Wir sind zwölf Tage voraus! Was sind phänologische Jahreszeiten?
Auch wenn die Temperaturen teilweise gegenteiliges vermuten lassen - wir befinden uns nach wie vor in meteorologischer sowie astronomischer Hinsicht im Winter. Nach einer weiteren Betrachtung - nämlich den phänologischen Jahreszeiten - hat jedoch bereits der Vorfrühling begonnen. Wir beleuchten die phänologischen Jahreszeiten und deren Veränderung im Klimawandel.
Ein Kalenderjahr setzt sich aus vier Jahreszeiten zusammen - zumindest aus meteorologischer oder astronomischer Sicht. Aus phänologischer Sicht sieht die Sache etwas komplexer aus: Man unterscheidet zwischen zehn phänologischen Jahreszeiten. Nur der Winter bleibt auch in der phänologischen Betrachtung ein einfacher Winter, die weiteren drei Jahreszeiten werden jeweils in drei Unterabschnitte eingeteilt.
Die Aufteilung der phänologischen Jahreszeiten orientiert daran wann bestimmte Pflanzen austreiben, blühen oder Früchte tragen. Nach dem Winter, der sogenannten Vegetationsruhe, beginnt im deutschlandweiten und langjährigen Mittel üblicherweise am 10.02. der Vorfrühling mit der Blüte der Hasel. Dieses Jahr fand der Übergang aber bereits am 29.01. statt und damit zwölf Tage früher.
Das genaue Timing der phänologischen Jahreszeiten ist natürlichen Schwankungen unterworfen. Kleinere Abweichung sind völlig normal und hängen mit verschiedenen meteorologischen Faktoren wie dem Niederschlag, der Bodenfeuchte und der Temperatur zusammen. Selbst innerhalb von Deutschland tun sich dabei schon nennenswerte lokale Unterschiede auf. Während der Vorfrühling in Nordrhein-Westfalen üblicherweise schon am 31.01 beginnt, ist es in Bayern erst am 18.02 so weit.
Klar ist auch, dass sich die phänologischen Jahreszeiten durch den Klimawandel verschieben. Der milde Verlauf des bisherigen Winters ist einer der Hauptgründe für den frühen Beginn des diesjährigen Vorfrühlings. Wie auch in der Meteorologie kann ein Trend jedoch nicht anhand eines einzelnen Ausreißer bestätigt werden, sondern muss über längere Zeiträume beobachtet werden, wie z.B. 30 Jahre. Der Vergleich der Zeiträume 1961-1990 und 1991-2020 liefert jedoch ein ähnliches Ergebnis. Der Beginn des Vorfrühlings hat sich um rund zweieinhalb Wochen nach vorne verschoben, Spätherbst und Winter haben sich nach hinten verschoben. Einfach gesagt also: Der phänologische Winter wird kürzer.
Ist der Winter jetzt also schon vorbei? Aus meteorologischer Sicht ist die Antwort hier ein klares Nein. Wie wir aus den letzten Jahren wissen ist ein später Wintereinbruch auch gegen Ende Februar und sogar im März noch möglich. Mit einer passenden Wetterlage und einer kontinentalen Nordostströmung kann es auch im phänologischen Vorfrühling nochmal richtig kalt werden, auch wenn es kurz- bis mittelfristig nicht danach aussieht. Für die bereits blühende Pflanzenwelt wäre eine späte Kälteperiode kein all zu großes Problem - die Hasel kann ein paar Frostnächte locker überstehen.