Erderwärmung bis zum Ende dieses Jahrhunderts bei 2,8 Grad?
Ein aktueller UN-Bericht im Vorfeld der Klimakonferenz in Dubai konstatiert eine »verstörende Beschleunigung der Erderwärmung. Selbst bei Einhaltung aller Klimaschutzzusagen könnte sich das Erdklima um 2,5 bis 2,9 Grad erwärmen.
Einem Bericht des UN-Umweltprogramms UNEP zufolge bewegt sich die Welt auf eine wesentlich höhere Erderwärmung zu als die mit dem Pariser Klimaabkommen von 2015 vereinbarte. Dort hatte man einen Wert von 1,5 bis unter 2 Grad Celsius als Zielkorridor genannt. Das Ergebnis des Emissions Gap Report soll ein erneuter Weckruf an die Staatengemeinschaft sein. Nach dem Bericht erlebe die Welt derzeit »… eine verstörende Beschleunigung in Zahl, Geschwindigkeit und Ausmaß der bisherigen Temperaturrekorde.«
Zielkorridor entfernt sich – auch bei Einhaltung der Emissionszusagen
Das UNEP machte in ihrem Bericht sehr deutlich, dass sich die Welt bis zum Jahr 2100 auf eine Erwärmung um 2,5 bis 2,9 Grad zubewege, und zwar selbst wenn die gegenwärtigen Klimaschutzzusagen der Staaten in aller Welt komplett umgesetzt würden. Gehe man von den tatsächlichen Klimaschutzanstrengungen aus, sei sogar mit einer Erderwärmung um drei Grad zu rechnen.
In dem Bericht ermittelt das UNEP alljährlich die Prognose bzw. die Lücke zwischen den zu erwartenden Emissionen und den Werten, die für eine Erreichung der Pariser Klimaziele notwendig wären.
In diesem Jahrzehnt getroffene Maßnahmen sind entscheidend
Der Bericht betont laut der UNEP-Chefin Inger Andersen, dass die Möglichkeit, die Ziele des Pariser Abkommens doch noch zu erreichen, wesentlich von deutlich verstärkten Klimaanpassungsmaßnahmen aller Staaten in diesem Jahrzehnt abhängig sei.
Der Bericht zeigt auf, dass die weltweiten Treibhausgasemissionen von 2021 bis 2022 erneut um 1,2 Prozent auf einen neuen Rekordwert von 57,4 Gigatonnen Kohlendioxidäquivalent angestiegen sind.
Die Zusammenfassung der UNEP soll auf der UN-Klimakonferenz in Dubai als »Globale Bestandsaufnahme« vorgestellt werden. Im Verlauf der 12 Konferenztage sollen unter anderem die nationalen Maßnahmen zur Umsetzung der Pariser Klimaziele überprüft werden.
Falsche Rekorde
In ihrer Einleitung stellt Inger Andersen den Bericht mit den Worten vor, dass »…die Menschheit die falschen Rekorde bricht, wenn es um das zentrale Thema der kommenden Generationen, den Klimawandel, geht.« Die Treibhausgasemissionen hätten 2022 einen neuen Höchststand erreicht, und auch 2023 deuteten die bisherigen Werte nicht auf eine Reduzierung hin. Die Durchschnittstemperaturen des Monats September 2023 lägen um 1,8 °C über dem vorindustriellen Niveau.
Der Copernicus Climate Change Service (C3S) der Europäischen Union rechnet fest damit, dass 2023 mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit das wärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen sein wird. Ganz aktuell hat der C3S berichtet, dass der 17.November 2023 in die Geschichte der Klimadaten eingehen wird. Die weltweite Durchschnittstemperatur eines einzigen Tages habe erstmals seit Aufzeichnungsbeginn mehr als 2 Grad über dem vorindustriellen Niveau gelegen. Die Temperatur am 17. November übertraf den Durchschnitt des Zeitraums von 1850 bis 1900 für diesen Tag um 2,06 Grad. Im Vergleich des Zeitraums zwischen 1991 bis 2020 lag die Temperatur für diese Tag demnach um 1,17 Grad höher.
Der CCCS stellt allerdings klar, »…dass dies keinen Verstoß gegen das Pariser Abkommen bedeutet, sondern nur unsere bereits bestehende Nähe zu den international vereinbarten Grenzwerten unterstreicht.«
Dies tagesaktuelle Feststellung stützt auch den Bericht der UNEP, deren Präsidentin Inger Andersen betonte, dass die Welt ihren Kurs ändern müsse, denn »…sonst werden wir im nächsten Jahr und auch danach, Jahr für Jahr, dasselbe sagen und wieder Temperaturrekorde brechen.«
Sie stellt fest, dass es seit der Unterzeichnung des Pariser Abkommens im Jahr 2015 durchaus Fortschritte festzuhalten gäbe. Dies zeige, dass die Welt zu Veränderungen fähig ist, wenngleich auch der Prozess zu langsam verlaufe.
Eine deutliche Beschleunigung mit dem Ziel einer kontinuierlichen Reduzierung der Treibhausgasemissionen sei alternativlos. Die Welt müsse die CO2-Emissionen bis 2030 um 28 Prozent senken, wenn der 2°C-Pfad des Pariser Abkommens eingehalten werden soll. Wenn man das Ziel des 1,5°C-Pfades erreichen will, müssten die Emissionen sogar um 42 Prozent im Vergleich zu den heutigen Werten reduziert werden.
Fazit
Auch dieser Bericht zeigt, dass uns die Zeit davonläuft. Die Weltgemeinschaft darf sich nicht mehr hinter technologischen Lösungen verstecken, um Entscheidungen für eine andere Klimapolitik zu verschieben. Der Wandel muss schneller erfolgen, und zwar in Form einer gesamtwirtschaftlichen Transformation mit dem Ziel des Endes von fossilen Brennstoffen zu einem möglichst zeitnahen Termin. Das Thema der Dekarbonisierung geht einher mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien.
Ohne Zweifel werden technologische Veränderungen den Prozess begleiten, seien es Anlagenentwicklungen für Kohlenstoffspeicherung, große Batteriespeicher, zum Beispiel für die Pufferung von zu viel produzierten Windstrom oder die Produktion von grünem Wasserstoff. All das ist aber in einem Anfangs- bzw. sogar in einem Entwicklungsstadium, und wird mittel- und langfristig die Massnahmen gegen die Erderwärmung unterstützen.
Finanzstarke Länder spielen dabei eine besondere Rolle. Sie müssen zum einen ihre Möglichkeiten für rascheste Umsetzung der Energiewende nutzen. Gleichzeitig müssen sie Schwellen- und Entwicklungsländern finanzielle und technologische Hilfe zukommen lassen, denn deren Energiewende kann ohne diese Art der Unterstützung nicht geleistet werden.
Die globale Bestandsaufnahme wird das Eröffnungsthema der Klimakonferenz COP 28 in Dubai sein. Wissenschaft und Umweltverbände sind sich einig: auf der COP 28 muss eine verbindliche Weichenstellung zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen erfolgen.