Dead Internet Theory: Ist das Internet wirklich tot – und wird die Welt längst von Maschinen regiert?
Die Theorie des toten Internets besagt, dass ein Großteil der Online-Interaktion von sogenannten Bots durchgeführt wird. Das ist zum Teil richtig, wie neueste Untersuchungen zeigen. Dennoch gibt es Lichtblicke.
Mit zunehmender Verbreitung von künstlicher Intelligenz (KI) und automatisierten Bots stellt sich immer mehr die Frage, ob das Internet überhaupt noch ein von Menschen dominierter Raum ist, oder längst eine Welt, die von Maschinen regiert wird. Solche Überlegungen bilden den Kern der Theorie des toten Internets, der Dead Internet Theory, die besagt, dass die Mehrheit der Online-Inhalte und Interaktionen inzwischen von KI erzeugt wird.
Demnach würden Inhalte wie Social-Media-Posts automatisiert erstellt, um die Beteiligung zu maximieren – in Form von Klicks, Likes und Kommentaren –, was sich direkt in Werbeeinnahmen niederschlägt. Selbst die Accounts, die mit diesen Beiträgen interagieren, könnten größtenteils maschinengesteuert sein. Zudem wird spekuliert, dass Regierungen Bots nutzen, um die öffentliche Meinung zu manipulieren.
Die Dead Internet Theorie ist eine Verschwörungstheorie. Manchmal wird sie jedoch auch genutzt, um sachlich auf Missstände wie den vermehrten Einsatz von Bots in den sozialen Medien hinzuweisen.
Bots im Netz
Die Verbreitung von Bots im Internet ist gut dokumentiert. Studien wie die des Cybersicherheitsunternehmens Imperva zeigen, dass Bots mittlerweile knapp die Hälfte des globalen Internetverkehrs ausmachen (47,4 %). Neben kommerziellen Anwendungen wie Werbeeinnahmen tragen die Bots auch dazu bei, die Sichtbarkeit bestimmter Inhalte künstlich zu erhöhen.
YouTube etwa ist bekannt dafür, dass Bots die Beteiligung auf der Plattform simulieren, um auf diese Weise weitere User zum Mitmachen zu bewegen. Dennoch bleibt unklar, wie tiefgreifend die tatsächliche Automatisierung ist. Zwar werden durch KI generierte Inhalte immer raffinierter, jedoch weisen sie nach wie vor Schwächen auf, etwa Grammatikfehler oder Falschinformationen.
Soziale Medien als KI-Foren?
Ein besonders kritischer Bereich sind die sozialen Medien. Plattformen wie Facebook, Instagram und TikTok aggregieren zunehmend KI-generierte Inhalte, sei es durch Fake-Influencer oder automatisierte Kommentare. Doch auch hier sind Millionen echte Nutzer aktiv, die soziale Medien nach wie vor als wichtigen Kommunikationskanal nutzen. Der Arabische Frühling oder jüngste politische Bewegungen zeigen, dass soziale Medien nach wie vor auf menschlicher Beteiligung beruhen.
Dennoch gibt es ernsthafte Bedenken, was die Verbreitung von Fehlinformationen betrifft. Historischen Untersuchungen zufolge waren Bots auf Plattformen wie X (ehemals Twitter) maßgeblich an der Verbreitung unseriöser Artikel beteiligt. – Angesichts dessen, dass fast die Hälfte der US-Amerikaner laut einer Reuters-Studie soziale Medien als Nachrichtenquelle nutzt, bleibt die Frage nach der Manipulation aktueller denn je.
Gegen die Dominanz der Maschinen
Trotz der alarmierenden Entwicklungen gibt es auch positive Ansätze, um die maschinelle Dominanz im Netz einzudämmen. Suchmaschinen wie Google haben damit begonnen, Artikel abzustrafen, die versuchen, ihre Algorithmen zu manipulieren. Zusätzlich setzt Google verstärkt auf Inhalte, die von Menschen erstellt wurden und Authentizität beweisen, beispielsweise durch eigene Erfahrungen oder Originalfotos.
Auch Plattformen wie Meta investieren in KI, um Fehlinformationen aufzuspüren, obwohl gerade Facebook in der Vergangenheit selbst für die Verbreitung schädlicher Inhalte kritisiert wurde. Parallel dazu wenden sich immer mehr Menschen privaten Online-Communities zu, die sich über Abonnements finanzieren und gezielt auf menschliche Interaktion setzen.
Obwohl die Theorie des toten Internets viele Fragen aufwirft, gibt es derzeit keine überzeugenden Beweise, die sie stützen. Sicher ist jedoch, dass Menschen den virtuellen Raum zunehmend mit Bots teilen. Die wachsende Präsenz maschineller Akteure erfordert, dass Nutzer*innen skeptisch bleiben und nicht blind darauf vertrauen, dass jede Online-Interaktion mit einem echten Menschen stattfindet. Das Internet ist nicht tot – aber es hat sich grundlegend verändert.