Graue Haare rückgängig machen: Kann die natürliche Haarfarbe wiederhergestellt werden?
Graue Haare gelten als sichtbares Zeichen des Alterns. Sowohl die Gene als auch Stress bestimmen, wann man ergraut. Forscher haben nun untersucht, ob sich der Prozess umkehren lässt.
Wissenschaftler sind sich einig, dass sowohl genetische als auch umweltbedingte Faktoren wie Stress das Haar ergrauen lassen. Viele fragen sich dabei, ob sich der Alterungsprozess hinauszögern oder sogar umkehren lässt.
Wissenschaftler unter der Leitung von Martin Picard vom Robert N. Butler Columbia Aging Center in New York hatten Probanden untersucht, deren Haare an den Spitzen dunkel, aber in der Mitte grau waren. Während stressfreier Phasen wie einem Urlaub wurde in Einzelfällen eine Repigmentierung der Haare festgestellt. Dennoch fanden die Experten heraus, dass solche Effekte nur kurzfristig anhalten und selten sind. „Die Zeit vergeht in eine Richtung, und Haare verlieren ihre Farbe aus einem Grund, der nicht umkehrbar zu sein scheint“, erklärte Picard auf Anfrage von Live Science.
Umweltfaktoren wie oxidativer Stress, etwa durch Rauchen oder Umweltverschmutzung, spielen beim Ergrauen offenbar eine wesentlich größere Rolle als einzelne stressige Ereignisse.
Oxidativer Stress und seine Auswirkungen
„Es ist durchaus möglich, dass Stress zu grauen Haaren führt“, sagt auch die Haarexpertin der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG), Prof. Dr. med. Natalie Garcia Bartels, gegenüber dem Deutschen Ärzteblatt. „Hormonelle Faktoren, unter anderem Stresshormone wie Cortisol oder Noradrenalin, wirken auf die vielfältigen Signalwege in den Haarfollikeln und damit auch auf die Haar-Melanozyten.“
„Über verschiedene Signalwege entstehende freie Sauerstoffradikale behindern oder stoppen die Melanogenese“, so die Berliner Dermatologin. Hauptsächlich führen also freie Sauerstoffradikale zum Ergrauen, die neben Stress auch durch Medikamente, Nährstoffmangel (Proteine, Vitamine, Eisen), Alkohol- und Nikotinkonsum sowie durch einige Autoimmunkrankheiten wie Mukoviszidose, Hyper- und Hypothyreose und Zöliakie entstehen. „Ein frühzeitiges Ergrauen der Haare ist also kein rein kosmetisches Problem, sondern kann auch auf Krankheiten, Mangelzustände oder einen ungesunden Lebensstil, etwa mit zu viel Stress, hindeuten“, erläutert Garcia Bartels.
Neue Forschungsansätze
Obwohl das Ergrauens endgültig erscheint, geben innovative Behandlungen Hoffnung. Lange ging man davon aus, dass die Melanozyten mit dem Alter absterben. Jüngste Studien deuten jedoch darauf hin, dass sich Melanozyten lediglich an der Haarwurzel ansammeln könnten, anstatt Pigmente entlang des Haars zu liefern.
Wenn diese Zellen reaktiviert werden könnten, wäre es theoretisch denkbar, die Haarfarbe wiederherzustellen, erklärt Dr. Antonella Tosti, Professorin für Dermatologie und Hautchirurgie an der Universität von Miami in Florida, gegenüber Live Science. Derzeit fehlt es jedoch an Verfahren, um dies umzusetzen. Ebenso wird erforscht, ob eine Behandlung gegen oxidativen Stress, etwa durch topische Antioxidantien, die Repigmentierung unterstützen könnte.
Eine antioxidantienreiche Ernährung könnte laut Tosti zudem präventiv dazu beitragen, Zellschäden zu reduzieren. Ob dies direkt grauen Haaren entgegenwirken kann, ist jedoch noch unklar. Besonders bei Menschen, die genetisch frühzeitig ergrauen, scheint die Genetik eine dominierende Rolle zu spielen.
Doch selbst wenn sich die Haarfarbe teilweise regeneriert, lässt sich doch aus ergrautem Haar nicht für immer die Farbe zurückholen. „Die Veränderung ist nur so lange reversibel, solange die Stammzell-Melanozyten vorhanden sind. Wenn diese abgestorben sind, kann das Haar nicht mehr pigmentieren“, erklärt Garcia Bartels. Das Ergrauen bleibt damit ein unvermeidlicher Teil des Alterns.