Fortpflanzung im Zeichen der Klimaerwärmung!

Nun, wie war das noch einmal mit den Bienchen und Blümchen? Gut, Biologie war in der Schule nicht unbedingt so die Stärke des Verfassers dieser Zeile, aber er meint sich daran zu erinnern, dass in der Regel zur Fortpflanzung ein Weibchen und ein Männchen in irgendeiner Weise notwendig sind. Doch was, wenn es nur noch Nachfahren von einem Geschlecht gibt?

Meeresschildkroete
Bei den Meeresschildkröten werden bei wärmeren Temperaturen mehr Weibchen geboren, bei kühleren Temperaturen mher Männchen.


Doch der Reihe nach. Dass die anthropogene (also vom Menschen gemachte) Klimaerwärmung ein richtig großes Problem ist, steht außer Frage und wir müssen alle Anstrengungen unternehmen diese zumindest noch abzumildern. Denn man überblickt gar nicht, was ein wärmeres Klima in unserem komplex vernetzten Ökosystem für Folgen hat.

Eine dieser handelt vom Geschlecht der Nachkommen. Bei Menschen und Säugetieren ist es nach der Befruchtung direkt klar welches Geschlecht das Produkt des Nachkömmlings sein wird. Hier wird das Geschlecht durch die Geschlechtschromosomen bestimmt. Bei Krokodilen, Schildkröten, Schlangen und Eidechsen ist das jedoch anders. Nach der Eiablage brütet gronb gesagt die Sonne das Ei aus. Soweit, so gut. Das Spannende ist nun jedoch, dass die Temperatur, die während eines bestimmten Zeitraumes im Nest herrscht, über das Geschlecht der Jungtiere entscheidet.

Temperaturabhängige Geschlechtsdetermination (TGD)

Man nennt dies temperaturabhängige Geschlechtsdetermination (TGD) (engl. temperature-dependent sex determination, TSD). Dabei liegt die Phase deren Temperaturen über das Geschlecht nun entscheiden (die sogenannte thermosensitive Phase) ungefähr im mittleren Drittel der Entwicklung des Nachwuchses im Ei, wobei bei einigen Schildkrötenarten diese Phase zum Beispiel etwa 12 bis 15 Tage andauert. Das heißt: Das vorherrschende Temperaturniveau in dieser Zeit entscheidet darüber, ob der Nachwuchs männlich oder weiblich ist.

Jetzt gibt es im Zusammenhang mit der temperaturabhängigen Geschlechtsdetermination drei unterschiedliche Typen. Beim ersten Typ (Typ 1a) entwickeln sich bei warmen Temperaturen Weibchen, bei kühleren Temperaturen Männchen. Beim Typ 1b ist es genau anders herum. Also bei höheren Temperaturen schlüpfen später Männchen, bei niedrigeren Temperaturen Weibchen. Beim dritten Typ (Typ 2) erblicken Weibchen bei niedrigen und hohen Temperaturen das Licht der Welt, während bei mittleren Temperaturen Männchen den Startschuss ins Leben genießen können.

Alligator
Bei den Alligatoren entwickeln sich bei Temperaturen im Nest über 32°C mehr Männchen, bei Temperaturen unter 30°C dagegen mehr Weibchen. Was das im Zusammenhang mit der vom Menschen gemachten Klimaerwärmung bedeuten kann, sollte klar sein.

Zwar entscheidet meist die Bauart des Nestes (das beispielsweise bei Krokodilen aus gärenden (also damit Wärme produzierenden) Pflanzen gebaut wird) oder auch - bei Eiablage, vergraben in der Erde – die Tiefe der Eier eine Rolle, aber im Zusammenhang mit dem Klimawandel und den damit allgemein ansteigenden Temperaturen ergeben sich natürlich auch Konsequenzen.

Denn steigt die Temperatur, so sollten beispielswiese bei den Meeresschildkröten (die zum Typ 1a gehören) nun deutlich mehr Weibchen geboren werden. Bei Alligatoren (Typ 1b) entwickeln sich – wenn die Eier in der 2ten und 3ten Woche nach der Eiablage Temperaturen von mehr als 32 °C ausgesetzt sind vornehmlich Männchen, wenn die Temperaturen dagegen unter 30°C liegen vornehmlich Weibchen.

Jetzt ist es nicht schwer sich vorzustellen, was durch den menschengemachten Klimawandel erhöhte Temperaturen bewirken können. Bei Schildkröten werden nun signifikant mehr Weibchen geboren, bei den Alligatoren eben Männchen. Und wenn ein Geschlecht deutlich häufiger vorhanden ist, dann stellt sich nach dem erreichen der Geschlechtsreife die Frage nach dem passenden Partner um wieder neuen Nachwuchs zu zeugen. Prinzipiell kann dies in allerletzter Konsequenz eben den Untergang einer Art bedeuten.

Und das wäre wirklich schade, zumal – wenn ein Glied im vernetzten Ökosystem ausfällt – die anderen Glieder irgendwann auch Probleme bekommen.

Zwar gibt es durch den Klimawandel eh zahlreiche massive Probleme, aber auch die temperaturabhängigen Geschlechtsdetermination ist ein Aspekt, den man im Hinterkopf haben sollte. Nicht, dass man nachher sagt, dass haben wir ja nicht gewusst. In diesem Sinne noch zum Abschluss der moralische Zeigefinger: Schützen wir das Klima mit aller Kraft.