Auswirkungen der Klima-Ungerechtigkeit am Horn von Afrika!
Die Nachrichtenagentur AFP sowie die Klimajournalisten von Covering Climate Now weisen in einer aktuellen Berichterstattung vom Mai 2023 auf die Gefahr hin, dass aufgrund der Auswirkungen des Klimawandels am Horn von Afrika über 20 Millionen Menschen vom Hungertod bedroht sind
Mark Hertsgaard, der Executive Director von Covering Climate Now schrieb im Jahr 2021 zum Start der Berichtsreihe »Climate Crimes» des Guardian: »Jeder Mensch auf der Erde lebt heute an einem Tatort!«. Er fügte weiter hinzu, dass »…die 40 Jahre der Lügen der Industrie der fossilen Brennstoffe über den Klimawandel … das öffentliche Bewusstsein und die staatlichen Maßnahmen gegen das abgestumpft haben, was Wissenschaftler sagen, und zwar dass es sich um einen vollwertigen Klimanotstand handelt.«
Dürrekatastrophe am Horn von Afrika
Einer der von Hertsgaard zitierten »Tatorte« liegt am Horn von Afrika. Durch eine extreme Dürre droht 20 Millionen Menschen in der Region der Hungertod. Wissenschaftler der World Weather Attribution (WWA) - Initiative haben in einem Bericht zur Situation am Horn von Afrika dargelegt, dass der menschengemachte Klimawandel diese Dürre 100-mal wahrscheinlicher gemacht hat.
Die Wissenschaftler fanden heraus, dass der Klimawandel selbst nur geringe Auswirkungen auf die jährlichen Gesamtniederschläge in der Region hatte. Sie untersuchten die Veränderungen der Regenmengen in den Jahren 2021 und 2022 in der betroffenen Region, die Äthiopien, Eritrea, Djibouti, Somalia, Kenia, den Sudan und den Südsudan umfasst. Der dortige Niederschlag konzentriert sich normalerweise auf zwei Jahreszeiten. Zum einen finden lange Regenfälle zwischen März und Mai statt. Sie bringen die meisten jährlichen Regenmengen mit sich. Die zweite Regenzeit von Oktober bis Dezember ist kürzer und weniger intensiv.
Die aktuelle existenz- und lebensbedrohende Dürre wird dadurch verursacht, dass höhere Lufttemperaturen die Verdunstung des Wassers aus Boden und Pflanzen deutlich erhöht haben. Dies führt zu einer rapiden Austrocknung der Böden. Es drohen massive Ernteausfälle. Auch die Viehweiden sind von der Dürre betroffen. Die Menschen in der Region verlieren damit ihre Ernährungs- und Existenzgrundlagen.
Journalistische Arbeit in den Krisenregionen ist essentiell
Die Welt braucht dringend »Augen vor Ort«, also Journalisten, die dafür sorgen, dass die Menschen und die Regierungen in der Welt erfahren, was in Regionen passiert, über die sonst nicht viel berichtet wird. Das Journalistennetzwerk The New Humanitarian konzentriert seine Berichterstattung auf Krisenregionen in den ärmeren und ärmsten Ländern der Welt. In einer aktuellen Reportage wird die aktuelle humanitäre Verzweiflung deutlich: somalische Mütter treffen die Entscheidung, ihre Kinder mit Reinigungsmitteln oder Salzlösungen krank zu machen, damit sie Anspruch auf die notwendige Ernährungshilfe bekommen, die sie am Leben erhält.
Das Elend, über das engagierte Journalisten wie die von The New Humanitarian berichten, beschreibt Lehrbuchfälle von Klimaungerechtigkeit. Die Welt muss diese Tatsache als Solche erkennen und nicht nach dem Prinzip »not in my backyard«, also »… das ist ja alles nicht bei uns« oder »… das war ja schon immer so« denken und handeln. Die Länder in der Region am Horn von Afrika haben zusammengerechnet einen Treibhausgasausstoß, der nur 10% der Emissionen Deutschlands entspricht. Bei einer 4-fach größeren Bevölkerungszahl im Vergleich mit unserem Land.
Die meisten Nachrichtenredaktionen der Welt haben weder Reporter am Horn von Afrika noch die Ressourcen, um sie dorthin zu schicken. Wohltuende Ausnahmen sind globale Nachrichtenagenturen wie AFP und Reuters. Sie berichten sehr detailliert über die Situation, wie man aus einem Bericht zu den Untersuchungen der World Weather Attribution sieht. Aus der im nachfolgende Tweet hinterlegten AFP-Grafik gehen die aktuellen Dürre- und Hungersnöte in einzelnen Ländern Ostafrikas hervor.
Klimafolgen sind mehr als "nur" die Erderwärmung!
Wir alle richten unser Augenmerk erfahrungsgemäß auf die aktuellen oder potenziell drohenden Klimaveränderungen in Deutschland und Europa. Wir nehmen die Rekordtemperaturen in Asien als Randbemerkung wahr. Die Waldbrände in Kanada sind weit weg. Und die durch El Niño oder La Nina verursachten Wetterphänomene gab es ja schon immer und wird es auch in Zukunft geben. Es ist an der Zeit, dass wir über den Tellerrand unseres kleinen, aber durchaus wichtigen Landes schauen.
Die durch die Klimaveränderungen hervorgerufene Dürre am Horn von Afrika scheint weg zu sein – und ist doch Teil der gesamten Klimafolgenbetrachtung. Auch der Weltklimarat IPCC betont in allen aktuellen Ergänzungen seines Situationsberichtes AR6 die Tatsache, dass die Klimafolgen in erster Linie die armen und ärmsten Länder der Welt treffen. Dazu gehören die Regionen am Horn von Afrika. Wir müssen im Vokabular zum Klimawandel auch den Umfang des Themas der Ungerechtigkeit der Klimafolgen aufnehmen.