Wie heiß ist heiß und wie kalt ist kalt? – Die Verwendung von Wiewörtern
„Nach der Hitzewelle, ist vor der Hitzewelle“, dieser frei von Sepp Herberger entlehnten Spruch könnte in diesem Jahr das Motto des Sommers werden.
Nachdem am vergangenen Donnerstag mal wieder bis zu 39°C gemessen wurden und auch in den Wochen bzw. zwei Monaten davor wiederholt Temperaturen jenseits der 35°C Marke, teilweise auch um die 40°C Marke erreicht wurden, überlegt man schon ob die Beschreibung ‚außergewöhnlich heiß‘ noch so zutreffend ist und – der Mensch ist ja ein Gewohnheitstier - nicht doch das ‚Außergewöhnliche‘ zum ‚Gewöhnlichen‘ wird.
Nun, man könnte jetzt mit der durch den Klimawandel bedingten Verschiebung einer Normalverteilung kommen und dass dann die Eintrittswahrscheinlichkeiten der ‚Flanken‘ auf der einen (warmen) Seite steigen und der anderen (kalten) Seite sinken und damit eben auch die Hitzewellen häufiger werden. Aber das führen wir hier nicht weiter aus. Stattdessen soll das Thema dieses Artikels die sehr wohl festgelegte Verwendung von Adjektiven - also ‚Wiewörtern‘ - in der Wettervorhersage sein.
Wie oft rutscht einem ein: „Das ist ja heute wieder sehr heiß“, ein „Das war schon kühl gestern", oder „An Heiligabend, da war es ungewöhnlich warm“ raus? Aber Obacht. Denn rein offiziell schleicht sich da schnell ein kleiner Fauxpas ein. So ist beispielsweise die Aussage zum Temperaturniveau an Heiligabend nicht ganz korrekt, wenn man einmal 'offizielle' Maßstäbe ansetzt und keine künstlerische Freiheit gelten lässt.
Regeln für die Verwendung von 'thermischen' Adjektiven in der Wetterkunde
Denn die verschiedenen thermischen Charakterisierungen basieren auf genau definierten Temperaturen, wobei diese Definitionen sich auch an der Jahreszeit bzw. dem Monat im Jahr orientieren. Von ‚kalt‘ über ‚mild‘, warm‘ bis ‚heiß‘ und dabei noch einigen Abstufungen, wie ‚ungewöhnlich warm‘ oder ‚mäßig kalt‘ und eben ‚sehr heiß‘ sind die (für die regelkonforme Verwendung zugrunde liegenden) Temperaturbereiche in der folgenden Tabelle angegeben.
Demnach gibt es also an Heiligabend (also im Dezember) gar kein ‚ungewöhnlich warm‘. Bei Temperaturen über 14 Grad hätte man ‚ungewöhnlich mild‘ verwenden sollen, während es das ’ungewöhnlich warm‘ dann eigentlich nur im März, April und Oktober gibt.
Sind bei den Extremen, also ‚sehr kalt‘, ‚kalt‘, ‚heiß‘ und das eben aktuell vielfach verwendete ‚sehr heiß‘ die Temperaturgrenzen noch einheitlich, so gibt es bei den anderen – wie erwähnt – von Monat zu Monat einige Unterschiede. Zum Beispiel spricht man offiziell im Januar in einem Temperaturbereich zwischen 3 bis 7°C von 'mild', im April dagegen zwischen 14 bis 18°C. ‚Sehr kühl‘ ist es im April bei Temperaturen zwischen 1 bis 9°C, im Mai bis August dagegen unter 14°C.
Kleine Lanze für die sprachliche Individualität
Bei dem Gebrauch der Adjektive ist also rein formell Vorsicht und Sorgfalt geboten. Zumindest sollte ein Wetterbericht diesen Einteilungen Rechnung tragen. Im Privatgebrauch kann man gerne - nach meinem Empfinden – dem subjektiven Kälte- oder Wärmeempfinden weiterhin frönen. So kann ich mich zum Beispiel bei meiner Frau - in nicht mehr ganz so lauen Nächten - zumindest zeitweise als der große Beschützer auftuen. Wenn sie meint, dass es im August nun 'sehr kühl' ist, aber das Thermometer mehr als 14 °C anzeigt, dann werde ich ein Teufel tun und ihr grundlegend erklären, dass das so ja jetzt nicht ganz stimmt. Nein, ich werde sie in den Arm nehmen und sie wärmen, so dass es auch für sie nicht mehr ‚sehr kühl‘, sogar noch nicht einmal ‚kühl‘ ist.
Alles heiter oder was?
Ansonsten sei als kleiner Vorgriff erwähnt, dass in einem kommenden Artikel auf den Hintergrund von anderen meteorologischen Begriffen, wie ‚heiter‘ und ‚wolkig‘, sowie ‚gebietsweise‘ und ‚zeitweise‘ eingegangen wird. Der Ausflug in die meteorologischen Begrifflichkeiten wird also fortgeführt.
In diesem Sinne, bis dahin, auf dass es Ihnen vor allem häufig 'warm' ums Herz bleibt.