Klimaveränderungen: Es geht um mehr als nur um die Treibhausgasemissionen. Was steckt noch dahinter?

Neben den oft zitierten CO2-, Methan- oder anderen schädlichichen Treibhausgasmissionen müssen weitere Elemente der Klimaforschung Beachtung in der Gesellschaft finden. Zwei davon stelle ich in diesem Artikel vor: den Albedo-Effekt und das „Cleaner Air Paradoxon“.

Vielschichtige Forschung im Kampf gegen den Klimawandel

Der überwiegende Teil bei der journalistischen Berichterstattung zum Klimawandel beschäftigt sich mit den Treibhausgasemissionen. Weitgehend unbeachtet bleiben die Auswirkungen einer sinkenden Albedo beziehungsweise einer, glücklicherweise immer sauber werdenden Atmosphäre. Was hinter diesen Begriffen steht, erkläre ich in diesem Artikel.

Die abnehmenden Albedo-Werte

Das Wort Albedo leitet sich vom lateinischen Wort „albus“ für „weiß“ ab. Mit Albedo im Zusammenhang mit der Klimawissenschaft bzw. der Meteorologie wird das Reflexionsvermögen der Erdoberfläche beschrieben.

Definiert wird mit Albedo-Werten bzw. der Albedo-Skala der prozentuale Anteil an diffus reflektierter Strahlung beim Auftreffen auf eine nicht selbst leuchtende und nicht spiegelnde Fläche.

Die Albedo ist abhängig von der Art und Beschaffenheit der bestrahlten Fläche sowie vom Spektralbereich der eintreffenden Strahlung. Gemessen wird die Albedo mit einem Albedometer.

Die Albedo-Werteskala reicht von 0 bis 100%. Eine komplett schwarze Oberfläche absorbiert die eingehende Strahlung zu 100%, und zwar unabhängig vom Spektralbereich. Damit hat sie eine Albedo von 0%. Je höher also die Strahlungsabsorption, desto niedriger ist folglich der Albedo-Wert.

Umgekehrt werden bei Neuschnee, Eis oder Gletscherflächen bis zu 95% der Strahlung reflektiert. Entsprechend hoch sind die Albedo-Werte, da diese Fläche die eintretende Sonnenstrahlung bestens reflektieren, also „zurückwerfen“. Dies sorgt für einen insgesamten Abkühleffekt der Oberflächentemperatur auf der Erde

Das tiefe Wasser unserer Meere bei hochstehender Sonne hat eine Albedo von 10-12%. Siedlungen, Ackerflächen und Wälder haben eine Albedo von 10-15% und bringen damit sehr wenig Minderung bei der Reflexion der Sonnenstrahlung.

Positiv für das „Filtern“ bzw. das Zurückwerfen der Sonnenstrahlen sind Wolken. Sie weisen eine Albedo von 60-90% auf.

Die planetare Albedo als Ausgangswert

Mit der planetaren Albedo wir das gesamte Reflexionsvermögen der Erde beschrieben. Es schließt die Bewölkung und die Atmosphäre mit ein. Nach aktuellen Satellitenmessungen liegt die globale Albedo im Jahresmittel bei ca. 30%.

Modifizierend wirkt sich der Einfallswinkel der eingehenden Strahlung, die atmosphärische Trübung und der atmosphärische Wasserdampfgehalt auf die Albedo aus.

Durch das Abschmelzen von Gletschern, der Arktis und der Antarktis gehen kühlende Flächen mit hoher Albedo verloren. Sie werden durch dunkles Meerwasser mit niedriger Albedo ersetzt. Helle, kühlende Flächen verschwinden durch die Umwandlung in Meerwasser oder (bei der Gletscherschmelze) durch Landflächen (meistens durch Felsen). Die Folge: es wird weniger der Sonnenstrahlung zurückgeworfen. Die Kühlung fällt aus. Es wird wärmer - um nicht zu sagen heißer.

Veränderungen, genauer gesagt Absenkungen der planetaren Albedo_Werte tragen folglich zusätzlich zum Treibhauseffekt bei, bei dem die immer dichter werdende Atmosphäre zu der kontinuierlichen Erhöhung der globalen Mitteltemperatur führt.

Das „Cleaner-Air-Paradoxon“: saubere Luft fördert Hitzephänomene

Forscher des Hamburger Max-Planck-Instituts für Meteorologie haben bei Temperaturvergleichen nach Vulkaneruptionen ein Paradoxon entdeckt, bzw. bestätigt, das sich hoch über unseren Köpfen abspielt: den „Cleaner-Air-Effekt“. Das Team der Hamburger WissenschaftlerInnen stellte bei der Betrachtung von hochreichenden Ausbrüchen fest, dass schwefelhaltige Partikel in die Atmosphäre gelangten und in den betroffenen Regionen für eine Abkühlung sorgten, indem sie die Auswirkung der Sonneneinstrahlung abhielten.

Bereits am 20. Juli 2022 erschien bei SCIENCE ein Bericht, bei dem erwähnt wurde, dass sauberere Luft zur globalen Erwärmung beitrage. Seither haben verschiedene Forscherteams diesen Bericht bestätigt, unter anderem auch eine Gruppe von ForscherInnen, die in einer Publikation vom 31.Mai 2024 dieses Paradoxon unterstrichen.

Die Publikation des Max-Planck-Instituts zu diesem Thema erschien am 24.7.2024. Zu allen Publikationen finden Sie die Links am Ende dieses Artikels.

Diese unabhängig voneinander erstellten Veröffentlichungen lassen den Schluss zu, dass sauberer werdende Luft speziell in Gebieten mit hoher Luftverschmutzung zu besonders hohen Temperaturanstiegen führt.

Die für die menschliche Gesundheit so wichtige bessere Luftqualität ist auf einen starken Rückgang von Aerosolen zurückzuführen. Diese winzigen luftgetragenen Partikel, wie zum Beispiel Sulfate, die in den 2010er Jahren von chinesischen Fabriken und Kraftwerken ausgestoßen wurden, scheint unter anderem eine Reihe extremer Hitzewellen im Pazifik verstärkt zu haben.

Atmosphärische Aerosole sind eine Suspension aus festen oder flüssigen Partikeln in einem Gas. Die Partikel schweben in der Atmosphäre. Menschengemachte Quellen beinhalten Partikel aus der Verbrennung fossiler Brennstoffe wie Kohle, Öl und Gas, Emissionen aus der Industrie, Landwirtschaft und Emissionen des Straßenverkehrs. Sie können wie winzige Spiegel wirken, indem sie Sonnenlicht zurück in den Weltraum reflektieren und die Menge reduzieren, die die Erdoberfläche erreicht. Reduziert sich ihr Anteil, trägt dies zu einer Beschleunigung der Erwärmung bei.

Die an einer Studie zu diesem Thema beteiligten Forscher der Ocean University of China schätzen, dass bis zu 30 % des Temperaturanstiegs auf den „Cleaner-Air-Effekt“ zurückgeführt werden könnten. Die Wissenschaftler haben ihre Ergebnisse am 6. Mai in den Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) publiziert. Die Veröffentlichung verdeutlicht Phänomene, die zuvor nicht direkt miteinander in Verbindung gebracht wurden.

Treibhausgasemissionen: Ursache für den Klimawandel

Die Emissionen schädlicher Klimagase wie CO₂ oder Methan sind die Ursachen für die zunehmende Erderwärmung. Eine veränderte Albedo, also mehr dunkle und nicht reflektierende Flächen sind wie auch das „Cleaner-Air-Paradoxon“ lediglich deren Verstärker. Sie sind bei der Gesamtbetrachtung der Themen rund um die Klimaveränderungen aber wichtig und bedeutend.

Es muss der Weltstaatengemeinschaft endlich gelingen, gemeinsame und verbindliche Beschlüsse zu fassen, mit denen die Treibhausgasemissionen deutlich reduziert werden, der Hauptursache der Klimaveränderungen.

Quellenhinweise:

Veröffentlichung des Max-Planck-Instituts für Meteorologie:

https://mpimet.mpg.de/kommunikation/detailansicht-news/wie-eine-vulkanische-wasserdampfwolke-ihren-eigenen-transport-durch-die-stratosphaere-beeinflusst

Science-Bericht von 2022 zum Cleaner-Air-Paradoxon:

https://www.science.org/content/article/paradox-cleaner-air-now-adding-global-warming

Bericht in Nature.com zum Thema:

https://www.nature.com/articles/s43247-024-01442-3