Die größten Jets von Schwarzen Löchern jemals entdeckt: 140-mal so lang wie die Milchstraße

Mit einer Größe von 23 Millionen Lichtjahren handelt es sich um die größten jemals beobachteten Jets eines Schwarzen Lochs. Die gigantischen Plasmastrahlen könnten weitere Hinweise bei der Erforschung des kosmischen Netzes liefern.

Jet-System um ein Schwarzes Loch
Eine künstlerische Darstellung des längsten jemals beobachteten Jet-Systems um ein Schwarzes Loch. Bild: E. Wernquist/D. Nelson (IllustrisTNG Collaboration)/M. Oei

Astronomen haben die bisher größten bekannten Jets eines Schwarzen Lochs beobachtet. Die gigantischen Plasmastrahlen, die von einem supermassiven Schwarzen Loch in einer etwa 7,5 Milliarden Lichtjahre entfernten Galaxie ausgehen, sind etwa 140 Mal so lang wie die Milchstraße – eine Entfernung von 23 Millionen Lichtjahren. Die Jets wurden auf den Namen „Porphyrion“ getauft, einem Riesen der griechischen Mythologie.

Jets kommen bei Schwarzen Löchern dadurch zustande, dass ein Teil des angezogenen Materials an den Polen der Rotationsscheibe senkrecht wieder ausgestoßen wird. Sie bestehen aus Elektronen, Positronen und magnetischen Feldern, die durch die gewaltigen Kräfte des Schwarzen Lochs auf fast Lichtgeschwindigkeit beschleunigt werden. Weitere bekannte Jetsysteme sind etwa das System Alcyoneus mit einer Größe von 100 Lichtjahren oder das erdnahe System Centaurus A mit einer Länge von über 10 Milchstraßen.

Porphyrion stammt aus einer Zeit, als das Universum mit 6,3 Milliarden Jahren etwa die Hälfte seines jetzigen Alters erreicht hatte. Ein internationales Forscherteam hat die Jets mithilfe des niederländischen LOFAR-(Low-Frequency Array)-Radioteleskops entdeckt und in einem Artikel in Nature vorgestellt.

Porphyrion
ILT-Bild von Porphyrion. Bild: Oei et al. 2024.

„Dieses Paar ist nicht nur so groß wie ein Sonnensystem oder eine Milchstraße – wir sprechen von insgesamt 140 Milchstraßendurchmessern“, sagt Martijn Oei, Postdoktorand am Caltech und Hauptautor des Artikels. „Die Milchstraße wäre ein kleiner Punkt in diesen beiden gigantischen Eruptionen.“

Dass ein Schwarzes Loch in einem so frühen Stadium des Universums solche gigantischen Jets aussenden konnte, hat die Forscher überrascht. Denn normalerweise wird dies erst für spätere kosmische Entwicklungsphasen erwartet.

„Astronomen glauben, dass sich Galaxien und ihre zentralen Schwarzen Löcher gemeinsam entwickeln, und ein Schlüsselaspekt dabei ist, dass Jets riesige Mengen an Energie verbreiten können, die das Wachstum ihrer Wirtsgalaxien und anderer Galaxien in ihrer Nähe beeinflussen“, sagt Co-Autor George Djorgovski, Professor für Astronomie und Datenwissenschaft am Caltech. Die Entdeckung zeige, dass ihre Auswirkungen viel weiter reichen können als bisher gedacht.

Die Jets tragen möglicherweise zur Verteilung von Energie, Partikeln und magnetischen Feldern im kosmischen Netz bei, dem weitläufigen Netzwerk von Filamenten, das Galaxien im Universum miteinander verbindet.

Mit Hilfe des Keck-Observatoriums auf Hawaii konnte das Team zeigen, dass Porphyrion 7,5 Milliarden Lichtjahre von der Erde entfernt ist. „Bis jetzt schienen diese riesigen Jetsysteme ein Phänomen des jungen Universums zu sein“, sagt Oei. Wenn weit entfernte Jets die Größenordnung des kosmischen Netzes erreichen, dann könne jeder Ort im Universum zu irgendeinem Zeitpunkt in der kosmischen Zeit von der Aktivität Schwarzer Löcher betroffen gewesen sein, erklärt der Wissenschaftler.

Die Tatsache, dass diese Jets über etwa eine Milliarde Jahre aktiv geblieben sind, deutet darauf hin, dass sie außergewöhnlich stabile Bedingungen hatten, wodurch, so vermuten die Forscher, die Jets solch eine gewaltige Größe erreicht haben könnten.

Porphyrion
VLBI-Nahaufnahme des Nahaufnahme des Zentrums von Porphyrion. Bild: Oei et al. 2024.

Die Entdeckung der gigantischen Jets erweitert nicht nur unser Verständnis über die Reichweite von Schwarzen Löchern, sondern auch über ihre Rolle in der großräumigen Struktur des Universums. Die Untersuchung solcher Phänomene hilft den Wissenschaftlern, mehr über die Entstehung und Evolution von Galaxien sowie über die dynamischen Prozesse im frühen Universum zu erfahren.

Wir hatten keine Ahnung, dass es so viele gibt.

Vor allem waren die Forscher über die schiere Anzahl an riesigen Jets überrascht, denn bei der Himmelsdurchmusterung wurden mehr als 10.000 der Megastrukturen gefunden. „Wir sehen vielleicht nur die Spitze des Eisbergs“, vermutet Oei. „Unsere LOFAR-Untersuchung deckte nur 15 Prozent des Himmels ab. Und die meisten dieser gigantischen Jets sind wahrscheinlich schwer zu entdecken, so dass wir glauben, dass es noch viel mehr dieser Giganten da draußen gibt.“

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Quelle:

Oei, M. S. S. L., Hardcastle, M. J., Timmerman, R., et al. (2024): Black hole jets on the scale of the cosmic web. Nature 633, 537–541. https://doi.org/10.1038/s41586-024-07879-y