Geoengineering: eine Maßnahme gegen die Erderwärmung? (Teil 2)

Im ersten Teil meiner Betrachtung zum Geoengineering habe ich die Option von Eingriffen der Sonneneinstrahlung betrachtet. Im zweiten Teil geht es nun um die Speicherung von Kohlenstoff durch gezielte Entnahme bzw. Umwandlung von Kohlendioxid (CO2).

Geoengineering
Die Optionen technologischer Lösungen

In einem Faktenblatt hat der Weltklimarat (IPCC) einige der aus heutiger Sicht bestehenden natürlichen und künstlichen Möglichkeiten der CO2-Beseitigung bzw. der Kohlenstoffspeicherung aufgelistet.

Die Wissenschaft ist sich weitgehend darin einig, dass die natürlichen Kompensatoren nicht die Konzentration des Treibhausgases CO2 entscheidend reduzieren werden. Mittlerweile gehen Klimaforscher und Meteorologen davon aus, dass die Weltgemeinschaft weder gewillt noch insgesamt in der Lage ist, die mit dem Klimawandel verbundenen Risiken komplett anzuerkennen und diesen entgegenzutreten. Ständig aufgeschobene und am Ende nur wachsweiche Beschlüsse werden weder quantitativ noch zeitlich zur notwendigen und exponentiellen Reduzierung der Treibhausgasemissionen führen.

Daher steht das Thema Geoengineering mitten im Fokus der politischen Debatten. Nachdem es im ersten Teil um eine mögliche Beeinflussung der Sonneneinstrahlung ging, geht es im zweiten Teil um

Die Beseitigung von atmospährischem CO2 und die Kohlenstoffspeicherung

Dies umfasst Technologien, die darauf abzielen, dem atmosphärischen Kohlenstoffkreislauf Kohlendioxid (CO2) zu entziehen. Auch die Speicherung spielt bei diesen Verfahren eine Rolle. Das Verfahren wird als Carbon Dioxide Removal oder CDR bezeichnet. In den markierten Links werden die Verfahren detailliert beschrieben.

Marine Kohlenstoffspeicher als Option zur Dekarbonisierung

In der internationalen Forschungsmission CDRmare (CDR: Carbondioxide Removal – CO2 Entnahme) wird untersucht, ob und in welchem Umfang der Ozean eine wesentliche Rolle bei der Entnahme und Speicherung von CO2 aus der Atmosphäre spielen kann. Dabei werden auch die Wechselbeziehungen mit und die Auswirkungen auf die Meeresumwelt, das Erdsystem und die gesellschaftliche Akzeptanz betrachtet. Die Forschungsteams suchen geeignete Ansätze für die Überwachung, Attribution und Bilanzierung der marinen Kohlenstoffspeicherung in einer sich verändernden Umwelt.

Die Forschungsmission zu marinen Kohlenstoffsenken setzt sich aus diversen Verbünden zusammen, in denen verschiedene Methoden der marinen CO2-Entnahme und Speicherung, wie zum Beispiel die Alkalinisierung, das Blue Carbon-Verfahren oder CCS hinsichtlich ihres Potenzials und ihrer Chancen und Risiken untersucht werden.

Pyrogene Kohlenstoffabscheidung und – speicherung (PyCCS)

Dieses Verfahren tangiert künstliche und natürliche CO2-Speicherung. Pflanzen entziehen der Luft CO2 und spalten es mittels Photosynthese in Sauerstoff O2 und Kohlenstoff C. So entsteht ihre Biomasse. Durch Pyrolyse (Verkohlung) wird das CO2 in den Pflanzen gebunden. Verkohlung ist ein jahrhundertealtes Prinzip, das sowohl in Südamerika in Tropengebieten zur Herstellung von „Terra preta“ als auch in unseren Breiten zur Produktion von Holzkohle verwendet wird.

Organisches Material wie Holz, Pflanzenreste und Abfällen aus der Lebensmittelproduktion werden bei hohen Temperaturen ohne Sauerstoff thermisch behandelt. Dadurch verkohlt die Biomasse. Der Kohlenstoff bleibt darin gebunden – anders als bei Verbrennung oder Verrottung, wo er wieder freigesetzt wird. Der Prozess benötigt anfangs Energiezufuhr, hat aber auch einen Temperaturbereich, in dem Energie frei wird. Diese Überschusswärme größerer Anlagen kann in ein Fernwärmenetz eingespeist werden.

Je nach Rohstoff und Prozesssteuerung fallen Gase, Pyrolyseöl und ein festes Restprodukt wie Pflanzenkohle an. Diese Gase müssen aufgefangen werden, um umweltfreundlich zu sein, und können einer Nutzung als Biogas zugeführt werden.

Bioenergie mit CO2-Abscheidung und- Speicherung (BECCS)

BECCS (Bioenergy with Carbon Capture & Storage) zielt darauf ab, CO2 aus Bioenergie-Anwendungen abzufangen und es entweder durch CO2‑Abscheidung und -Lagerung (Carbon Capture and Storage oder CCS) zu speichern oder es mit CO2‑Abscheidung, ‑Nutzung und ‑Speicherung (Carbon Capture Use and Storage oder CCUS) wiederzuverwenden.

BECCS ist als negative Emissionstechnologie in den Mittelpunkt gerückt. Alle IPCC-Szenarien gehen davon aus, dass BECCS technisch und wirtschaftlich realisierbar und erfolgreich skalierbar sein könnte. So wären nach 2050 durchschnittlich 12 Gigatonnen Kohlenstoffabbau pro Jahr durch BECCS erforderlich, was einem Viertel der derzeitigen globalen Emissionen entspricht.

Direkte CO2-Rückholung und Speicherung aus der Umgebungsluft (DACCS)

DACCS steht für die technische Entnahme von CO2 (Direct Air Capture, kurz DAC) aus der Atmosphäre, dessen Transport von der Entnahmestelle zur Lagerstätte sowie die langfristige und die meist unterirdische CO2-Speicherung (Carbon Storage, zusammen also DACCS).

Welche Rolle DACCS künftig spielen kann, ist davon abhängig, wie sich die Verfahren technologisch weiterentwickeln, welche Kosten damit verbunden sind und inwieweit das Verfahren gesellschaftlich akzeptiert wird. Insbesondere hinsichtlich der CO2-Speicherung ist eine Akzeptanz nicht selbstverständlich. Aufgrund der geringen CO2-Konzentration in der Luft ist die Entnahme des CO2 mit einem sehr hohen Energieverbrauch verbunden. Daher sollten Standorte von Direct Air Capture-Anlagen so gewählt werden, dass emissionsarme Energiequellen genutzt werden könnten.

Für die Speicherung des CO2 werden aktuell insbesondere geologische Speicherstätten in Betracht gezogen. Hier bestehen insbesondere aus der Förderung fossiler Rohstoffe umfassende Erfahrungen und die notwendigen technologischen Voraussetzungen, etwa zum Prozess der Einspeisung, sind bekannt.

Langlebige Produkte – Carbon Capture and Usage (CCU)

Als „Carbon Capture and Utilization“ werden die Abscheidung, der Transport und die anschließende Nutzung von Kohlenstoffverbindungen, meist in Form von Kohlendioxid (CO2) oder Kohlenmonoxid (CO), bezeichnet, bei denen der Kohlenstoff mindestens einem weiteren Nutzungszyklus zugeführt wird. Je nach Herkunft und Nutzung des Kohlenstoffs erfordert dies die Kombination verschiedener Prozesse und Verfahrensschritte, die jeweils mit Energie- oder Ressourcenverbräuchen sowie Umweltwirkungen verbunden sind.

Der in CCU-Techniken genutzte Kohlenstoff kann in verschiedenen Formen und unterschiedlichen Ursprungs vorliegen. Oft wird unter CCU die Nutzung von gasförmigem CO2 verstanden. Dieses kann fossilen Ursprungs sein (aus fossilen Energieträgern oder Rohstoffen, z.B. aus Kalkstein).

Der Kohlenstoff kann nach Aufbereitung und eventuellem Transport direkt oder indirekt zur Bereitstellung kohlenstoffhaltiger Produkte genutzt werden. Eine direkte Nutzung von CO2 ist beispielsweise der Einsatz in Feuerlöschanlagen. Die indirekte, rohstoffliche Nutzung umfasst die Synthese von Grundchemikalien oder (Zwischen-)Produkten der chemischen Industrie und von Endenergieträgern, die im Verkehr, in der Industrie sowie der Wärmeversorgung genutzt werden können.

Fazit

Grundsätzlich gilt für alle Verfahren von künstlichen CDR-Technologien, dass die Konzentration des Treibhausgases CO2 in der Atmosphäre nur dann signifikant beeinflusst wird, wenn parallel dazu eine Reduzierung der Emissionen erfolgt.

Alle Geoengineering-Maßnahmen haben eines gemeinsam: Sie sollen die globale Erwärmung mit technologischen Lösungen aufhalten oder sogar rückgängig machen. Sicher ist aber auch, dass Geoengineering nicht an den Ursachen des anthropogenen Treibhauseffektes ansetzt, sondern nur die Auswirkungen beeinflussen und mindern soll.

Die Haltung zum Geoengineering hängt vom Mensch-Natur-Verhältnis und von dem Maß der individuellen Technikorientierung und -gläubigkeit ab. Für einen Teil der Gesellschaft ist der Versuch, dass der Mensch die globale Umwelt steuert, eher anmaßend. Stärker technikorientierte oder rein ökonomisch geprägte Menschen werden dagegen alle Vorschläge zum Geoengineering weniger skeptisch sehen.

Es ist unumgänglich, dass wir uns der Diskussion stellen, um wissenschaftlich begründet zu entscheiden, ob und inwieweit im Rahmen einer nachhaltigen Entwicklung solche Vorschläge tatsächlich geeignet sind, einen wirksamen Beitrag zur Eindämmung der Klimarisiken zu leisten.