Klimawandel: Müssen wir auch in Deutschland mit Hurrikans rechnen?

Bisher ist die Hurrikansaison trotz einem rekordwarmen Atlantik vergleichsweise ruhig. Fakt aber ist, dass die Meere immer wärmer werden und es auch schon in Europa Hurrikans gab. Ist es also zukünftig möglich, dass wir auch in Deutschland mit Hurrikans rechnen müssen?

Hurrikan
Können Hurrikans künftig auch Deutschland und Europa erreichen?

Die Frage taucht immer wieder mal auf: Kann ein Hurrikan vom tropischen Atlantik, von den USA oder aus der Karibik her auch Deutschland erreichen? Gerade vor dem Hintergrund des fortschreitenden Klimawandels stellt sich die Frage, in welchen Regionen Europas man in Zukunft mit Hurrikans bzw. mit Stürmen ähnlicher Ausprägung rechnen muss.

Unterschied Hurrikan versus atlantischem Sturmtief

Ein Hurrikan ist ein tropischer Wirbelsturm, dessen mittlere Windgeschwindigkeit mehr als 118 Kilometer pro Stunde betragen muss, damit dieser tropische Sturm als Hurrikan eingestuft wird. Im Zentrum eines Hurrikan ist es dabei wärmer als in seiner Umgebung. Dies unterscheidet ihn von unseren heimischen atlantischen Sturmtiefs, bei denen die wärmste Luft an der Süd- bzw. Südostflanke des Tiefs zu finden ist.

Hurrikans haben einen Durchmesser von mehreren 100 Kilometern und ihre typischen Merkmale sind ein kreisrundes und wolkenfreies Auge im Zentrum. In diesem windschwachen Kerngebiet sinken die Luftmassen ab und führen zu einer Erwärmung, bei der sich die Wolken auflösen und so das markante Auge entstehen lassen.

Bei einem Hurrikan weht das Sturmfeld fast gleichmäßig um das Zentrum herum, während es bei einem atlantischen Sturmtief starke Unterschiede im Windfeld gibt. Ein Sturmtief in unseren Breiten gilt dabei schon ab Stärke 8 auf der Beaufort-Skala, was 62 Kilometern pro Stunde entspricht.

Bei einem Hurrikan darf in der Höhe kein extrem starker Wind wehen, wie das beim Jetstream der Fall ist. Dies würde die Bildung des Auges verhindern. Günstige Bedingungen für Hurrikans bestehen bei einer ausreichend warmen Meeresoberfläche (>26°C) oder aber einem ausreichend großen Temperaturunterschied zwischen der Wasserfläche und höheren Luftschichten. Dafür darf das ganze System aber keine weiteren Störungen erfahren, sprich nur eine geringe Windscherung, dafür aber eine möglichst große Wasserfläche.

Diese Bedingungen müssten also erfüllt sein, damit Hurrikans auch in Deutschland und Europa auftreten könnten. Bei einer weiteren Erwärmung der Meere im Sommer könnte sich zumindest der Zeitraum für passende Bedingungen ausweiten.

In vielen Fällen drehen sich Hurrikans aus der Karibik und der Ostküste der USA nach Norden ein und können vom Jetstream getrieben Richtung Europa ziehen. Dabei verlieren sie aber in der Regel schnell ihre tropischen Eigenschaften, unter anderem, weil das Meerwasser deutlich kälter wird. Sie wandeln sich von einem tropischen Sturm in ein "normales" uns bekanntes Sturmtief um, so wie wir es aus unseren Breiten kennen. Wir spüren dann in Deutschland nur noch die Auswirkungen eines "Ex-Hurrikan", der aber seine tropischen Eigenschaften verloren hat.

Fakt ist aber auch, dass es einige Beispiele gibt, wo es Hurrikans bis nach Europa geschafft haben. Im Jahr 1966 schaffte es der Hurrikan FAITH mit immer noch tropischen Eigenschaften bis nördlich von Schottland. Im Oktober 2005 bildete sich zwischen den Azoren und den Kanarischen Inseln der Hurrikan VINCE, der den Süden Spaniens und damit das europäische Festland erreichte.

Festland nimmt die Energie

Dies sind aber Extrembeispiele! Viele Regionen scheiden per se für die Hurrikanbildung aus: Beispielsweise wäre die Ostsee zu klein und deren Küstenform zu unregelmäßig für die Bildung von Hurrikans, selbst wenn alle anderen Faktoren passen würden. Zudem mögen Hurrikans kein Festland, denn sobald ein solcher Sturm über Land zieht, verliert er seine Kraft, da ihm dann die Energie aus dem warmen Meerwasser fehlt. Für das zentrale europäische Festland und damit auch für Deutschland mit seinen Störfaktoren wie Gebirge und die unregelmäßigen Küstenformen ist die Entstehung eines Hurrikans auch in einem wärmeren Klima nahezu ausgeschlossen.

Anders sieht es in anderen Regionen Europas aus. Über dem Mittelmeer (Medicane), dem Schwarzen Meer, dem Seengebiet südwestlich von Portugal und den Küsten Westeuropas ist die Bildung von tropischen Stürmen oder Hurrikans heute schon möglich und dort könnten diese infolge der fortschreitenden Klimaerwärmung auch häufiger und heftiger auftreten. Im Mittelmeer und im Schwarzen Meer ist aber das Meer nicht groß genug und die Küstenformen sind zu unregelmäßig, als dass sich derart mächtig ausgeprägte Hurrikans wie an der amerikanischen Ostküste oder im Golf von Mexiko entwickeln könnten.