Börse: Beeinflusst das Wetter Aktienkurse und Investitionsentscheidungen? – Das sagen Forscher.

Dass sich extremes Wetter negativ auf die Wirtschaft auswirkt, ist bekannt. Doch auch Stimmungen und Sentiments von Anlegern werden durch verschiedene Wetterlagen beeinflusst. Das Wetter prägt demnach auch die Entscheidungsfindung, sagen Wissenschaftler.

Beeinflusst das Wetter Anlegeentscheidungen an der Börse?
Beeinflusst das Wetter Anlegeentscheidungen an der Börse? Bild: Buffik/Pixabay

Es ist bekannt, dass Extremwetterereignisse wie Überschwemmungen, Hurrikane und Dürren erheblichen Einfluss auf die Wirtschaft haben. Wirtschaftsabläufe werden empfindlich gestört, Gewinne und Aktienkurse brechen ein. Dürren wirken sich negativ auf landwirtschaftliche Unternehmen aus, Hurrikane stören den Transport und die Logistik – und damit die Produktion.

Wetterphänomene können sich jedoch auch positiv auf die Wirtschaft auswirken: So kann ein heißer Sommer etwa die Getränke- und Tourismusbranche ankurbeln, wohingegen ein kalter Winter die Nachfrage nach Energie erhöht, was wiederum gut für Energieversorger ist. Um fundierte Anlageentscheidungen treffen zu können, sollten Anleger also die potenziellen Auswirkungen des Wetters auf die Branche, in die sie investieren möchten, kennen.

Auch die Auswirkungen wetterbedingter Variablen wie Temperatur, Niederschlag, Luftfeuchtigkeit, Windgeschwindigkeit und Bewölkung auf die Entscheidungsfindung von Investoren sind ein wichtiges Thema für Forscher und politische Entscheidungsträger. So erkennt die Verhaltensökonomie beispielsweise an, dass die Psychologie der Anleger ebenfalls eine Rolle bei Anlageentscheidungen spielt.

Zusammenhang von Sentiments und Wetter

Studien zeigen, dass sonnige Tage etwa zu einer positiven Wahrnehmung führen – an sonnigen Tagen sind Menschen glücklicher –, während Hitze sogar im Zusammenhang mit erhöhter Gewalt steht.

Die Umweltpsychologie versucht zu erklären, wie das menschliche Verhalten durch die Umgebung beeinflusst wird, wozu auch der Einfluss des Wetters auf die Stimmung gehört. Die Verhaltensökonomie untersucht ebenfalls die Auswirkungen wetterbedingter Variablen, allerdings konkret auf die Entscheidungsfindung von Investoren.

Ein Mangel an Sonnenschein hat hingegen den gegenteiligen Effekt. So lässt kaltes Wetter Menschen eher zu Traurigkeit und Melancholie neigen. Regentage oder trübes Wetter lösen sogar Depressionen und Pessimismus aus.

Entscheidungsprozess von Investoren
Entscheidungsprozess von Investoren: Wetterfaktoren bestimmen die Gefühle, welche wiederum die kognitive Analyse und die Entscheidungen beeinflussen. Bild: Kathiravan et al., 2021, S. 350

Stimmungen und Sentiments spielen eine wichtige Rolle beim Entscheidungsprozess. Wenn Menschen gut gelaunt sind, treffen sie positive Entscheidungen. Im Gegensatz dazu rufen schlechte Wetterlagen bei den Menschen eine negative Stimmung hervor.

Außerdem neigen Menschen dazu, Zukunftsprognosen positiver zu bewerten, wenn sie gut gelaunt sind, als wenn sie schlecht gelaunt sind. Der Wetterfaktor beeinflusst demnach Stimmung, Urteilsvermögen und Entscheidungsverhalten von Anlegern.

Anderen Studien zufolge nimmt die Volatilität des Indizes bei bewölktem, nassem und windstillem Wetter tendenziell zu.

Zusammenhang Aktienkurse und Wetter

Auch unabhängig vom Investorensentiment lassen sich bei Aktienkursen wetterabhängige Trends ausmachen. Bei gutem Wetter sind die Menschen beispielsweise besser gelaunt, was zu höheren Verbraucherausgaben und höheren Aktienkursen führen kann. In den Sommermonaten, wenn das Wetter warm und sonnig ist, gehen die Menschen eher aus und geben Geld für Aktivitäten im Freien aus, wie Essen gehen, Einkaufen und Reisen.

Diese höheren Ausgaben können zu höheren Gewinnen für Unternehmen in betroffenen Branchen führen, was sich in höheren Aktienkursen niederschlagen kann. Andererseits neigen Menschen bei schlechtem Wetter dazu, zu Hause zu bleiben und weniger Geld auszugeben, was zu niedrigeren Aktienkursen führen kann.

In den Wintermonaten, wenn das Wetter kalt und schneereich ist, gehen die Menschen weniger aus und geben weniger Geld für nicht unbedingt notwendige Dinge aus. Diese geringeren Ausgaben können zu niedrigeren Gewinnen für Unternehmen betroffener Branchen führen, was sich ebenfalls in niedrigeren Aktienkursen niederschlägt.

Granger-Kausalität
Die Granger-Kausalität. Bild: Wikimedia Commons/regenerated from Liu and Bahadori: "A Survey on Granger Causality, A Computational View".

Einige Studien arbeiten zur Erhebung mit der sogenannten Granger-Kausalität. Dabei handelt es sich um eine statistische Methode aus den 1960er Jahren, mit der herausgefunden werden kann, ob es einen ursächlichen Zusammenhang zwischen zwei Zeitreihen gibt. Im Falle der Wetterstudien konnten Wissenschaftler also die Wetterfaktoren Temperatur, Windgeschwindigkeit und Luftfeuchtigkeit den Entwicklungen von Aktienkursen gegenüberstellen.

Ein Zusammenhang zwischen Wetter und Aktienkursen existiert also insgesamt auf zwei Ebenen: Einmal auf Ebene der Wirtschaft, indem die wetterabhängige Wachstumsrate einzelner Wirtschaftsbranchen die Aktienkurse positiv beeinflusst. Aber auch auf Ebene der Investorensentiments, die durch das Wetter beeinflusst werden.

Zukunftsprognosen werden bei sonnigem Wetter emotional positiver bewertet und es werden tendenziell positive Entscheidungen getroffen. Schlechtes Wetter hingegen führt zu pessimistischeren Einschätzungen.

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Quellen:

Chowdhury, E. K. (2024). Do weather patterns effect investment decisions in the stock market? A South Asian perspective. Journal of Asset Management, 25(2), 162–171. https://doi.org/10.1057/s41260-023-00334-z

Liu, B., Pei, J. & Yu, Z. (2024). Stock price prediction through GRA-WD-BiLSTM model with air quality and weather factors. Int. J. Mach. Learn. & Cyber. 15, 1967–1984. https://doi.org/10.1007/s13042-023-02008-z

Kathiravan, C., Selvam, M., Venkateswar, S. et al. (2021). Investor behavior and weather factors: evidences from Asian region. Ann Oper Res 299, 349–373. https://doi.org/10.1007/s10479-019-03335-7