Wie der Ozean künftig unsere Ernährung sichern kann: Darum sind aquatische Lebensmittel laut UNESCO-Bericht notwendig

Aquatische Lebensmittel stellen in vielen Gegenden der Welt eine zentrale Säule der Ernährungsversorgung dar. Gleichzeitig sichern sie Beschäftigung und sorgen für Wirtschaftswachstum und soziale Entwicklung. Damit können aquatische Lebensmittel einen wertvollen Beitrag zur weltweiten Ernährungssicherheit der Zukunft leisten.

Zu den aquatischen Lebensmitteln gehören Wassertiere, Algen und Muscheln. Bild: Unsplash

In den kommenden 25 Jahren wird die Weltbevölkerung voraussichtlich auf 9 Milliarden Menschen anwachsen. Dadurch gewinnen Meeresfrüchte und aquatische Lebensmittel zunehmend an Aufmerksamkeit, was die Ernährungssicherheit anbelangt. Dem jüngsten State of the Ocean Report 2024 der UNESCO zufolge ist der Pro-Kopf-Verbrauch von aquatischen Lebensmitteln im letzten Jahrzehnt doppelt so schnell gestiegen wie das Bevölkerungswachstum.

Zu den aquatischen Lebensmitteln gehören Wassertiere, Muscheln und Algen. Durch die Fangfischerei werden vor allem Wassertiere wie Fische oder Oktopus gefangen, wohingegen in Aquakultur Organismen wie Fische, Algen und Muscheln gezüchtet werden.

Ein großer Vorteil etwa ist, dass Meeresfrüchte nicht nur als wertvolle Proteinquelle dienen, sondern auch als wichtige Nährstoffquelle beispielsweise für Vitamin B12 oder Omega-3-Fettsäuren dienen. Außerdem wirken sich Meeresfrüchte, die via Aquakultur erzeugt werden wie Muscheln und Algen, oft weniger schädlich auf die Umwelt aus als vergleichbare Lebensmittel terrestrischen Ursprungs.

Fischerei und Aquakultur im Binnenland und im Meer. Bild: UNESCO

Die Fischerei- und Aquakulturproduktion wächst weiter und wird im Jahr 2021 einen Rekordwert von 218 Millionen Tonnen erreichen – davon 182 Millionen Tonnen Wassertiere und 36 Millionen Tonnen Algen. Während 88 % der Fangfischerei aus Meeresgewässern stammt, finden fast 62 % der Aquakultur (ohne Algen) im Binnenland statt.

Nach den neuesten Informationen der Food and Agriculture Organization (FAO) erreichte die Produktion von aquatischen Nahrungsmitteln im Jahr 2021 eine Rekordmenge von 161 Millionen Tonnen, davon 94 Millionen Tonnen aus der Fischerei und der Aquakultur in Meeresgebieten, wenn man nur Wassertiere berücksichtigt.

Die Produktion führt zu einem Pro-Kopf-Verbrauch an aquatischen Nahrungsmitteln von 20,4 kg/Jahr im Jahr 2021, mehr als das Doppelte des Pro-Kopf-Verbrauchs aus dem Jahr 1960.

Dabei ist die Produktion jedoch nicht ausschließlich für den menschlichen Verzehr bestimmt: Ungefähr 20 Millionen Tonnen aus der Fangfischerei wurden durchschnittlich im Zeitraum 2010 bis 2021 als Tierfutter verwendet, sowohl in der Aquakultur selbst, aber auch in der Schweine- und Geflügelzucht. Auch bei Nahrungsergänzungsmitteln und anderen Verwendungen in der Lebensmittelindustrie kommen aquatische Lebensmittel zum Einsatz.

Gegen Nährstoffmangel, Unterernährung und Übergewicht

Als Ernährungslösung werden aquatische Lebensmittel oft auf ihren Proteinbeitrag reduziert. Doch ändert sich diese Wahrnehmung allmählich und es wird zunehmend das Potenzial erkannt, die „dreifache Last der Mangelernährung“ (UN) – Mikronährstoffmangel, Unterernährung sowie Übergewicht – zu bekämpfen. Auch bei der Bekämpfung von Mangelerscheinungen spielen aquatische Lebensmittel eine zentrale Rolle, insbesondere für vulnerable Bevölkerungsgruppen wie kleine Kinder, ältere Menschen und Frauen im gebärfähigen Alter.

Besonders hinsichtlich der wachsenden Weltbevölkerung in Zeiten des Klimawandels sind aquatische Lebensmittel vielversprechend.

Ein wesentlicher Vorteil ist, dass die aquatische Produktionssysteme im Vergleich zu terrestrischen Nahrungsmittelsystemen tierischer Herkunft einen geringeren ökologischen Fußabdruck haben, insbesondere nicht gefütterte Aquakulturen wie Muscheln und Meeresalgen. Die aquatische Nahrungsmittelproduktion weist durchschnittlich auch geringere Treibhausgas-, Stickstoff- und Phosphoremissionen auf und erfordert einen begrenzten (oder gar keinen) Einsatz von Süßwasser und Land.

Meeresfrüchte wie Muscheln und Algen haben eine bessere Umweltbilanz als tierische an Land erzeugte Produkte. Bild: Pixabay

Aquatische Lebensmittel spielen in bestimmten Regionen der Welt eine essenzielle Rolle. Beispielsweise werden in vielen kleinen Inselentwicklungsstaaten (SIDS) wie die Malediven, Kiribati, Antigua und Barbuda deutlich mehr aquatische Lebensmittel verzehrt, wodurch eine hohe Abhängigkeit von diesem Sektor deutlich wird. Demnach gehören nachhaltige Fischerei und Aquakultur zu den wichtigsten Bausteinen einer nachhaltigen meeresbasierten Wirtschaft in SIDS, wie es im SAMOA Pathway der UN dargelegt ist.

Darüber hinaus ist die Kleinfischerei in vielen Ländern mit niedrigem Einkommen und Nahrungsmitteldefizit der wichtigste Produzent von aquatischen Nahrungsmitteln. Sie macht schätzungsweise 40 % der weltweiten Fischereifänge aus und sichert den Lebensunterhalt von etwa 500 Millionen Menschen weltweit. Fast die Hälfte dieser Fischer ist in der Subsistenzfischerei tätig, was zeigt, wie wichtig das Sicherheitsnetz ist, das der Sektor vielen Menschen bietet, und wie wichtig eine nachhaltige Kleinfischerei hinsichtlich Ernährungssicherheit und Armutsbekämpfung ist.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass aquatische Lebensmittel zur Bewältigung der ernährungsspezifischen, sozialen und ökologischen Herausforderungen des Ernährungssystems der Zukunft beitragen könnten.

So hat die FAO etwa einen Fahrplan zu einer Blue Transformation vorgestellt, in welchem Strategien vorgestellt werden, wie das gelingen kann, auf Ebene von Regierungen, zwischenstaatlichen Organisationen, des Privatsektors und der Zivilgesellschaft. Ziel ist es, die Aquakultur nachhaltig auszubauen, insbesondere in Regionen mit Nahrungsmitteldefiziten, und sicherzustellen, dass alle Fangfischereien effektiv bewirtschaftet werden. Auch die Wertschöpfungsketten für aquatische Lebensmittel müssen entwickelt sowie Verluste und Abfälle reduziert werden. Der Zugang zu den Märkten muss erleichtert werden, insbesondere für kleine Erzeuger.