Forscher entschlüsseln das Geheimnis der Faltenbildung: Was Zellen verraten und warum es mehr als nur um Schönheit geht

Falten sind nicht nur ein Zeichen des Alterns. Forscher haben nun entdeckt, wie sie in menschlichem Gewebe entstehen und welche Mechanismen dahinterstecken – mit weitreichenden Erkenntnissen für Medizin, Kosmetik und regenerative Therapien.

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Wie kommen Falter überhaupt zustande? Das hat nun eine Studie untersucht.


Falten, die oft als äußerliches Merkmal des Alterns wahrgenommen werden, sind weitaus komplexer, als es auf den ersten Blick scheint. Tatsächlich spielen sie eine entscheidende Rolle in der Funktionsweise verschiedener Organe und Gewebe unseres Körpers, wie etwa des Gehirns, des Magens oder des Darms. Nun ist es einem Forschungsteam gelungen, die Entstehung von Falten in menschlichem Gewebe zu rekonstruieren und dabei aufschlussreiche Entdeckungen zu machen.

Wissenschaftler der POSTECH-Universität in Südkorea haben ein Modell entwickelt, das es ihnen ermöglicht, Faltenbildung im Labor zu simulieren. Dabei konnten sie einige der Mechanismen aufdecken, die hinter der Entstehung dieser Strukturen stecken. Ihre bahnbrechenden Ergebnisse, die im renommierten Fachjournal *Nature Communications* veröffentlicht wurden, liefern neue Einsichten in die Rolle von Falten in der Biologie und könnten in der Zukunft in Bereichen wie Anti-Aging oder sogar der regenerativen Medizin genutzt werden.

Faltenbildung ist überall im Körper wichtig

Während wir Falten in der Haut hauptsächlich mit dem Alterungsprozess in Verbindung bringen, sind sie auch in anderen Bereichen des Körpers von großer Bedeutung. In Organen wie dem Gehirn, Magen oder Darm erfüllen Falten wichtige Funktionen, indem sie die Struktur und Funktionalität des Gewebes beeinflussen. Sie helfen dabei, die Zellzustände zu regulieren und tragen zur Differenzierung von Zellen bei – ein Prozess, der essenziell für die physiologischen Abläufe im Körper ist.

Falten sorgen dafür, dass bestimmte Organe kompakter und funktionaler werden. Beispielsweise ermöglicht die Faltenstruktur im Gehirn eine größere Oberfläche, was wiederum mehr Raum für neuronale Verbindungen schafft. Auch im Magen und Darm sind Falten dafür verantwortlich, dass Nährstoffe besser aufgenommen werden können. Diese Erkenntnisse zeigen, dass die Bedeutung von Falten weit über kosmetische Überlegungen hinausgeht.

Von der Haut ins Labor: Die Entwicklung eines neuen Modells

Bisherige Untersuchungen zur Faltenbildung in biologischen Geweben wurden hauptsächlich an Tiermodellen wie Mäusen, Hühnern oder Fruchtfliegen durchgeführt. Das liegt daran, dass es extrem schwierig war, den Prozess der Faltenbildung in menschlichem Gewebe im Labor nachzustellen. Doch genau das hat das Team um Professor Dong Sung Kim nun geschafft: Sie entwickelten ein Modell, das aus menschlichen Epithelzellen und extrazellulärem Gewebe besteht und die Entstehung von Falten simuliert.

Dies ist das erste Mal, dass es gelungen ist, Faltenstrukturen im Labor so realitätsnah zu rekonstruieren, wie sie auch im Körper vorkommen.

Durch die Anwendung präziser Druckkräfte auf das Gewebe im Modell konnten die Forscher verschiedene Arten von Falten nachbilden – von tiefen Furchen, die durch starke Druckeinwirkung entstehen, bis hin zu kleineren, feineren Falten, die durch leichtere Kompression entstehen.

Mechanismen der Faltenbildung: Der Schlüssel liegt im Gewebe

Ein zentrales Ergebnis der Studie war die Entdeckung, dass die Struktur der extrazellulären Matrix (ECM), also des Gewebes, das die Zellen umgibt, eine entscheidende Rolle für die Entstehung von Falten spielt. Insbesondere die poröse Beschaffenheit der ECM und ihre Dehydrierung – also der Verlust von Wasser – haben großen Einfluss auf den Prozess. Die Forscher fanden heraus, dass Druckkräfte, die auf das Epithelgewebe ausgeübt werden, mechanische Instabilitäten in der darunterliegenden ECM verursachen und so Falten entstehen lassen.

Ein weiterer spannender Befund: Die Dehydrierung der ECM spielt eine Schlüsselrolle bei der Faltenbildung. Dieser Mechanismus ähnelt dem, was wir bei der Alterung der Haut beobachten, wo der Verlust von Feuchtigkeit in den tieferen Hautschichten zur Faltenbildung führt. Das Team konnte somit einen wichtigen Zusammenhang zwischen den biologischen Prozessen im Alterungsprozess und der Faltenbildung aufzeigen.

Blick in die Zukunft: neue Möglichkeiten für Forschung und Medizin

Diese Erkenntnisse könnten nicht nur für die Kosmetikindustrie von Bedeutung sein, sondern auch in der regenerativen Medizin Anwendung finden. Das Modell ermöglicht es, Faltenbildung auf zellulärer Ebene in Echtzeit zu beobachten – etwas, das mit bisherigen Tiermodellen kaum möglich war. Dadurch ergeben sich neue Möglichkeiten, die Mechanismen der Faltenbildung besser zu verstehen und gezielt zu beeinflussen.

Auch für die Embryologie oder biomedizinische Forschung könnte diese Arbeit weitreichende Folgen haben, da Faltenstrukturen in vielen biologischen Prozessen eine Rolle spielen. Beispielsweise könnte man durch dieses Modell besser verstehen, wie sich Gewebe während der embryonalen Entwicklung faltet und formt.

Mit dieser Forschungsarbeit haben die Wissenschaftler von POSTECH einen bedeutenden Schritt nach vorn gemacht. Sie haben ein tiefes Verständnis darüber erlangt, wie sich Falten in menschlichem Gewebe bilden – und das ganz ohne Tierversuche. Dies eröffnet neue Wege, um sowohl kosmetische Anwendungen zu entwickeln als auch potenziell den Alterungsprozess zu verlangsamen oder regenerative Therapien zu verbessern.

Quellenhinweis:

Tissue-scale in vitro epithelial wrinkling and wrinkle-to-fold transition