeweils 10 km und 2 km Auflösung, wobei beide Bereiche konzentrisch waren.

Wie sieht das Stadtklima in der Zukunft aus?

Den Simulationen zufolge kann während einer Hitzewelle der durchschnittliche räumliche Mittelwert der täglichen Höchsttemperatur in Delhi 42 °C, in London 36 °C und in Tokio 35 °C erreichen.

Wir haben herausgefunden, dass ähnliche Hitzewellen in Zukunft im Durchschnitt 0,8 bis 1,5 °C heißer sein könnten als in der Vergangenheit.

Erstaunlich war auch, dass die Urbanisierung, also die anthropogene Wärmeänderung, auf Hitzewellen stärkere Auswirkungen in der Nacht als am Tag hat. In Delhi wurden die Nachttemperaturen durch die Urbanisierung durchschnittlich um 0,21 °C erhöht. Andererseits konnte der sinkende Energieverbrauch aufgrund des Bevölkerungsrückgangs die durchschnittlichen Nachttemperaturen in London um 0,05 °C und in Tokio um 0,12 °C senken.

Tag- und Nachttemperaturen
Tag- und Nachttemperaturen. Bild: Khanh et al. 2024, S. 4

„Der Urbanisierungseffekt weist eine große räumliche Varianz auf“, so Hauptautor Do Ngoc Khanh. „Die absolute Größe an bestimmten Orten in den Städten kann 0,50 °C erreichen.“ Dabei variiert der Urbanisierungseffekt zwischen verschiedenen Hintergrundklimata, was auf eine komplexe Wechselwirkung zwischen dem Hintergrundklima und der anthropogenen Wärme hinweist.

Kritisch bewerten die Forscher, dass sie nur Durchschnittswerte für die anthropogenen Faktoren verwendet haben. Bei einer Hitzewelle könnte die anthropogene Wärme aufgrund der intensiven Nutzung von Klimaanlagen jedoch viel größer sein. Für Verallgemeinerungen schließlich sollten langfristige und ideale Simulationen durchgeführt werden.

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Quelle:

Khanh, D. N., Varquez, A. C., & Kanda, M. (2024). Multi-Megacity Investigation of Heat Wave Events Under Various Climate Change And Urbanization Scenarios. Journal of JSCE, 12(2), 23-16120. https://doi.org/10.2208/journalofjsce.23-16120