Potential für heftige Unwetter im Herbst durch das warme Mittelmeer. Meteorologe Markus Köss erklärt die Hintergründe.

Im Herbst ist traditionell die Gewitter- und Unwettersaison rund um das Mittelmeer. Durch das in diesem Jahr wieder viel zu warme Mittelmeer, ist bei passender Wetterlage das Potential für noch extremerer Regenmengen und schwererer Unwetter deutlich erhöht. Warum ist dem so und welche Rolle spielt der Klimawandel?

Unwetter
Im Herbst ist die Gefahr schwerer Unwetter mit Sturzfluten am Mittelmeer am größten

Viele Menschen wollen in den Herbstferien nochmal als Mittelmeer, um vor dem trüben Winter nochmal den Sommer zu genießen. In der Tat sind sowohl die Luft-, als auch die Wassertemperaturen im Herbst noch sommerlich warm. In diesem Sommer war das Mittelmeer wieder rekordwarm.

Doch stabil ist das Wetter im Herbst rund um das Mittelmeer in der Regel nicht mehr. Es ist ganz normal, dass um diese Zeit die Tiefdrucktätigkeit in dieser Region zunimmt. Heftige Gewitter mit Starkregen sind dann neben sonnigen Phasen immer wieder mal möglich. Steigende Wassertemperaturen führen dabei bei entsprechender Wetterlage zu noch extremeren Regenmengen!

Gewittersaison am Mittelmeer im Herbst

Bei uns in Mitteleuropa ist die Gewittersaison in der Regel von Mai bis August, sprich vom späten Frühjahr an und in den Sommermonaten. Im Mittelmeerraum fällt die gewitterreichste Zeit hingegen in den Herbst, während der Sommer von meist stabilem Hochdruckwetter geprägt ist.

Im Sommer verlaufen die Frontensysteme mit der Verlagerung des Jetstreams relativ weit nach Norden, so dass die Mittelmeerregion im Einflussbereich eines subtropischen Hochdruckgebietes liegt. Die Folge ist in der Regel stabil sonniges und sehr warmes bis heißes Hochsommerwetter, bis auf vereinzelte Hitzegewitter.

Längere Regenphasen kommen dort in den Sommermonaten praktisch nicht vor, weswegen so viele Menschen ihre Sommerferien gerne am Mittelmeer verbringen. Das Mittelmeer selbst wirkt dabei zunächst zusätzlich stabilisierend, da es im Sommer im Vergleich zu den aufgeheizten Landflächen noch vergleichsweise "kühl" ist und erst auf "Betriebstemperatur" gebracht werden muss.

Im Herbst aber verlagert sich der Jetstream langsam wieder weiter südwärts, wodurch die Ausläufer des subtropischen Hochdruckgürtels nach Nordafrika abgedrängt werden. Die Tiefdrucktätigkeit nimmt zu und in Verbindung mit den hohen Wassertemperaturen wird auch die Luftschichtung zunehmend labil, die ideale Bedingung für Gewitter und kräftige Regenfälle.

Die richtige "explosive Mischung" entsteht dann, wenn im Herbst die kalte Luft aus polaren Breiten Richtung Süden über das noch sehr warme Mittelmeer zieht. Die kalte Luft über dem warmen Wasser begünstigt die Bildung von Schauern und Gewittern. Aufgrund der Verdunstung an der warmen Meeresoberfläche nimmt diese Luftmasse sehr viel Feuchte auf.

Je wärmer das Mittelmeer, desto mehr potentielle Energie hat es gespeichert, die dann für die Bildung von Schauern und Gewittern zur Verfügung steht. Das bedeutet, dass bei entsprechender Wetterlage potentielle Unwetter- und Starkregenereignisse noch stärker ausfallen, je wärmer das Meerwasser ist.

Klimawandel erhöht das Potential für schwere Unwetter

Im Zuge der globalen Erwärmung nehmen die Wassertemperaturen im Schnitt immer weiter zu und auch in diesem Sommer wurden wieder deutlich zu hohe Wassertemperaturen gemessen. Ein Trend, der sich seit den achtziger Jahren kontinuierlich fortsetzt. Die Folge ist eine tendenziell längere und intensivere Unwettersaison am Mittelmeer.

Das bedeutet aber nicht automatisch, dass es in diesem Herbst zu extremen Unwettern rund um das Mittelmeer kommen muss. Die Frage, ob und wann das Potential dafür abgerufen wird, hängt von der Wetterentwicklung in den kommenden Wochen und Monaten ab. Bei dem schweren Hochwasser in Österreich, Tschechien und Polen spielte übrigens auch das warme Mittelmeer eine Rolle.

Wir fassen zusammen: Der Herbst ist im Mittelmeerraum die Jahreszeit mit der höchsten Gewittertätigkeit. Soweit so normal, doch durch den Klimawandel wird das Meerwasser im Schnitt immer wärmer und damit steigt das Potential für noch extremere Regenmengen und Sturzfluten. Dabei sind gewisse exponierte Gebirgsgruppen in Küstennähe, wie das Ligurische Apennin in Italien, besonders häufig betroffen. Ein Gebirge in Küstennähe sorgt zusätzlich für Hebung und Staueffekte. Herbsturlaub am Mittelmeer bedeutet also nicht unbedingt ungetrübtes Spätsommerwetter, sondern kann auch im wahrsten Sinne des Wortes ins Wasser fallen.