Entscheidungsverhalten: Das haben Vorhersagefehler beim Glücksspiel mit unterschiedlichen Lerntypen zu tun

US-Forscher haben untersucht, wie das Gehirn Informationen aufnimmt, verarbeitet und für Entscheidungen nutzt, beispielsweise beim Wetten. Von besonderem Interesse für die Wissenschaftler war, warum manche Menschen leichter und effektiver lernen als andere.

Würfel
Forscher haben das Entscheidungsverhalten von Glücksspielern untersucht. Bild: Edge2Edge Media/Unsplash

Das Gehirn kann Entscheidungen in nur Bruchteilen von Sekunden treffen. Welche Prozesse im Gehirn dabei ablaufen, ist noch nicht abschließend geklärt. Darum haben US-amerikanische Wissenschaftler nun untersucht, welche verschiedenen Arten des Denkens es gibt – und wie diese die Entscheidungsfindung beeinflussen.

Besonders interessierte sich das Forscherteam des California Institute of Technology (Caltech) dafür, wie Menschen aus positiven und negativen Rückmeldungen lernen. „Dies ist eine sehr einfache Art des Lernens, die sich bei den meisten Tierarten erhalten hat“, erklärt John O'Doherty, Professor für Entscheidungsneurowissenschaften am Caltech.

Ein zentraler Mechanismus in diesem Prozess ist der sogenannte Vorhersagefehler – der Unterschied zwischen einer Erwartung und dem tatsächlichen Ergebnis. „Wenn es eine große Diskrepanz gibt, müssen Sie Ihr Lernen anpassen, um künftig bessere und genauere Vorhersagen machen zu können“, so O'Doherty.

Studie mit Glücksspielern

In der kürzlich im Journal of Neuroscience veröffentlichten Studie wurde in O'Dohertys Labor das Entscheidungsverhalten von 40 Glücksspielern untersucht. Dazu wurden die Probanden in zwei Gruppen aufgeteilt: 20 problematische Spieler, die Anzeichen einer Glücksspielstörung aufwiesen, und 20 Freizeitspieler ohne solche Symptome. Personen in Behandlung sowie Menschen ohne Spielerfahrung wurden bewusst ausgeschlossen, um die Ergebnisse nicht zu verzerren.

Die Teilnehmer absolvierten einfache Entscheidungsaufgaben, während ihre Gehirnaktivität in einem funktionellen Magnetresonanztomographen (fMRI) gemessen wurde. Eine Aufgabe bestand darin, Strategien zu entwickeln, um die Dollar-Belohnungen zu maximieren, während eine andere darauf abzielte, Verluste zu minimieren. Erfolgreiche Teilnehmer zeichneten sich dadurch aus, dass sie ihre Vorhersagefehler schnell aktualisierten und so bessere Entscheidungen trafen.

Langsames und schnelles Lernen

„Es gibt Teile des Gehirns, die auf langsame Weise lernen und Vorhersagefehler weniger schnell aktualisieren“, erklärt O'Doherty. „Das kann in stabilen Umgebungen von Vorteil sein, ist jedoch nachteilig, wenn schnelle Anpassungen erforderlich sind – etwa beim Glücksspiel.“

Langsames Lernen ermöglicht genauere Vorhersagen, wenn sich die Umstände kaum ändern. Schnelles Lernen hingegen ist in dynamischen Situationen unverzichtbar, birgt aber die Gefahr von ‚Rauschen‘, wenn Stabilität fehlt.“

Co-Autor Kiyohito Iigaya von der Columbia University

Die Studie zeigt, dass problematische Spieler stärker auf langsame Lernprozesse angewiesen waren, insbesondere bei der Verarbeitung von Verlusten. Dies machte sie weniger fähig, zukünftige vermeidbare Verluste zu verhindern. In den fMRI-Scans zeigte sich zudem eine erhöhte Aktivität im anterioren cingulären Kortex, einer Region, die mit der Integration von Informationen über Zeit hinweg verbunden ist, sowie im Inselkortex, der Vorhersagefehler verfolgt.

Zur Behandlung von Glücksspielsucht

„Die Aktivierung dieser Hirnregionen allein erklärt nicht die Komplexität des problematischen Spielverhaltens“, warnt O'Doherty. „Es gibt wahrscheinlich individuelle Unterschiede, die in zukünftigen Studien mit größeren Stichproben untersucht werden müssen.“ Dennoch bietet die Studie wertvolle Einblicke in die Mechanismen, die problematisches Spielen beeinflussen, und liefert Ansatzpunkte für mögliche Therapien.

Die Erkenntnisse könnten zudem auf andere psychiatrische Störungen übertragbar sein, etwa Depressionen oder Zwangsstörungen. „Das große Ziel der Computerpsychiatrie ist es, Funktionsstörungen im Gehirn präzise zu verstehen und sie spezifischen neuronalen Schaltkreisen zuzuordnen“, so O'Doherty. Auf dieser Basis könnten Behandlungen entwickelt werden, die gezielt auf diese Mechanismen abzielen, etwa durch Hirnstimulation oder Medikamente.

Die Ergebnisse der Forschungsarbeit könnten den Weg für gezieltere Ansätze bei der Behandlung von Glücksspielsucht ebnen. Für O'Doherty und sein Team ist das erst der Anfang: „Wir hoffen, dass unser Modell auf andere Störungen ausgeweitet werden kann, um die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern.“

Quellenhinweis:

Iigaya, K., Larsen, T., Fong, T., & O’Doherty, J. P. (2025): Computational and Neural Evidence for Altered Fast and Slow Learning from Losses in Problem Gambling. Journal of Neuroscience, 45 (1), e0080242024. https://doi.org/10.1523/JNEUROSCI.0080-24.2024