Wie war das nochmal mit dem Klimawandel?

Es ist eine Herausforderung, gerade zum Beginn des neuen Jahres positive Meldungen zur Klimapolitik in Deutschland und der Welt zu schreiben, nachdem auch im Jahr 2024 die mediale Berichterstattung fast ausschließlich von negativen Schlagzeilen dominiert wurde.

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Der Klimawandel ist real und nimmer immer weiter an Fahrt auf.

In den vergangenen Jahren haben viele Menschen in Deutschland aufgrund der Vielzahl der Krisen in der Welt das Thema der Klimaveränderungen aus dem Blick verloren. Dies beginnt damit, dass sich die im Bundestag heute vertretenen Parteien zum Teil diametral uneinig über den Klimawandel und seine Bedeutung sind.

Die politische Landschaft

Für eine Partei, derzeit die Nummer Zwei in den Umfragen, gibt es den menschengemachten Klimawandel nicht. Eine neue Partei, die bereits in drei Landtagen den Einzug geschafft hat, hegt zumindest starke Zweifel an den Klimafolgen beziehungsweise an der Dimension der Klimaveränderungen.

Bei allen anderen Parteien gibt es keine generellen Zweifel am Klimawandel und dessen Auswirkungen. Allerdings sind die zeitlichen Korridore für die Gegenmaßnahmen sehr unterschiedlich. Zwei Parteien hoffen auf technologische Fortschritte anstelle von gesellschaftlichen oder wirtschaftlichen Veränderungen. Auch wird der Zeitraum, der uns für eine Umkehr noch zur Verfügung steht, von diesen Parteien im Gegensatz zur Klimawissenschaft wesentlich länger eingeschätzt.

Für die noch bestehende Restkoalition und eine kleine Oppositionspartei besteht sowohl bei den Kriterien „Zeit“ als auch bei den Maßnahmen im Kampf gegen die Klimaveränderungen große Einigkeit.

Schon allein diese großen Unterschiede im deutschen Parteienspektrum unterstreichen, warum wir in unserem Land beim Thema Klimawandel verunsichert sind.

Politische Gegenbewegungen sind temporär!

Die Erkenntnisse von mehr als 97 Prozent der Klimaforschung über die Entwicklung, die Auswirkungen und die direkten und indirekten Folgen des Klimawandels stehen fest. Die Positionen von klimaleugnenden Politikern werden sich durch die Dynamisierung der Klimafolgen zwangsläufig verändern. Verzögerungen mit dem Ziel einer zeitlichen Verschiebung des Erreichens von Klimaneutralität werden in den kommenden Jahren ihr Ende finden. Dies gilt auch für die Kriege der Welt, was den Fokus auf die Maßnahmen im Kampf gegen den Klimawandel neu ausrichtet.

Es ist aus heutiger Sicht unwahrscheinlich, dass wir das 1,5 Grad-Ziel des Klimakonferenz von Paris halten können. Unverändert im Fokus ist die heute bereits stattfindende, mittel- und langfristige und vor allen Dingen globale Umstellung der fossilintensiven Energiebereiche.

Positive Nachrichten zum Jahresende - und Jahresanfang

Auf der Welt wachsen Solar- und Windenergie mit zweistelligen Steigerungsraten. Sie ersetzen Kohle, Öl und Gas.

Die Elektromobilität setzt sich auf der ganzen Welt im Fahrzeugbereich durch, angetrieben von China und Indien. Große Batteriespeicher sind bereits in Betrieb oder werden in den nächstem 3-5 Jahre in Betrieb gehen. Der Ausbau der Stromnetze geht voran, wenn auch mit Verspätung. Grüner Wasserstoff wird in den nächsten 10-15 Jahren Erdgas zum Großteil ersetzen – und damit auch die Industriebereiche bei der notwendigen Transformation begleiten.

Mit China, Indien, den USA, Großbritannien und der EU27 haben die großen Emittenten von CO2 auch im Jahr 2024 alles versucht, um die Zielsetzung einer Reduzierung der CO2-Emissionen in ihren jeweiligen Ländern im Fokus zu behalten.

Höhepunkt der Treibhausgasemissionen erreicht?

Es wäre für die Menschen der Welt eine ermutigende Botschaft, wenn die Emissionen von Treibhausgasen im Jahr 2024 endgültig ihren Höhepunkt überschritten hätten. So könnte in den kommenden Jahrzehnten ein kontinuierlicher Rückgang der Emissionen stattfinden. Die Erderwärmung würde dann deutlich abflachen und sich bestenfalls zwischen 1,5°und 2° im Vergleich zum Zeitalter vor 1850 stabilisieren. In der Zeit nach 2050/2070 könnte sie allmählich wieder absinken.

Aber: dies ist nur bei vollständiger Dekarbonisierung möglich, also der weltweit kompletten Abkehr von fossilen Brennstoffen.

Und: es wird nur langsam wieder »kühler«, denn wenn es fast 200 Jahre gedauert hat, um die Erderwärmung auf das heutige Niveau zu steigern, wird es auch ähnlich lange dauern, sie wieder auf das Niveau der vorindustriellen Zeit zu reduzieren.

Paradigmenwechsel: gute Nachrichten für die kommenden Jahre

Für die Klimawissenschaft ist der Untergang der Erde kein wahrscheinliches Szenario. Das ist die gute Botschaft. Allerdings steht außer Frage, dass für viele Menschen der Erde schon heute in ihren Lebensumständen aufgrund des Klimawandels bereits große Veränderungen eingetreten sind. Dies wird sich in den kommenden Jahrzehnten fortsetzen, und zwar so lange, bis die Trendwende einer sinkenden Temperatur nachhaltig begonnen hat.

Der Begriff Veränderung wird in unserer Gesellschaft immer mit einem abnehmenden materiellen Wohlstand in Verbindung gebracht. Bedeutet aber das Wort »Veränderung« im Kern automatisch, dass alles schlechter wird? Oder geht nicht vielmehr aus dem Wort nur hervor, dass sich generell etwas verändert – und zwar wertneutral?

Sollen doch die andern!

Die meisten Menschen in unserem Land sind davon überzeugt, dass sie selbst schon genug für Klima-, Natur und Umweltschutz leisten. Nun wären endlich mal die anderen am Zug, also Politik und Wirtschaft, China, Indien, die USA, etc. Machen wir es uns mit dieser Einstellung zu leicht?

Viele von uns trennen Müll, vermeiden Plastik, kaufen im Biomarkt, nehmen immer wieder mal das Fahrrad für den Weg in die Arbeit, sparen Strom und essen weniger Fleisch. Allerdings stellt sich die Frage, ob wir damit auch automatisch auf unser Motorrad oder unser Cabrio im Sommer, unsere Urlaubsreisen in ferne Länder, auf Kreuzfahrtvergnügen oder auf „jedes Jahr ein neues Handy“ verzichten. Denn schließlich

kann man sich nicht komplett kasteien«.

Außerdem

…liegen die großen Hebel sowieso bei Wirtschaft und Politik.

Und ganz nebenbei

…machen auch unsere Nachbarn deutlich weniger als wir.

Aktuelle Umfrage von IPSOS

Eine aktuelle Auswertung des Meinungsforschungsinstituts IPSOS hat ergeben, dass mehr als dreiviertel der Befragten Deutschen überzeugt davon sind, dass die Welt auf eine Umweltkatastrophe zusteuern könnte. Gleichzeitig meint 61 %, dass sie persönlich schon genug täten »…um die Umwelt zu retten«. Diese Mehrheit der Befragten Menschen sieht demnach weniger sich selbst als die Wirtschaft und die Politik in der Pflicht. Auch andere Studien belegen, dass der eigene Klimaschutz für effektiv gehalten wird, die politischen Maßnahmen dagegen nicht.

Mülltrennen oder Stromsparen sind sinnvolle Maßnahmen. Allerdings sollte man bedenken, dass man im ganzen Leben nicht so viel Licht ausschalten kann, dass damit die Klima-Auswirkungen eines Überseeflugs wettgemacht werden.

Der Befragung nach sind 20 Prozent der Bevölkerung echte Enthusiasten, wenn es darum geht, nachhaltig zu leben. Die Mehrheit ist sich zwar der Bedeutung des Themas bewusst, will aber ihre Gewohnheiten und ihren Komfort nicht zu sehr einschränken. Kleine, klimafreundliche Handlungen erzeugten schnell ein gutes Gefühl. Außerdem lenken sie von der Herausforderung ab, sich mit dem äußerst komplexen Gesamtthema der Klimafragen zu beschäftigen.

Realität trifft auf Wunschdenken

Vielen von uns sprechen von der »…Zukunft unserer Kinder« im Zusammenhang mit den Folgen der Erderwärmung. Wie passen dazu die im Stand laufenden Motoren im Sommer und Winter zur Kühlung bzw. Vorheizung unserer Fahrzeuge? Welche CO2-Emissionen entstehen durch Elterntaxis?

Der Einfluss der persönlichen Lebensweise ist im globalen Kontext sehr gering. Unterschätzt wird allerdings die Dimension der Handlung von vielen Menschen. Wenn wir es also schaffen, weltweit als Gesellschaft durch unser Handeln eine nachhaltige, umwelt- und klimafreundliche Lebensweise in allen Bereichen unseres Lebens umzusetzen, kann diese Dynamik mehr bewirken als der von uns oft fehlende politische Willen oder das fehlende Interesse der Wirtschaft.

Die Politik lebt vom Wahlvolk. Die Wirtschaft lebt von Konsumenten. Wenn beide Bereiche spüren, dass sich die Gesellschaft insgesamt – und nur das ist zielführend – verändert, verändern sich auch Wirtschaft und Politik.

Wenn wir Menschen überwiegend in unserer näheren Umgebung Urlaub machen, mehr Bahn fahren, auf Ökostrom umstellen, keine Lebensmittel verschwenden, mehr reparieren und selber machen und nur Dinge kaufen (auch gebraucht), die man wirklich braucht, können sich Veränderungen ihren Weg bahnen. Dazu gehört auch, Rabatt- und Sonderpreisaktionen von Überflussartikeln zu widerstehen.

Dies führt uns zurück zum Begriff der Veränderung. Sind all die oben genannten Beispiele mit einer Verschlechterung unserer Lebensweise verbunden? Oder bedeuten sie nicht einfach, dass wir auch anders gut leben können?

Dies ist mein Neujahreswunsch an die Leserinnen und Leser unserer Artikel auf www.daswetter.com:

Ich wünsche Ihnen allen ein Jahr der positiven Veränderungen.