Geoengineering: eine Maßnahme gegen die Erderwärmung? (Teil 1)
Geo-Engineering umfasst bewusste und zielgerichtete Eingriffe in das Klimasystem mit dem Ziel, die anthropogene Klimaveränderung abzumildern. Sind diese Ansätze geeignet, die Erderwärmung aufzuhalten?
Der Weltklimarat (IPCC) nennt verschiedene Optionen des Geoengineerings als mögliche technologische Maßnahmen. Alle zielen darauf ab, das Klimasystem zu stabilisieren und die zunehmende globale Erwärmung einzudämmen. Nach den enttäuschenden Ergebnissen der Weltklimakonferenzen (COPs) sehen viele Klimawissenschaftler der IPCC-Gremien das Geoengineering als "letzten Rettungsring" im Kampf der Menschheit gegen den Klimawandel.
Die technologischen Ideen sind zahlreich und vielfältig. Sie sind aber immer künstlich, basieren also auf menschengemachter Technologie. Die Wissenschaft traut den natürlichen Kompensatoren nicht die Wirkung zu, die notwendig wäre, die Erwärmung der Erde zu reduzieren. Sie traut auch der Weltgemeinschaft nicht zu, die damit verbundenen Risiken komplett zu erkennen und sich auf eine notwendige, exponenzielle Reduzierung der Treibhausgasemissionen zu fokussieren.
Option 1: Strahlungshaushalt der Sonne beeinflussen
Mit verschiedenen Alternastiven soll der Strahlung der Sonne reduziert werden. Im englischen finden sich zahlreiche Details unter dem Begriff Solar Radiation Management oder SRM. Mit verschiedenen Verfahrensansätzen soll die Nettoeinstrahlung kurzwelliger Sonnenstrahlen verringert werden, wodurch sich die Atmosphäre in Bodennähe abkühlt. Alle nachstehend genannten Optionen haben weitgehend noch nicht untersuchte Nebenwirkungen, und zwar sowohl auf das Klima selbst als auch auf die Ökosysteme und das menschliche Leben.
Bei stratosphärischen Aerosol Eingriffen (Stratospheric Aerosol Interventions oder SAI) würden reflektierende Aerosolpartikel direkt in die Stratosphäre „injiziert“. Alternativ denkt man daran, bestimmte Gasgemische auszusetzen, die sich wiederum zu reflektierenden Aerosolen konvertieren.
Beim Aufhellen maritimer Wolkenformationen (Marine Cloud Brightening oder MCB) würde Seesalz oder ähnliche Partikel direkt in maritime Wolkenformationen eingebracht werden, wodurch diese mehr Sonnenlicht reflektieren.
Bei Veränderungen des ozeanischen Albedo-Effekts (Oceanic Albedo Change oder OAC) würde der Albedo-Effekt der Meerwasseroberfläche verändert, in dem man Mikroschaumblasen oder reflektierende Schaumverbindungen auf der Ozeanoberfläche einbringt.
Das vierte Verfahren behandelt landbasierte Veränderungen des Albedo-Effekts (Ground-Based Albedo Modifications oder GBAM). Hier gäbe es mehrere Optionen, z.B. weiße Dächer, Veränderungen bei der Landwirtschaft durch Bio-Engineereing mit höher reflektierenden Pflanzenteilen bestimmter Nutzpflanzen, der Verstärkung des Albedo-Effekts von Wüsten oder dem Abdecken von Gletschern mit reflektierenden Materialen.
Alle diese Maßnahmen wirken nicht den Ursachen der Klimaerwärmung entgegen, da sie nicht die erhöhten Treibhausgaskonzentrationen vermindern. Die Breite der Maßnahmen zeigt, wie verzweifelt die Wissenschaft teilweise nach künstlichen Wegen aus dem Klimalabyrinth sucht.
Option 2: Kohlenstoffspeicherung
Die zweite Kategorie von Geoengineering umfasst Technologien, die darauf abzielen, dem atmosphärischen Kohlenstoffkreislauf Kohlendioxid (CO2) zu entziehen und dauerhaft zu speichern. Das Verfahren ist wissenschaftlich unter seinem englischen Namen Carbon Dioxide Removal oder CDR bekannt. Da die Verfahrensbeschreibungen zu CDR sehr umfangreich sind, habe ich die Zusammenfassung zum Thema Geoengineering geteilt. Im Teil 2 werde ich detaillierter auf die einzelnen Optionen von CDR eingehen.
Bei allen Verfahren von CDR-Technologien wird die Konzentration des Treibhausgases CO2 in der Atmosphäre nur dann beeinflusst, wenn parallel dazu ein signifikanter Rückgang von schädlichen Treibhausgasemissionen einhergeht. CDR wird bei der derzeitigen Entwicklung weiter ansteigender Treibshausgasmeissionen lediglich als bestenfalls stabilisierndes Element im Kampf gegen die ansteigende Erderwärmung angesehen.
Fazit
Alle Geoengineering-Maßnahmen haben eines gemeinsam: Sie gehen von der Möglichkeit aus, dass sich die globale Erwärmung mit technologischen Lösungen aufhalten oder sogar rückgängig machen lässt. Für Klimawissenschaftler ist durch die weitgehend bzw. absolut unerforschten Nebenwirkungen von Geoengineering dieser letzte Rettungsring nur sehr fiktiv. Geoengineering setzt nicht an den Ursachen des anthropogenen Treibhauseffektes an, sondern soll nur die Auswirkungen beeinflussen und mindern.
Dennoch gibt es in einigen Ländern, beispielsweise in den USA und Großbritannien, ernsthafte Bestrebungen, solche Ideen praktisch umzusetzen.
Die Haltung zum Geoengineering wird in Deutschland und der EU auch von den vorherrschenden tradierten Vorstellungen der Gesellschaft bestimmt. Sie hängt insbesondere vom Mensch-Natur-Verhältnis und von dem Maß der Technikorientierung und -gläubigkeit ab. Während Teile der Gesellschaft den Versuch, dass der Mensch die globale Umwelt steuert, eher als Anmaßung empfinden, diskutieren stärker technikorientierte Gesellschaften Vorschläge zum Geo-Engineering weniger skeptisch. In diesen Kreisen konzentriert sich die Debatte im Wesentlichen darauf, ob und wie die Konzepte sich technisch und ökonomisch umsetzen lassen.
Um zu entscheiden, inwieweit Geoengineering als wirksame Maßnahme gegen eine globale Erwärmung in Betracht gezogen werden sollte, müssen viele offene Fragen geklärt werden. Diese betreffen unter anderem die Wirksamkeit und den Entwicklungsstand der einzelnen Maßnahmen, die Risiken, die Abwägung von Kosten und Nutzen sowie die gesellschaftliche Akzeptanz einschließlich der rechtlichen Kontrolle.
Eine Auseinandersetzung mit diesen Fragen ist dringend erforderlich, um wissenschaftlich begründet zu entscheiden, ob und inwieweit im Rahmen einer nachhaltigen Entwicklung solche Vorschläge tatsächlich geeignet sind, einen wirksamen Beitrag im Klimaschutz zu leisten und ob insbesondere die Risiken der Maßnahmen zu verantworten sind.