Dieser Sommer ist ein Alptraum für die Gletscher!

Die Vorzeichen waren schon zum Ende des Frühjahrs mehr schlecht als recht. Aber der extrem warme und trockene Sommer in diesem Jahr hat den Gletschern in den Alpen enorm zugesetzt. Noch vor dem Sommerende steht fest, dass viele Gletscher beim Schmelzen neue Negativrekorde erreichen werden!

Gletscher
In diesem Sommer ist die Gletscherschmelze besonders dramatisch

Vor gut zwei Monaten habe ich in einem Artikel schon auf die besonders schlechten Vorzeichen für die Alpengletscher in diesem Jahr hingewiesen. Der Winter und das Frühjahr waren extrem schneearm und die schützende Schneedecke auf den Gletschern entsprechend dünn. Doch entscheidend für die Gesamtbilanz ist insbesondere auch der Sommer. Und der gab den Gletschern den Rest!

Deutsche Gletscher liegen im Sterben

Die ohnehin im Sterben liegenden deutschen Alpengletscher leiden derzeit unter einer Extremschmelze. Laut dem Glaziologen Olaf Eisen vom Alfred-Wegener-Institut, dem Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung, wird das Jahr 2022 als ein Rekordjahr eingehen. Dabei sei nur noch die Frage: "Wie viel schlimmer wird es als im bisherigen Rekordjahr 2003?“

Noch gibt es fünf Gletscher in Deutschland, die alle in Bayern liegen. Der nördliche und südliche Schneeferner, sowie der Höllentalferner liegen alle auf dem Zugspitzmassiv. Hinzu kommen das Blaueis und der Watzmanngletscher in den Berchtesgadener Alpen. Im vergangenen Jahr korrigierten Experten die Prognose für die deutschen Gletscher von 30 auf nur noch 10 Jahre! Doch jetzt könnte es sogar noch schneller gehen!

Als erstes wird wohl der südliche Schneeferner dran glauben! "Es könnte sogar sein, dass der zum Ende des Jahres schon Vergangenheit ist, da ist fast nichts mehr da“, schildert Christoph Mayer von der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Laut Mayer ist die Schmelze in diesem Jahr rund 50 Prozent stärker als in einem Durchschnittsjahr.

Der heiße und trockene Sommer war Gift für die Gletscher! Dazu fehlten in diesem Jahr die so wichtigen Kaltlufteinbrüche im Hochgebirge fast vollständig. Schneefälle sind im Sommer besonders relevant, da sie das Eis des Gletschers durch die schützende Schneedecke für Tage oder sogar wenige Wochen vor einem weiteren Abschmelzen schützen.

Negativrekorde auch in Österreich und der Schweiz

Auch in Österreich schmelzen die Gletscher im Rekordtempo. Auch hier folgte auf den schneearmen Winter ein trockenes Frühjahr. Der diesjährige Sommer zählt zu den wärmsten seit Messbeginn. Auf dem Hohen Sonnblick (3109m) lag die Temperatur im meteorologischen Sommer (Juni, Juli, August) bei 4,5 Grad und damit 3,5 Grad höher als im Referenzzeitraum von 1961-1990 (1,0 Grad).

Zudem lag auf dem Sonnblick schon am 6. Juli kein Schnee mehr. Das ist einsamer Rekord seit dem Messbeginn 1938. Der bisherige früheste Termin ohne Schneedecke war der 13. August 1963 und 2003. Im vergangenen Jahrhundert war noch jede zweite Sommernacht in dieser Höhe frostig, in diesem Jahr nur noch jede vierte. Selbst dort auf über 3000m stieg die Temperatur bis auf 14,1 Grad.

Fast überall in den Alpen ist die Schmelze sechs bis acht Wochen weiter fortgeschritten als üblich. Das bedeutet, dass wir einen Zustand haben, wie wir ihn eigentlich erst zum Ende kurz vor den ersten Schneefällen im Gebirge haben. Am Gepatschferner in den Ötztaler Alpen in Tirol ist unlängst eine 500 Jahre alte mumifizierte Gämse freigelegt und gefunden worden.

Dramatisch ist die Lage auch in der Schweiz. Die heiße und trockene Witterung hat bei vielen Gletschern schon jetzt frühere Rekorde gebrochen. Der Schweizer Glaziologe Matthias Huss betont, dass diese rasante Schmelze mit natürlicher Schwankung nichts mehr zu tun habe. Wie extrem die Abweichung ist, zeigt die Abbildung mit der roten Linie für das Jahr 2022, fernab jeder natürlichen Variabilität.

Die Folgen schwindender Alpengletscher sind nicht nur für Bergsteiger aufgrund zunehmender Felsstürze relevant. Sie sind unter anderem riesige Wasserspeicher und gelten im Sommer als wichtiger Wasserlieferant auch für große Flüsse wie Rhein, Donau, Po und Rhone. Gerade in extrem trockenen Sommern wie diesen erhalten sie mit ihrem Wasser eine wichtige Ausgleichsfunktion. Einen Vorgeschmack auf derartige Probleme zeigt das extreme Niedrigwasser des Rheins, aber auch anderer Flüsse, in diesem Jahr! Aufgrund des fortschreitenden Klimawandels ist es allerdings nur noch eine Frage der Zeit, bis die Gletscher der Alpen verschwunden sind!