WHO und UN: Wie kann das Recht auf Gesundheit in Zeiten von Kriegen, Klimawandel und Katastrophen gewahrt werden?
Das Recht auf Gesundheit ist ein Menschenrecht. Doch in Zeiten von Klimakatastrophen, Kriegen und Katastrophen leiden Sicherheit und Gesundheit der Menschen am meisten. Wie könnte eine Lösung für das Problem aussehen?
Die Länder, die am wenigsten zum Klimawandel beitragen, wie Somalia, Äthiopien und Afghanistan, leiden am meisten unter seinen Folgen. Auch sind es oft Unbeteiligte – Kinder, Frauen, Alte und Kranke –, die am ehesten Opfer kriegerischer Auseinandersetzungen werden. Dabei steht immer die Frage im Raum: Kann das (Menschen-)Recht auf Gesundheit gewahrt werden in einer Welt, die geprägt ist von Unruhen, Krieg und den Folgen des Klimawandels?
Anlässlich des gemeinsamen 75. Jubiläums der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und der Gründung der Weltgesundheitsorganisation fand letzte Woche am 8. April ein hochrangiger Dialog zwischen WHO und United Nations statt, zwischen Dr. Tedros Adhanom Ghebreyesus, dem WHO-Generaldirektor, und Volker Türk, dem UN-Hochkommissar für Menschenrechte, unter der Moderatorin von Stephanie Nebehay, einer langjährigen Reuters-Journalistin, und tätig für Geneva Observer. Darin ging es um die Frage, ob und wie die Menschenrechte im Gesundheitsbereich auch in schweren Notlagen gewahrt werden können.
Kriege widersprechen den Menschenrechten
In Kriegen seien drei Aspekte des Gesundheitssystems besonders belastet, so Dr. Tedros, Generaldirektor der WHO, nämlich Gesundheitseinrichtungen, medizinisches Personal sowie die Bevölkerung als Ganzes. Gesundheitseinrichtungen etwa haben im Krieg nicht nur mit Versorgungsengpässen und infrastrukturellen Problemen zu kämpfen. Sie stehen oft selbst unter Beschuss. Medizinisches Personal wiederum kommt schnell an seine körperliche und psychische Belastungsgrenze. Auch der Tod von Medizinern und Pflegekräften während des Krieges sei üblich, erläutert der WHO-Direktor.
Dr. Tedros, WHO-Generaldirektor.
Dazu komme die allgemein schlechte medizinische Verfassung innerhalb der Bevölkerung. Kriegsverletzungen und Krankheiten können nicht oder nur unzureichend behandelt werden. Auch führen Konflikte oft zu Vertreibung. Die höchste Vertreibungsrate weltweit etwa verzeichnet der Sudan mit acht Millionen Menschen.
Der Klimawandel bedroht Sicherheit und Gesundheit
Neben den Kriegen stellt im 21. Jahrhundert der Klimawandel eine der größten Bedrohungen für die Gesundheit dar. Dabei sind es weltweit etwa zwanzig Länder, die am meisten die Last von Klimawandelfolgen und insbesondere Extremwettereignissen zu tragen haben, darunter Somalia, Äthiopien und Afghanistan.
Dr. Tedros, WHO-Generaldirektor.
Die WHO unterscheidet drei Arten von Gesundheitsrisiken hinsichtlich des Klimawandels: vulnerable Personengruppen, direkte Klimawandelfolgen und allgemeine Rahmenbedingungen. Vulnerable Menschengruppen sind etwa Kinder, Neugeborene, alte Menschen, Schwangere, Frauen, Kranke, arme Menschen, Menschen in Gegenden mit unzureichender medizinischer Versorgung.
Klimabedingte Notstände sind Extremwetterereignisse, große Hitze, der Anstieg des Meeresspiegels, Luftverschmutzung, Wasserknappheit und Probleme bei der Lebensmittelproduktion. Allgemeine Bedingungen hingegen umfassen die Wasser- und Stromversorgung, Gesundheitssystem und Lebensmittelversorgung.
Wenn diese Faktoren zusammenkommen, werden bestimmte Krankheiten begünstigt und breiten sich schneller aus. Neben Verletzungen und erhöhter Sterblichkeit durch Extremwetterereignisse zählen auch allgemeine Krankheiten der Atemwege oder des Herz-Kreislauf-Systems dazu. Weiterhin können Notlagen wasserbedingte Krankheiten wie Cholera, Zoonosen oder vektorübertragbare Krankheiten wie Malaria oder das Dengue-Fieber fördern.
Ungleichheiten beseitigen durch Universal Health Coverage
Die ungleiche Behandlung oder Verweigerung einer medizinischen Behandlung ist ebenfalls üblich, insbesondere wenn die nötigen finanziellen Mittel nicht vorhanden sind. Zwar seien es 140 Länder, die das Recht auf Gesundheit in ihren Verfassungen verankert haben – was auch wichtig ist, denn das Recht auf Gesundheit sollte als grundlegendes Menschenrecht behandelt werden.
Volker Türk, UN-Hochkommissar für Menschenrechte.
Doch immer noch die Hälfte der Weltbevölkerung hat keinen Zugang zu medizinischer Versorgung, merkt Tedros an. Daher werde es in vielen Ländern der Welt – auch in High-Income-Ländern – zu Fällen kommen, wo die nötige medizinische Versorgung durch fehlende finanzielle Mittel nicht geleistet werden kann.
Universal Health Coverage oder Health for All sei eine politische Entscheidung, erklärt der WHO-Direktor. Abgesehen von Hightech-Behandlungen sei es in allen medizinischen Bereichen möglich, kostenlose Leistungen anzubieten. Das betreffe vor allem die Basisbehandlungen und Vorsorge von Kindern und Müttern, die sich relativ einfach durch gute Finanzierungsmodelle umsetzen ließen, selbst in Low-Income-Ländern.
Daher sollte man eine Universal Health Coverage als Mittel zur zivilisatorischen Weiterentwicklung begreifen – als ein Investment und nicht als Kosten. Denn wenn man Gesundheit und Bildung in der Gesellschaft verankern kann, könne man auch davon ausgehen, dass die Gesellschaft leistungsfähig bleibt.