Klimawandel: Die drei Stufen der Klimaanpassung – darum sind transformative Lösungen unvermeidlich

Gesellschaften müssen sich an den Klimawandel anpassen. Klimaforscher der Universität Hamburg zeigen nun an neun Weltregionen, darunter Nepal, Namibia, Hamburg und die Malediven, wie weit wir damit sind – und was noch geschehen muss.

Anpassung an den Klimawandel
Die Anpassung an den Klimawandel ist genauso wichtig wie die Reduktion der CO2-Emissionen, so die Studie „Hamburg Climate Futures Outlook 2024“. Bild: CLICCS/Universität Hamburg

Weltweit sind Gesellschaften durch den Klimawandel gezwungen, sich an veränderte Umweltbedingungen anzupassen. Wie genau diese Anpassung erfolgen soll, ist jedoch noch nicht geklärt.

Ein aktueller Bericht des Exzellenzclusters für Klimaforschung CLICCS der Universität Hamburg kommt nun zu einem klaren Ergebnis: Nur eine nachhaltige Anpassung wird langfristig erfolgreich sein. Der Hamburg Climate Futures Outlook 2024, an dem 73 Autorinnen und Autoren mitgewirkt haben, gibt konkrete Empfehlungen, wie Anpassung gelingen kann.

„Eine erfolgreiche Anpassung an die Folgen des Klimawandels ist ähnlich schwierig und herausfordernd wie die Abkehr von allen Emissionen“, erklärt Prof. Dr. Anita Engels, Professorin für Soziologie und Mitautorin der Studie. „Keine der beiden Aufgaben darf vernachlässigt werden.“ Die Anpassung ist demnach nicht nur Nebensache, sondern ebenso dringlich wie die Reduktion der CO2-Emissionen.

Drei Stufen der Anpassung

Die CLICCS-Studie teilt Anpassungsmaßnahmen in drei Kategorien ein: Erstens die Krisenbewältigung (coping), bei der akute Krisen, etwa bei Überschwemmungen, durch entsprechende Maßnahmen bewältigt werden. Diese Art der Anpassung ist oft kurzfristig und zielt nicht auf nachhaltige Lösungen ab.

Zweitens gibt es schrittweise Anpassungen (incremental), die auf die Prävention zukünftiger Risiken abzielen. Diese Maßnahmen sind vorausschauend, reichen aber oft nicht aus, um tiefgreifende und langfristige Veränderungen zu bewirken.

Die dritte und anspruchsvollste Stufe ist die grundlegende Anpassung (transformative). Hier geht es um eine komplette Neuausrichtung von Strukturen, die im Einklang mit den Zielen der Nachhaltigkeit stehen und von der lokalen Bevölkerung aktiv mitgestaltet werden.

Bewertung der Anpassung
Bewertung der Anpassung an den Klimawandel, Städte (grau), ländliche Regionen (grün) und Küstengebiete (blau) sind in die Kategorien Krisenbewältigung (coping), schrittweise Anpassung (incremental) und grundlegende Anpassung (transformative) unterteilt. Bild: CLICCS/Universität Hamburg

Die Studie untersuchte anhand von neun Fallbeispielen aus verschiedenen Weltregionen wie Nepal, Namibia, Hamburg und den Malediven, welche Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandels bereits ergriffen wurden. Dabei zeigte sich, dass derzeit keines der untersuchten Beispiele eine wirklich nachhaltige Strategie zur Klimaanpassung verfolgt. Einige Regionen wie Hamburg, Nordfriesland und Ho Chi Minh-Stadt weisen jedoch erste Ansätze der tiefgreifenden, sogenannten transformativen Anpassung auf.

Eine transformative Anpassung erfordert grundlegende Veränderungen in den bestehenden Strukturen und Prozessen. Sie geht weit über kurzfristige Maßnahmen hinaus und zielt darauf ab, Risiken langfristig zu verringern, indem lokale Gemeinschaften aktiv in den Prozess eingebunden werden.

„Nachhaltigkeit ist nicht nur ein nettes Extra“, erklärt Prof. Dr. Beate Ratter, Professorin für Geografie in CLICCS und ebenfalls Autorin der Studie. „Wo Anpassung nicht durchdacht wird, können Nebenwirkungen die Erfolge zunichtemachen.“ Ein typisches Beispiel dafür, wie gut gemeinte Lösungen langfristig Probleme verursachen, sei eine Aufforstung mit Monokulturen, die anfällig für Schädlingsbefall sind.

Darum werden die Klimaziele noch nicht erreicht

Ergebnisse von Klimasimulationen untermauern, dass die Auswirkungen des Klimawandels schon heute massive Folgen für Ökosysteme und Wirtschaft haben.

„In Zukunft können extreme Wetterereignisse auch in Kombination und gebündelt auftreten“, sagt Prof. Dr. Jochem Marotzke, Klimaforscher am Max-Planck-Institut für Meteorologie und Autor der Studie. „Das birgt höhere Risiken und kann verheerende Folgen haben. Darauf müssen wir uns umgehend vorbereiten.“

Simulationen
Dreißig Simulationen für den historischen Zeitraum (1850–2014) mit fünf Zukunftsszenarien (SSP1-1.9, SSP1-2.6, SSP2-4.5, SSP3-7.0 und SSP5-8.5). Bild: CLICCS/Universität Hamburg

Gleichzeitig müssen CO2-Emissionen rapide gesenkt werden, auch wenn die Fortschritte auf globaler Ebene bislang unzureichend sind. Besonders drei zentrale Faktoren verhindern, dass die Ziele des Pariser Klimaabkommens erreicht werden: die Strategien großer Unternehmen, das Konsumverhalten und der mangelnde Rückzug von Investoren aus fossilen Energieträgern.

„Es wird wieder massiv in Öl, Gas und Kohle investiert. Die Wette auf den Finanzmärkten müsste aber entgegengesetzt laufen. Die Menschen müssten überzeugt sein, dass sich Investitionen in fossile Energien auf lange Sicht einfach nicht mehr rentieren“, sagt Anita Engels.

Die Erkenntnis der Studie: Eine erfolgreiche Anpassung an den Klimawandel ist möglich, doch sie erfordert tiefgreifende Veränderungen – in Politik, Wirtschaft und den Gesellschaften selbst. Nachhaltigkeit und Transformation sind dabei die Schlüssel zum Erfolg.

---

Quelle:

Engels, A., Marotzke, J., Ratter, B., Gonçalves Gresse, E., López-Rivera, A., Pagnone, A., Wilkens, J. (Hrsg.) (2024): Hamburg Climate Futures Outlook 2024. Conditions for Sustainable Climate Change Adaptation. Cluster of Excellence Climate, Climatic Change, and Society (CLICCS). https://doi.org/10.14361/9783839470817