Erde in Gefahr: Planetary Health Check zeigt, dass sechs von neun planetaren Grenzen überschritten sind

Ein Großteil der planetaren Grenzen wurde bereits verletzt – das geht aus dem neuen Bericht des Potsdamer Instituts für Klimafolgenforschung hervor. Demnach ist die Stabilität der Erde gefährdet, und es erfordert globale Bemühungen, um irreversible Schäden an den Erdsystemen zu verhindern.

Planetary Boundaries
Die Systeme der Erde geraten ins Wanken. Bild: TheDigitalArtist/Pixabay

Unser Planet hat den sicheren Bereich für menschliches Handeln bereits verlassen, lebenswichtige Systeme und Prozesse verschlechtern sich zusehends. Ein erster umfassender Gesundheitscheck der planetaren Systeme hat nun traurige Gewissheit gebracht, dass die Überzahl der planetaren Grenzen bereits überschritten wurde.

Der Begriff planetarische Gesundheit (Planetary Health) bezieht sich auf die Fähigkeit von Erdsystemen, Stabilität, Widerstandsfähigkeit und lebenserhaltende Funktionen aufrechtzuerhalten. Er spiegelt wider, wie gut der Planet die Bedingungen aufrechterhält, die für das menschliche und ökologische Wohlergehen notwendig sind.

Der Planetary Health Check (PHC), der am 24. September vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) veröffentlicht wurde und in Zusammenarbeit mit der Initiative Planetary Boundaries Science (PBScience) entstanden ist, zeichnet ein besorgniserregendes Bild des aktuellen Zustands der Erde.

Sechs von neun planetaren Grenzen bereits überschritten

Der PHC konzentriert sich dabei auf neun kritische Erdsystemprozesse, die als planetare Grenzen (Planetary Boundaries) definiert sind. Damit sind diejenigen Grenzen gemeint, innerhalb derer die Menschheit sicher agieren kann, ohne eine erhebliche Störung der Umwelt zu verursachen.

Sie regulieren die lebensnotwendigen Systeme der Erde und bieten der Menschheit einen sicheren Handlungsspielraum. Werden diese Grenzen überschritten, drohen irreparable Schäden für die planetaren Funktionen und die Stabilität der Erde.

Laut dem Bericht sind bereits sechs der neun planetaren Grenzen überschritten – dazu zählen beispielsweise Veränderungen der Kreisläufe, etwa von Stickstoff und Phosphor, sowie Änderungen bei Klima und Süßwasser, der Verlust der biologischen Vielfalt und die chemische Verschmutzung.

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Übersicht zu den neun planetaren Grenzen. Bild: PHC 2024, S. 5

„Unsere aktualisierte Diagnose zeigt, dass lebenswichtige Organe des Erdsystems geschwächt werden, was zu einem Verlust an Widerstandsfähigkeit führt und das Risiko, Kipppunkte zu überschreiten, steigen lässt“, erklärt PIK-Forscherin Levke Caesar, Co-Leiterin von PBScience und eine der Hauptautorinnen des Berichts.

„Lokale Maßnahmen haben Auswirkungen auf die Erde, und ein Planet, der unter Druck steht, kann sich auf überall und auf jeden auswirken.“ Um das menschliche Wohlergehen, die wirtschaftliche Entwicklung und stabile Gesellschaften zu sichern, sei ein ganzheitlicher Ansatz erforderlich, so Caesar.

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Der globale Rückgang bewaldeter Flächen in verschiedenen Biomen. Bild: PHC 2024, S. 40

Beispielsweise sind weltweit infolge von Landnutzung und Klimawandel die globalen und regionalen Wälder in den letzten Jahrzehnten in allen wichtigen Waldbiomen stetig zurückgegangen. Die meisten Regionen liegen bereits deutlich unter ihren Grenzen, während einige Gebiete, wie das gemäßigte und tropische Amerika, diese erst kürzlich unterschritten haben.

Im Jahr 2024 befinden sich weltweit die verbleibenden Waldflächen in allen drei Biomen – tropisch, boreal und gemäßigt – unter dem sicheren Niveau.

Diese Umwandlung natürlicher Landschaften, etwa durch Abholzung oder Urbanisierung, beeinträchtigt ökologische Funktionen wie die Kohlenstoffbindung, die Wiederverwendung von Feuchtigkeit und die Bereitstellung von Lebensräumen für Wildtiere.

Ganzheitliche Betrachtung der Wechselwirkungen

Im Gegensatz zu früheren Untersuchungen, die oft nur einzelne Erdsystemprozesse isoliert betrachteten, kombiniert der PHC multidisziplinäre Erkenntnisse und betrachtet die Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen planetaren Grenzen.

„Wenn wir uns die Gesundheitsindikatoren der Erde genauer ansehen, erkennen wir, dass die meisten von ihnen bald in der Hochrisikozone liegen werden”, erklärt Boris Sakschewski, Co-Leiter von PBScience und Hauptautor des Berichts. „Diesen Trend müssen wir umkehren. Wir wissen, dass alle lebenswichtigen Erdsystemprozesse zusammenwirken und jeder einzelne geschützt werden muss, um das gesamte System zu schützen.“

Johan Rockström, Direktor des PIK, sieht hierin eine Chance, das planetare Management zu verbessern: „Indem wir die Grenzen für einen gesunden Planeten quantifizieren, geben wir Politik, Wirtschaft und Unternehmen die notwendigen Instrumente an die Hand, um unkontrollierbare Risiken zu vermeiden.“