Die Weiße Wüste in Ägypten: So sind die eigentümlichen Felsformationen entstanden

Die Weiße Wüste in Ägypten ist eine markante und hochinteressante Karstlandschaft, deren Felsen an Tiere, Pilze, Inseln und Brücken erinnern. Dabei sind die skulpturenartigen Gesteine ganz natürlich durch Sedimente und Verwitterung entstanden.

Weiße Wüste
Weiße Wüste nahe der Oase El-Farafra, Ägypten. Bild: L-BBE

Im Westen Ägyptens erstreckt sich ein etwa 3000 Quadratkilometer großes Gebiet, die sogenannte Weiße Wüste, eines der wichtigsten Karstmassive in der Westlichen Wüste. Das Naturschutzgebiet befindet sich etwa 30 Kilometer nördlich der Senke El-Farafra und reicht etwa 50 Kilometer weit in Nordsüd- und 100 Kilometer in Ostwestrichtung.

Karst ist eine Geländeform, die aus Verwitterung von Gesteinen mit hohem Karbonatgehalt wie Kalkstein oder Sandstein entsteht. Dabei wird das enthaltene Kalziumkarbonat (CaCO3) im Laufe der Zeit durch Kohlensäureverwitterung oder Lösung chemisch verändert (Verkarstung). Es existieren sowohl überirdisch als auch unterirdisch zahlreiche Karstarten mit entsprechenden Formen.

Die Landschaft der Weißen Wüste ist durch markante Kalkstein- und Kreidefelsen geprägt, wobei die Wüste aus Sedimenten von Planktonüberresten entstanden ist, die vor etwa 80 Millionen Jahren dort in einem Meer trieben. Nach dem Verschwinden des Meeres haben Sandstürme die Felsen durch Erosion charakteristisch geformt.

Weiße Wüste
Pilzförmiger Felsen in der Weißen Wüste. Bild: Wikimedia Commons

Abhängig von Gesteinshärte und Gesteinsschichten entstanden über die Zeit bizarre Gebilde wie Pilze oder turmartige Skulpturen, deren Form an Tiere, Sphingen oder Ähnliches erinnert. Forscher erklären in einer Studie die Ursachen für die eigenwillige Morphologie.

Der pilzförmige Karst etwa ist in der Oase El-Farafra weit verbreitet und nimmt eine Fläche von etwa 244 Quadratkilometern ein. Diese Karstart besteht aus vertikalen Stämmen, zwischen 1 und 5 Metern hoch, mit unregelmäßig geformten Hälsen und Kappen. Die Köpfe können kleine Hohlräume aufweisen, in denen verschiedene Vogelarten nisten. Die geologische Zusammensetzung besteht aus weichem kalkhaltigem Sandstein, der an den Kappen in harten kieselhaltigen Kalkstein übergeht.

Karstinseln wiederum sind in heiß-feuchten Regionen zu finden und weit über die Böden der Farafra-Mulden verteilt. Sie treten als zusammenhängende oder unzusammenhängende, vertikale, hügelige Felsen auf und erheben sich abrupt aus der flachen Umgebung. Die aufrechten Hügel können 2 bis 10 Meter hoch sein und bestehen aus grauweißem, verdichtetem Kalksteingestein, das widerstandsfähig gegen Erosion ist. Einige Inseln sind durch fluviale Erosion durch Wasser, differentielle Verwitterung oder Windskulpturierung von Kalksteinschichten entstanden.

Karstgestein
A Pilzkarsthügel, B Lösungshohlräume mit Vogelnestern, C Karstinseln, D Sphinxartige Form. Bild: Mousa et al. 2024

Karstformen wie Pilze und Inselberge sind auf die Wirkung von Wasser- und Winderosion zurückzuführen, wenn ein widerstandsfähigeres Deckgestein weiche, weniger robuste Schichten überdeckt.

Brückenkarst etwa weist eine erstaunliche und bemerkenswerte Morphologie der Karstoberfläche auf. Die Länge und Breite des Brückenkarstes variiert, wobei ein 3 bis 5 Meter langer natürlicher Bogen einen Abstand von etwa 10 Metern einnimmt. Die Gesteinsarten bestehen aus weißem Kalkstein der Oberkreide.

Weitere Karstphänomene der Weißen Wüste sind beispielsweise Karstbelegungen, Turmkarst und Kuppelkarst. Die Landformen enthalten oft Informationen über frühere Erosionsumgebungen.

Karstgestein
A, B Kalksteinfelsen mit Brückenkarstmorphologie, C, D Kuppelkarst. Bild: Mousa et al. 2024

In einer jüngeren Studie haben Forscher die sogenannten Playas in der Weißen Wüste nordöstlich der Oase Farafra auf paläoökologische, paläoklimatische und paläogeographische Informationen hin untersucht (von griech. paläo = alt).

Playas sind Wüstensenken in trockenen und halbtrockenen Gebieten, die durch episodische Überschwemmungen und Verdunstung entstanden sind, wobei sich Feinsedimente wie Ton, Schlick und Kalkschlamm direkt abgelagert haben. Die Untersuchung von Playa-Sedimenten kann Aufschluss über Klimaverhältnisse und -entwicklungen der Vergangenheit geben.

Die weichen Playa-Sedimente bedecken den hellen weißen Kalkstein der Kreide-Sedimente der Weißen Wüste (maastrichtische Khoman-Formation). Manchmal umgeben die Playa-Sedimente die höher gelegenen Reste erodierter Hügel und sockelartiger Felsen dieser Formation, was darauf hindeutet, dass die Khoman-Felsen höchstwahrscheinlich kleine, hügelförmige Inseln bildeten, die von Wasser eines Paläosees umgeben waren.

Stratigraphisch gesehen besteht die Farafra-Senke aus einer dickschichtigen Sedimentabfolge aus der späten Kreidezeit und dem Paläogen, die auch Überreste mehrerer holozäner Schlamm-Playas umfasst, was auch auf die Austrocknungsphasen von Paläoseen während der Wüstenbildung und zunehmenden Trockenheit im späten Holozän hinweisen.

Aufgrund der wechselnden geologischen und klimatischen Gegebenheiten hat die Weiße Wüste viele verschiedene Arten von geomorphologischen Karstlandschaften hervorgebracht. Die verschiedenen fluvialen und karstigen Landformen, Gesteinsarten, Verwerfungen, Brüche und Trockentäler sind nur ein Teil der geomorphologischen Vielfalt der Weißen Wüste und ihrer Umgebung.

---

Quellen:

Khalaf, E.E.D.A.H. Karst Heritage as a Tourist Attraction: a Case Study in the White Desert National Park, Western Desert, Egypt. Geoheritage 14, 94 (2022). https://doi.org/10.1007/s12371-022-00727-3

Mousa, F.A., El-Hassan, M.M.A. & Sallam, E.S. Terminal Holocene palaeolake mud pans (playas) of Farafra Oasis, Western Desert, Egypt: palaeoenvironmental and palaeoclimatic implications. Int J Earth Sci (Geol Rundsch) 113, 657–660 (2024). https://doi.org/10.1007/s00531-024-02395-w