Schneechaos auf der A52: Unfälle durch seltenen Industrieschnee bei Recklinghausen
Am Sonntagabend kam es auf der A52 in Recklinghausen zu mehreren Unfällen, als plötzlich Schnee auftauchte. Autofahrer, die mit einer trockenen Strecke rechneten, gerieten ins Schleudern und kollidierten. Die Polizei forderte sofort den Winterdienst an, um die Gefahr zu beseitigen und die Straßen zu räumen.
Am vergangenen Wochenende sorgte ein außergewöhnliches Wetterphänomen für erstaunte Bürger in Recklinghausen und Umgebung. Trotz der Vorhersage des Deutschen Wetterdienstes (DWD), wonach es trocken bleiben sollte, meldeten sich immer wieder Anwohner, die Schnee auf den Straßen entdeckten.
Doch dieser Schnee war kein normaler Niederschlag – es handelte sich um Industrieschnee, ein seltenes und wenig bekanntes Phänomen, das in speziellen Wetterlagen auftreten kann.
Was ist Industrieschnee?
Laut dem DWD und Experten aus dem Industriepark Höchst entsteht Industrieschnee unter besonderen atmosphärischen Bedingungen. Dieser Schnee bildet sich, wenn Industrieanlagen – insbesondere durch die Abgabe von Wasserdampf und Aerosolen aus Kühltürmen – Feuchtigkeit in die kalte Luftschicht abgeben.
Unter den richtigen Bedingungen, wie einer Inversionswetterlage (bei der kalte Luft am Boden liegt und darüber wärmeres Luftmassen stehen), kann der Feuchtigkeitsgehalt der Luft so hoch werden, dass er als Schnee auskondensiert:
Besonders typisch für Industrieschnee ist, dass er vor allem in den Morgenstunden auftritt und dort für gefährliche Straßenglätte sorgen kann, was in Recklinghausen der Fall war.
Ist Industrieschnee gefährlich? |
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Industrieschnee kann je nach Herkunft der Wasserdampf-Emissionen mit Schadstoffen belastet sein, da sich Staubpartikel an die Wassertröpfchen der Kondensationswolken anlagern. |
Obwohl er mehr Schadstoffe enthalten kann als normaler Schnee, ist Industrieschnee jedoch nicht gefährlich. |
DWD warnt vor Glätte
Der DWD hatte bereits im Vorfeld vor den Wetterbedingungen gewarnt, die für das Entstehen von Industrieschnee verantwortlich sind. Eine stabile Hochdruckwetterlage, gepaart mit einer starken Inversion, sorgt dafür, dass sich Feuchtigkeit, etwa aus Industrieanlagen oder städtischen Wärmequellen, in der kalten Luft absetzt und gefriert.
Die Meteorologen hatten vorab darauf hingewiesen, dass es in Regionen mit Industrieanlagen – wie etwa Recklinghausen – zu diesem Phänomen kommen könnte.
Industrieanlagen als „Wettermaschinen“
Industrieschnee ist nicht nur in Recklinghausen ein Phänomen, das durch lokale Industrieeinflüsse entsteht. Auch der Industriepark Höchst bei Frankfurt ist ein bekanntes Beispiel für diesen „Kunstschnee“.
Dr. Jürgen Nam, Emissionsbeauftragter des Industrieparks, erklärte, dass die großen Rückkühlwerke der Industrieanlagen hier regelmäßig Wasserdampf in die Atmosphäre abgeben. In Verbindung mit der kalten Luft und den stabilen Wetterbedingungen kann dieser Wasserdampf zu Schnee kondensieren:
Schnee in Großstädten durch Wärmequellen
Industrieschnee ist nicht nur auf Industriegebiete beschränkt. Auch in städtischen Gebieten, wie im Ballungsraum Frankfurt, kann der Effekt durch Wärmequellen wie Klimaanlagen und Heizungen ausgelöst werden.
Diese zusätzlichen Wärmequellen erzeugen ebenfalls Feuchtigkeit in der Luft, die unter den richtigen Bedingungen zu Schnee führen kann. In der aktuellen Wintersaison trat dieses Phänomen auch in den städtischen Gebieten Frankfurts auf, als in der Innenstadt Schnee fiel, während es in den nahegelegenen Vororten trocken blieb.
Ein seltenes und faszinierendes Phänomen
Die Kombination von Industrieemissionen, Wetterlagen wie einer Inversion und lokal erzeugtem Wasserdampf kann zu diesem seltenen Schnee führen. Der DWD und Experten wie Dr. Nam vom Industriepark Höchst erklären, dass solche Phänomene durch die menschlichen Aktivitäten in Industriegebieten beeinflusst werden und nicht einfach zu prognostizieren sind.
Für die Bürger von Recklinghausen und der Umgebung bleibt es ein kurioses Ereignis, das gleichzeitig auch für gefährliche Straßenglättesorgte.
Quellen
Industriepark Höechst: Was ist Industrieschnee?