Kaltlufttropfen - Unsichtbar und merkbar am Boden zugleich!
Ein sogenannter Kaltlufttropfen bestimmt das Wetter in dieser Woche in Deutschland. Doch was hat es mit so einem Höhentief auf sich? Das erfahrt Ihr in diesem Artikel.
Wenig verwunderlich spielt sich Meteorologie nicht nur am Boden ab. Jeder kennt die Bodendruckkarten auf denen Hochs, Tiefs und Fronten eingezeichnet sind. Allerdings gibt Wettererscheinungen, da sind diese Bodendruckkarten allein wenig aufschlussreich, können sogar einen täuschenden Eindruck vermitteln. Das gilt auch für einfache Barometer, die man sich gerne in seine Wohnung stellt. Die Barometeranzeige steht auf Sonne, aber der Blick nach draußen sagt etwas anderes: Wolken und Regen.
Die Devise der Barometeranzeige ist sehr einfach: hoher Luftdruck ist gleichbedeutend mit wolkenlosen und sonnigen Bedingungen. Prinzipiell ist das auch nicht falsch. Hoher Luftdruck ist mit Absinkprozessen verbunden, was wiederum gleichbedeutend mit auflösender Bewölkung ist. Das Gerät ist auch nicht defekt. Die Antwort auf die Fehleinschätzung liegt dann nicht selten in einem sogenannten Kaltlufttropfen. Ein Gebilde in der Höhe, welches sich im Bodendruckfeld kaum bis gar nicht bemerkbar macht.
Von Trögen und Rücken
Auch wenn die Atmosphäre dreidimensional ist, findet man vielerlei Informationen in den zweidimensionalen Höhen- oder Druckschichten der Atmosphäre heraus. So kann man viel mehr Information über das großskalige Wettergeschehen in einer Höhe von ungefähr 5,5km (500hPa) erfahren als im Bodendruckfeld. Nun verwendet man in dieser Höhe nicht den dortigen Luftdruck, sondern die geopotentielle Höhe. Diese Vertikalkoordinate eliminiert die Abhängigkeit von der Schwerebeschleunigung, die abhängig von der geographischen Breite ist und filtert gleichzeitig die nötigen Unterschiede in Luftdruck und geopotentieller Höhe. Gleichzeitig birgt diese Vertikalkoordinate eine Aussage über die Lageenergie einer Luftmasse. Geometrisch liegt z.B. die 500hPa Fläche einer warmen Luftmasse höher als die einer kalten Luftmasse.
Ein sogenannter Höhentrog ist ein Gebilde tieferen Luftdrucks in höheren Troposphärenschichten. Dieser ist mit Kaltluft angefüllt und drückt aufgrund ihres Gewichtes die darunter liegenden Luftschichten zusammen. Die Druckflächen sinken in der Höhe ab und es entsteht eine Zone tiefen Luftdrucks. In den Höhenkarten (500 hPa also 5,5 km Höhe) sind die Isohypsen (Linien gleicher geopotentieller Höhe) zyklonal (Nordhalbkugel: gegen den Uhrzeigersinn) gekrümmt. Analog dazu gibt es den Höhenrücken. Dort sind die Isohypsen antizyklonal gekrümmt. Man kann sehr schnell sehen wo Warmluftadvektion (Trogvorderseite) und wo Kaltluftadvektion (Trogrückseite) stattfindet. Daher spielen Tröge und Rücken eine wichtige Rolle beim Luftmassenaustausch zwischen den höheren und niederen geographischen Breiten. Aber auch lokales Wettergeschehen lässt sich sehr schnell einschätzen.
Cutoff- bzw. Abschnürprozess
Sowohl Trog als auch Rücken bilden Wellen, also eine mäandrierende Höhenströmung. Diese Wellen können stationär sein, aber auch instationär. Bei letzterem kann es zu einer Amplitudenvergrößerung kommen und schließlich zu einer Instabilität, bei der die Höhenkaltluft abgetrennt wird bzw. abgeschnürt wird. Daher wird dieser Prozess oft auch Cuttoff-Prozess genannt oder Abschnürprozess. Es entsteht in der Höhe ein Kaltlufttropfen. Diese Analogie ist gar nicht so verkehrt, da in der 500hPa Karte der Prozess aussieht wie ein Tropfen, der sich von einer Regenrinne abschnürt.
Die Kaltlufttropfen bilden sich häufig an den Randbereichen eines Bodentiefs und ziehen langsam mit der Bodenströmung. In Zugrichtung findet man vorderseitig des Kaltlufttropfens Kaltluftadvektion, auf der Rückseite Warmluftadvektion, haben aber keine klassischen Frontensysteme. Sie erschweren meistens die Vorhersage, da die Verlagerung nicht immer eindeutig über einen längeren Zeitraum vorhergesagt werden kann.
Diese kalten Höhentiefs können durchaus sehr wetterwirksam sein, obwohl am Boden der Luftdruck sonniges Wetter vermuten lassen würde. Besonders im Sommer kann die sehr niedrige Kerntemperatur zu Labilität der atmosphärischen Schichtung und damit zu einer Schwergewitterlagen mit hohen Regensummen führen. Die Heinrichsflut von 1965 gilt als ein klassisches Beispiel dafür.