Experten zufolge wurde die Ausbreitung schrecklicher Epidemien im alten Rom durch klimatische Veränderungen begünstigt
Einer neuen Studie zufolge haben sich Pandemien im Römischen Reich zu Zeiten des Klimawandels ausgebreitet. Rasche Klimaveränderungen hätten die römische Gesellschaft belastet und die Ausbreitung solch schrecklicher Epidemien begünstigt.
Die Geschichte der Menschheit ist durchzogen von schrecklichen Epidemien, die eine große Zahl von Opfern forderten und die Bevölkerung buchstäblich dezimierten. Die Menschheit war noch nicht in der Lage, die enormen Fortschritte der Wissenschaft und der Medizin zu genießen, und die Entdeckung von Impfstoffen – die in den letzten Jahrhunderten enorm viele Leben gerettet haben – lag noch in weiter Ferne.
Zu den Pandemien der Vergangenheit gehört die Pest des Justinian im 6. Jahrhundert n. Chr., eine Seuche, die laut dem byzantinischen Geschichtsschreiber Procopius "fast die gesamte Menschheit auslöschte". Man schätzt, dass die Beulenpest im Mittelmeerraum mehrere zehn Millionen Menschen tötete und die Bevölkerung des Römischen Reiches halbierte. Andere Epidemien, die in späteren Jahrhunderten auftraten, z. B. die des 14. Jahrhunderts, dezimierten die europäische Bevölkerung noch stärker.
Pandemien im Römischen Reich und Klimawandel
Eine soeben in Science Advances veröffentlichte Studie bringt mehrere Pandemien, die im Römischen Reich zwischen 200 und 600 n. Chr. auftraten, mit dem damaligen Klimawandel in Verbindung. Die Wissenschaftler fanden heraus, dass Perioden kalten, trockenen Wetters auf der italienischen Halbinsel mit schweren Seuchen im Imperium zusammenfielen. Dies, so berichtet die Zeitschrift Scientific American, könnte darauf hindeuten, dass der Klimawandel Stress in der römischen Gesellschaft verursachte, indem er die Ausbreitung solcher Pandemien erleichterte.
Die Forscher rekonstruierten das Temperatur- und Niederschlagsmengen von etwa 200 v. Chr. bis 600 n. Chr. aus einem marinen Sedimentarchiv in Süditalien und dokumentierten Phasen der Instabilität und Abkühlung ab etwa 100 n. Chr., besonders aber nach etwa 130 n. Chr.
Die Bedeutsamkeit der Dynamik zwischen Umwelt und Krankheit in vergangenen Zivilisationen unterstreicht die Notwendigkeit, mit der die Gesundheit in die Risikobewertung des Klimawandels einzubeziehen ist, fügen die Forscher hinzu.
Klimaabkühlung war nicht die direkte Ursache für Pandemien
Der Mitautor der Studie, Kyle Harper, argumentiert in der Zeitschrift Le Scienze, dass Pandemien nicht direkt auf einen Temperaturrückgang, d. h. eine Abkühlung des Klimas in der damaligen Zeit, zurückzuführen waren, sondern möglicherweise das Ergebnis von Störungen (z. B. schwindende Nahrungsvorräte, Ausbreitung von Ratten, Moskitos und anderen Schädlingen), die diese Klimaveränderungen in der römischen Gesellschaft verursachten.
Die Abkühlung des Klimas hätte die Pandemien also nicht direkt verursacht, aber sie hätte destabilisierende Spannungen in den Ökosystemen und Gesellschaften hervorgerufen und Lücken geöffnet, in welche die Erreger, die für diese schrecklichen Epidemien verantwortlich waren, eindringen konnten.
Quelle:
Karin A. F. Zonneveld et al. (2024): Climate change, society, and pandemic disease in Roman Italy between 200 BCE and 600 CE. Science Advances. https://www.science.org/doi/10.1126/sciadv.adk1033
Über "Le Scienze": https://www.lescienze.it/news/2024/01/30/news/clima_peste_impero_romano-14923689/