Wilkins-Schelfeis: Ist die Stabilität der antarktischen Eisfläche bedroht?
Das Wilkins-Schelfeis ist eine Eisfläche im Westen der Antarktischen Halbinsel. Brachen bisher nur im Norden regelmäßig Eisberge ab, zeigen jüngste Satellitenbilder, dass nun auch die Südfront der Eismasse instabil zu werden droht.
Das NASA Earth Observatory veröffentlicht täglich aufschlussreiche Satellitenaufnahmen von der Erdoberfläche. Am 6. April wurden zwei Bilder des Wilkins-Eisschelfs gegenübergestellt, die deutlich die jahrestypischen Schmelzprozesse zeigen: Im Januar ist noch fast die gesamte Eisfläche vorhanden. Im März hingegen ist bereits ein beträchtlicher Teil der Eisdecke verschwunden.
Ein Eisschelf ist eine große Eisplatte, die mit der umgebenden Landmasse verbunden ist und von umliegenden Gletschern und Eisflüssen gespeist wird. Meistens ragt das Schelfeis einige Meter über den Meeresspiegel hinaus und bildet eine lange Eisfront an der Küste. Schelfeis hat eine Dicke von 100 bis 1000 Metern – im Gegensatz dazu ist Meereis mit 3 oder 4 Metern viel dünner.
Die Größe von Eisschelfen hat in den letzten Jahrzehnten aufgrund ihres Schmelzens und dem Abbrechen von Eisbergen stetig abgenommen – einige Eisschelfe sind sogar vollständig zerfallen. Auch das Wilkins-Eisschelf scheint bedroht zu sein.
Süden des Wilkins-Schelfeises wird zunehmend instabil
Das Wilkins-Schelfeis liegt im Westen der Antarktischen Halbinsel und ist direkt der Alexanderinsel vorgelagert. Seit den 1990er Jahren brechen im Norden der Eisfront regelmäßig Eisberge ab. Nach den Karten des U.S. Geological Survey zu urteilen, war die südliche Eisfront über die Zeit betrachtet relativ stabil, seit Kurzem lassen sich jedoch auch dort Anzeichen struktureller Schwächen feststellen.
Julie Miller, Forscherin an der University of Colorado Boulder.
Bei den Satellitenaufnahmen des MODIS (Moderate Resolution Imaging Spectroradiometer) handelt es sich um die Bilder vom 24. Januar und 15. März 2024. Zu beiden Zeiten ist eine Mischung aus Meereis und kleinen Eisbergen an der nördlichen Eisfront zu sehen. Auf dem Bild vom 15. März driftet ein Eisberg von der südlichen Eisfront weg. Ein dreieckiger Eiskeil, der in diesem Teil des Schelfs fehlt und den 7,4 Kilometer langen Berg hervorgebracht hat, treibt in der Bucht in der Nähe der Halbinsel Eroica.
Verluste an Schelfeis tragen nicht direkt zum Anstieg des Meeresspiegels bei, aber sie sind wichtige Indikatoren für den Klimawandel und halten den Verlust von Gletschereis im Landesinneren auf. Detailansichten zeigen feine Risse in der Eisoberfläche. Laut Christopher Shuman, Glaziologe am Goddard Space Flight Center der NASA, bildeten sich mehrere dieser Risse im Jahr 2022 etwa zur gleichen Zeit, als der Schelf den Kontakt zu einem unbenannten Eisvorsprung verlor.
Christopher Shuman, Glaziologe am Goddard Space Flight Center der NASA.
Der Rückgang des Eises beschleunigte sich an der südlichen Eisfront ab 2016, Julie Miller zufolge etwa 150 Quadratkilometer an Verlusten insgesamt. Schuld daran seien die jüngsten Rekordtemperaturen in der Luft sowie extreme Schmelzereignisse auf der Antarktischen Halbinsel.
Firn-Aquifer sorgt für Schneematsch
Wie luftgestützte Radar- und Bodenuntersuchungen zusammen mit Bohrkernen zeigen, enthält ein Großteil des Schelfs bereits eine meterdicke Schicht flüssigen Wassers. Dieser sogenannte Firn-Aquifer erstreckt sich über das gesamte Wilkins-Schelfeis, einschließlich dem Süden.
Julie Miller, University of Colorado Boulder.
Der Widerstand, der durch Eisvorsprünge und untergetauchte Hindernisse entsteht, reiche eventuell nicht mehr aus, um diesen "großen Matsch" noch viele Jahre intakt zu halten, so Christopher Shuman. Daher sei es in vielerlei Hinsicht erstaunlich, dass das Schelfeis immer noch da ist.
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Quelle:
NASA Earth Observatory: Veröffentlichung von Satellitenbildern der Erdoberfläche. Image of the Day, 6. April 2024.