Klimaexperte erklärt die Brückenverbindung zwischen Cali und Baku
Das Umweltprogramm der Vereinten Nationen UNEP stellt die direkte Brückenverbindung zwischen der Weltnaturschutzkonferenz von Cali und der bevorstehenden Weltklimakonferenz COP 29 in Baku dar.
Bitte keine heiße Luft mehr!
Die UNEP trrug die direkte Regie der COP 16 in Cali. Sie ist gleichzeitig zusammen mit der WMO, also der Weltorganisation für Meteorologie, eine der beiden Gründerorganisationen des IPCC. Der Intergovernmental Panel on Climate Change, oder zu deutsch der Zwischenstaatliche Ausschuss für Klimaänderungen wird in der Öffentlichkeit auch Weltklimarat bezeichnet.
Die Rolle der UNEP
Diese Vorbemerkung ist notwendig, um zu unterstreichen, warum Veröffentlichungen der UNEP sowohl wissenschaftlich wie auch öffentlich große Beachtung finden. Eine solche Veröffentlichung erschien am 24. Oktober, also zu Beginn der Weltnaturschutzkonferenz von Cali. Sie trug den bezeichnenden Titel »No more hot air… Please!«, also »Bitte keine heiße Luft mehr!«
Der Bericht betont, dass es technisch noch immer möglich, das 1,5°C-Ziel zu erreichen, wie es die Weltgemeinschaft auf der Klimakonferenz von Paris COP 15 im Jahr 2015 vereinbart hatte. Voraussetzung dafür sei allerdings eine von den G20-Staaten angeführte, massive und unbedingt globale Mobilisierung mit dem Ziel, alle Treibhausgasemissionen zu senken. Der Beginn dieser Maßnahme: Heute! Jetzt! Sofort!
Diese Eingangsbotschaft der Konferenz von Cali stellt gleichzeitig die einleitende Botschaft der bevorstehenden Weltklimakonferenz COP 29 in Baku dar, die am 11. November beginnt.
In dem Dokument betont die UNEP, dass die Fortsetzung der aktuellen Politik wird zu einem katastrophalen Temperaturanstieg von bis zu 3,1 °C führen könne. Die UNEP stellt gleichzeitig fest, dass alle derzeitigen Zusagen der Staaten bis 2030 nicht erfüllt werden. Selbst wenn sie eingehalten würden, wäre ein Temperaturanstieg vermutlich nur auf 2,6-2,8°C begrenzt.
Stringenteste Ziele!
Die UNEP betont, dass sich die Nationen gemeinsam dazu verpflichten müssen, die jährlichen Treibhausgasemissionen bis 2030 um 42 Prozent und bis 2035 in der nächsten Runde der Nationally Determined Contributions (NDCs) um 57 Prozent zu senken. Die Erreichung dieser Etappenziele sein nur mit der Umsetzung schnellster Maßnahmen möglich. Sollten diese unterstützenden Maßnahmen zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen ausbleiben, wird das 1,5°C-Ziel des Pariser Abkommens innerhalb zur Makulatur.
Aktualisierte NDCs: bis Anfang nächsten Jahres
Ich habe in meinem ersten Vorbericht zur COP 29 in Baku ausführlich den Status und die Notwendigkeit der NDC beschrieben. Der nun vorliegende UNEP-Bericht ergänzt meinen Vorbericht um zahlreiche Fakten und Grafiken. Ich habe den Bericht in seiner verkürzten Form am Ende dieses Dokuments verlinkt.
sagte Antonio Guterres, UN-Generalsekretär, in einer Videobotschaft zum UNEP-Bericht. Er betonte weiter:
Besonders die letzte Bemerkung unterstreicht den aktuellen, tragischen Kontext mit der Überschwemmungskatastrophe, die Spanien heimgesucht hat.
Neue Meilensteine
Der Bericht untersucht auch, was genau notwendig ist, um auf einen Weg zu kommen, mit dem die globale Erwärmung auf unter 2°C begrenzt wird. Notwendig dafür sei eine Senkung der Treibhausgasemissionen bis 2030 um 28 Prozent und bis 2035 um 37 Prozent gegenüber dem Emissionsniveau von 2019. Der Bericht fordert, das Jahr 2019 als neues Meilensteinjahr in die nächsten NDCs aufzunehmen.
Inger Andersen, Exekutivdirektor des UNEP, forderte die Weltgemeinschaft wie folgt auf:
Das UNEP-Dokument zeigt, dass es technisches Potenzial für Emissionssenkungen von bis zu 31 Gigatonnen CO2-Äquivalente bis zum Jahr 2030 gäbe. Dies entspricht 52 Prozent der Treibhausgasemissionen des Jahres 2023. Das Potenzial bis zum Jahr 2035 läge sogar bei 41 Gigatonnen CO2-Äquivalente. im Jahr 2035. Dies würde die Lücke für diese beiden Meilensteinjahre zum 1,5°C -Ziel schließen.
Der verstärkte Einsatz von Photovoltaik-Technologien und Windenergie könnte 27 Prozent des Gesamtreduktionspotenzials des Jahres 2030 und 38 Prozent des Jahres 2035 liefern. Die Maßnahmen gegen Abholung von Wäldern bzw. der Wiederaufforstung könnten in beiden Jahren rund 20 Prozent des Potenzials bringen. Weitere bedeutende Optionen wären die Verstärkung von Effizienzmaßnahmen und konsequente Elektrifizierung, also die Umstellung weg von fossilen Brennstoffen, in den Bereichen Gebäude, Verkehr und Industrie.
Die wichtigste Kernaussage des UNEP-Berichts unterstreicht die Machbarkeit der Zielerreichung der Ziele der COP28-Ziele von 2023 in Dubai. Dort wurde erwähnt, dass die Kapazität der erneuerbaren Energien bis 2030 verdreifacht werden solle und die globale Rate der Energieeffizienzverbesserungen bis 2030 zu verdoppeln sei. Gleichzeitig müsse sich die Welt von fossilen Energieträgern abwenden und die Natur und die Wiederherstellung von Ökosystemen weiter voranzutreiben.
Voraussetzung für die Umsetzung dieses Potenzials sei eine beispiellose internationale Mobilisierung mit einem gesamtstaatlichen Ansatz. Dieser müsse sich auf Maßnahmen konzentrieren, die sozioökonomische und ökologische Vorteile hervorheben und Kompromisse kleinhalten.
Gutes NDC-Design ist entscheidend: Erwartungen an die COP 29
Der UNEP-Bericht legt auch dar, wie sichergestellt werden kann, dass alle aktualisierten NDCs eindeutig gestaltet, spezifisch und transparent sind. Nur so könnten sie alle neuen Ziele erfüllen.
Für Schwellen- und Entwicklungsländer sollten die NDCs Details über die internationale Unterstützung und Finanzierung, die sie benötigen, enthalten.
In nur einer Woche am 11. November beginnt die Weltklimakonferenz in Baku. Nach dem enttäuschenden Ergebnis der Weltnaturschutzkonferenz in Cali am 2.11. sind die Vorzeichen leider nicht so positiv, wie sich das Umweltverbände sowie die Organisation der Vereinten Nationen erwarten. Das nun vorliegende Dokument der UNEP wäre eine optimale »road map“, also eine Straßenkarte für den Verlauf der COP 29. Wir alle dürfen gespannt sein, ob die politischen Delegationen die richtigen Wege finden werden, die die Welt auf den Pfad des 1,5°C -Ziels zurückbringt.
Wie auch im vergangenen Jahr berichte ich regelmäßig vom Verlauf der Baku-Konferenz.
Links:
UNEP-Bericht: Bitte keine heiße Luft mehr!
Dann unter »Executive Summary« die verkürzte Version zum Download aufrufen