Von Dunkelflauten und Blackouts
Immer wieder berichten Medien je nach Stimmungslage über die Gefahren von Dunkelflauten in Deutschland. Hintergrund ist die Tatsache, dass unsere Stromerzeugung überwiegend regenerativ erzeugt wird. Droht bei Ausfall von Sonnen- und Windstrom tatsächlich ein Kollaps?
Am 6. November 2024 war es wieder einmal so weit: In Deutschland herrschte eine fast vollständige Windflaute und die Sonne versteckte sich hinter dichten Wolkendecken. Beide Szenarien stellen zusammengenommen eine Dunkelflaute dar, bei der also weder ausreichend Windstrom noch ausreichend Solarstrom durch die Stromnetze geleitet wird.
Wie auch bei vorherigen Dunkelflauten gab es keinen Stromausfall. Alarmisten in der Bevölkerung fragen immer wieder, was denn genau passiert, wenn es in Zukunft häufigere Dunkelflauten gäbe? Dahinter steht die Befürchtung, dass unser Stromnetz nicht dafür konzipiert sei, um einen Blackout, d.h. einen Zusammenbruch der Stromversorgung auszuschließen, wenn Wind und Sonne schwächeln.
Sonne und Wind schwanken
Erstaunlicherweise gibt es nur wenig Berichterstattung, wenn wir in Deutschland sowohl die Windkraft als auch die Solar-Energieproduktion aufgrund von zu viel Wind und zu viel Sonne abregeln. In diesem Fall werden nicht nur konventionelle Kohle- und Gaskraftwerke heruntergefahren, sondern auch ganze Windparks oder auch nur einzelne Windräder vom Netz genommen. Das passiert auch bei großen PV-Anlagen. Grund für diese Eingriffe ist die Tatsache, dass unsere Stromnetze nicht mit ausreichend Speicherkapazitäten, also Batteriespeichern, ausgestattet sind, um diese Überschüsse aufzufangen.
Es gibt eine große Spanne zwischen sehr guten und sehr schlechten Tagen für die Regenerativen. Ein Beispiel dafür war der 6. Februar 2024, ein Tag mit sehr viel Wind und einer blassen Februarsonne. Windkraftanlagen lieferten den ganzen Tag sehr viel Strom. Hinzu kamen die Photovoltaikanlagen in den noch wenigen Sonnenstunden. Die Erneuerbaren waren an diesem Tag für mehr als 70 Prozent des erzeugten Stroms verantwortlich.
Lassen Wind und Sonne, aber nach, läuten sofort die Alarmglocken auf allen medialen Kanälen. Wie am schon erwähnten 6. November. Der Tag war wolkenverhangen und neblig. Kaum ein Sonnenstrahl erreichte die Solarfelder. Hinzu kam eine fast komplette Windflaute, und zwar nicht nur an Land, sondern auch auf See. Die meisten Windräder standen an diesem Tag fast komplett still. Die Windkraft war an diesem Tag nur zu 0,5 Prozent an der Stromerzeugung beteiligt, also so gut wie gar nicht.
Von Reserven und Importen
Eigentlich wäre der 6. November ein perfekter Tag für einen großflächigen Stromausfall, also den befürchteten Black-out gewesen. Warum verlief dieser Tag trotzdem völlig normal für die privaten und industriellen Verbraucher?
Entscheidend für die Voraussetzungen ist die gesamte Stabilität unseres Stromnetzes. Dieses ist darauf ausgelegt, dass Erzeugung und Verbrauch immer in einem weitgehenden Gleichgewicht sein müssen, damit es keine Ausfälle im Netz gibt.
Wenn also Wind und Sonne tageweise ausfallen, muss der Strom an diesen Tagen aus anderen Quellen kommen. Unser Land ist Teil des europäischen Stromnetzes. An den Tagen, an denen Wind und Sonne nicht die notwendige Stromlast liefern können, muss also zunächst mehr Strom aus den anderen europäischen Ländern importiert werden. Dies ist ein völlig normaler Vorgang, der auch am 6. November sowie an den Tagen davor und danach stattfand.
Der umgekehrte Fall tritt übrigens genauso häufig auf. Wenn wir zu viel regenerativen Strom produzieren, werden Überschüsse in unsere Nachbarländer exportiert. Aus diesen beiden Vorgängen ergibt sich der Import oder Exportsaldo. Im Jahr 2024 gab es einen Importsaldo von 24,9 Terrawattstunden (TWh).
Neben dem Rückgriff auf Import Strom bei Tagen ohne oder nur mit wenig Sonne und Wind wird in unserem Land auf die ausreichend vorhandenen Flexibilitäten zurückgegriffen. Viele konventionelle Kraftwerke liefern nur bei Bedarf Strom.
Dabei handelt es sich vor allen Dingen um sehr schnell zuschaltbare Gaskraftwerke, die derzeit noch mit Erdgas betrieben werden. Darüber hinaus werden auch Kohle- und Ölkraftwerke zugeschaltet. All diese Kraftwerktypen auf der Basis fossiler Brennstoffe hatten in den Tagen um den 6. November 2024 etwa doppelt so viel Strom produziert wie gewöhnlich.
Die Stabilität des Stromnetzes ist also an Tagen der Dunkelflaute nicht in Gefahr!
Die Strompreise: das Hauptproblem
Es gibt allerdings dennoch eine spürbare Auswirkung, wenn eine Dunkelflaute herrscht. Nach den Gesetzen des Marktes von Angebot und Nachfrage ist das Angebot relativ begrenzt und die Nachfrage in der Regel unverändert hoch.
Die Auswirkungen erkennt man an einer kurzfristigen, sehr deutlichen Erhöhung der Strompreise in den sogenannten Day-Ahead-Auktionen in die Höhe. Durch die plötzliche Abhängigkeit von Importen oder Stromerzeugung aus fossilen Energiequellen, die mit höheren Betriebskosten arbeiten, steigen die Gebote für Stromlieferungen an solchen Tagen.
Dies war auch am 6. November der Fall, wo im Tagesdurchschnitt 231 Euro je Megawattstunde gezahlt wurden, und damit mehr als doppelt so hoch wie an „normalen“ Tagen.
Von diesen Schwankungen besonders betroffen sind energieintensive Industrien, bzw. alle Verbraucher mit dynamischen Stromtarifen.
Sollten Dunkelflauten längere Perioden für wenig Solar- und Windstrom auslösen, könnten auf alle Verbraucher höhere Strompreise zukommen. Versorger geben höhere Kosten, dies mittel- und langfristig auftreten, in aller Regel an die Endverbraucher weiter, allerdings nicht aufgrund sprunghafter, also sporadischer Schwankungen wie in Day-Ahead-Auktionen.
Was hilft bei zukünftigen Dunkelflauten?
Langfristig stellen häufige Dunkelflauten eine Herausforderung für die Energiewende dar. Bereits im vergangenen Herbst hat sich eine Expertenrunde zu dem Lösungsoptionen ausgetauscht. Einig waren sich die Forscher darin, dass es kein Allheilmittel geben wird.
Die genannten Lösungsansätze beinhalteten den Netzausbau, Zubau von neuen Kraftwerken, die intelligente Vernetzung von Energiespeichern, auch aus dem privaten Bereich, sowie vor allen Dingen einen deutlichen Zubau von Großspeichern als Puffersysteme im Stromnetz.
Ich werde in einem meiner nächsten Artikel das Thema der großen Batteriespeicher zusammenfassen. Sie sind möglicherweise nicht DER Königsweg aus der Problematik von Dunkelflauten und Stromüberschüssen, gelten aber international als vielversprechendste Option für Lösungen der Schwankungen durch Sonnen- und Windstrom.