Winterbilanz: Schneereiches Frühjahr "rettet" die Gletscher!
Der vergangene Winter war in den Alpen sehr schneearm. Doch ein kühles und schneereiches Frühjahr sorgte dann doch noch für eine durchschnittliche Wintermassenbilanz bei den Alpengletschern. Doch für die langfristige Schmelzrate ist der Sommer entscheidend.
Im Frühjahr des vergangenen Jahres war die Lage für die Alpengletscher schon im Juni dramatisch! Einerseits gab es schon im Mai die erste größere Hitzewelle und zum anderen gab es mehrere Saharastaub -Ereignisse, die sich ungünstig auf die Schneedecke auswirkten. Dazu kam, dass der Winter 2021/22 in den Alpen sehr sonnig und schneearm war.
Damit war die schützende Schneedecke auf den Gletschern entsprechend dünn. Schon Mitte Juni waren im letzten Jahr viele nicht mehr vollständig durch eine Schneedecke geschützt und das Gletschereis war der kräftigen Sonne hilflos ausgeliefert. Der darauffolgende heiße und trockene Sommer 2022 gab den Gletschern dann den Rest!
Später Schnee brachte die Rettung
Und in diesem Jahr? Der letzte Winter war ebenfalls sehr schneearm und bis zum Frühjahr lag verbreitet unterdurchschnittlich wenig Schnee in den Alpen. Lag im Hochwinter also noch extrem wenig Schnee, so wuchs die Schneedecke im April und Mai dann doch noch deutlich.
Im Rahmen des österreichischen Gletscherbeobachtungsprogramms der GeoShere Austria (früher ZAMG) in Zusammenarbeit mit der Universität Wien werden jedes Jahr im Frühling die Gletscher am Hohen Sonnblick vermessen und so die Massenbilanz berechnet. Das laufende Gletscher- und Schneedeckenmonotoring ist Teil des Programms "Global Cryosphere Watch" der Weltorganisation für Meteorologie (WMO).
Der Hohe Sonnblick ist ein 3106 Meter hoher Berg des Alpenhauptkamms im Bundesland Salzburg an der Grenze zu Kärnten. Auf seinem Gipfel befindet sich das Observatorium Sonnblick, ein Forschungszentrum im Bereich Erdsystemwissenschaften mit klimarelevanten und umweltspezifischen Fragestellungen.
„Um den Massenzuwachs im vergangenen Winter zu berechnen, ermittelten wir am Gletscher an rund 450 Punkten die Schneehöhe mit Sonden und bestimmten an weiteren fünf Positionen in Schneeschächten die Schneedichte“, erklärt Anton Neureiter von der GeoSphere Austria. Dabei gab es insbesondere im Mai nochmal jede Menge Neuschnee in den Hochlagen der Alpen, denn am ersten Tag des Monats gab es in der Winterbilanz noch etwa 15 Prozent weniger Masse als zum Messzeitpunkt am 25. Mai 2023.
Ende gut, alles gut?
Das kühle und schneereiche Frühjahr führte somit verspätet noch zu einem Gewinn an Masse, die in etwa dem Durchschnitt der letzten Jahre entspricht. Doch für die langfristige Entwicklung der Gletscher in den Alpen ist die Witterung im Sommer wichtiger als im Winter.
Gelegentliche Kaltlufteinbrüche im Sommer mit einer frischen Schneedecke reflektieren die kräftigen Sonnenstrahlen zu fast 100 Prozent! Damit wird der Gletscher bis zu einer Woche vor dem Schmelzen geschützt. "Ein Gletscher ohne Neuschnee ist hingegen viel dunkler, nimmt daher viel Sonnenstrahlung auf und kann in einer Woche bis zu einem halben Meter Eisdicke verlieren“, so der Gletscherexperte Neureiter.
Und da sind die Aussichten für den Sommer im Moment alles andere als gut, wie auch der Trend für die fast 3000 Meter hohe Zugspitze zeigt. Auch auf dem mit knapp 3000 Meter höchstem Berg in Deutschland geht es bis auf weiteres relativ warm und bis auf gelegentliche Gewitter weitgehend trocken weiter. Ein für die Gletscher so wichtiger Kaltlufteinbruch ist nicht in Sicht!