Eine neue wissenschaftliche Entdeckung verspricht süßere Tomaten, ohne deren Größe zu reduzieren.

Wissenschaftler haben einen bahnbrechenden Fortschritt erzielt, der es ermöglicht, Tomaten durch genetische Modifikation süßer zu machen, ohne die Fruchtgröße zu beeinträchtigen. Diese Entdeckung könnte die Landwirtschaft revolutionieren.

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In der Tomatenzucht gab es einen wissenschaftlichen Durchbruch!

Durchbruch in der Tomatenzucht: Süßere Früchte ohne Größenverlust

Wissenschaftler haben einen bedeutenden Durchbruch in der Züchtung von Tomaten erzielt, der es ermöglicht, den Zuckergehalt der Früchte um bis zu 30 % zu steigern, ohne die Fruchtgröße oder den Ertrag zu beeinträchtigen.

Dies könnte nicht nur die Qualität von Tomaten verbessern, sondern auch neue Möglichkeiten für die Züchtung anderer Obst- und Gemüsesorten eröffnen, bei denen Geschmack und Ertrag oft miteinander in Konflikt stehen.

Der Erfolg basiert auf der Anwendung der CRISPR-Technologie, einer revolutionären Methode zur gezielten Veränderung von Genen.

Vom Mikrobenschutz zur Geschmackskontrolle: Die Anfänge von CRISPR

Die Grundlage dieser Entdeckung geht auf jahrelange Forschung zurück, die durch den spanischen Biologen Francis Mojica angestoßen wurde. Mojica hatte vor mehr als zwei Jahrzehnten entdeckt, dass bestimmte Mikroben ein natürliches Abwehrsystem besitzen, das auf einem präzisen „Schneiden“ von DNA basiert. Diese Entdeckung bildete die Grundlage für die Entwicklung der CRISPR-Technologie, die heute in der Genetik breite Anwendung findet.

Die beiden Wissenschaftlerinnen Emmanuelle Charpentier und Jennifer Doudna erhielten 2020 den Nobelpreis für Chemie für ihre bahnbrechende Arbeit an CRISPR, die es ermöglicht, Gene mit bisher unerreichter Präzision zu bearbeiten.

Zuckergehalt ohne Kompromisse: Die Rolle der Gene SlCDPK27 und SlCDPK26

Das neue Forschungsprojekt, das von Jinzhe Zhang und seinem Team geleitet wird, konzentriert sich auf zwei Gene in Tomatenpflanzen, die als „Zucker-Bremsen“ fungieren:

Diese Gene, SlCDPK27 und SlCDPK26, regulieren die Zuckerproduktion in den Früchten, indem sie ein Enzym hemmen, das für die Bildung von Zucker notwendig ist. Durch das gezielte Ausschalten dieser Gene mithilfe von CRISPR konnte das Team den Gehalt an Glukose und Fructose in den Tomaten signifikant erhöhen, was den Geschmack der Früchte deutlich süßer macht, ohne dass der Ertrag oder die Fruchtgröße darunter litten.

Bisherige Herausforderungen bei der Tomatenzüchtung

Ein herausragendes Merkmal dieser Entdeckung ist, dass der Zuckergehalt der Tomaten erhöht werden konnte, ohne dass die typischen Herausforderungen der Tomatenzüchtung in Kauf genommen werden mussten.

In der Vergangenheit bedeuteten Versuche, den Zuckergehalt von Tomaten zu erhöhen, oft, dass die Früchte kleiner wurden und die Erträge sanken. Dies ist insbesondere dann problematisch, wenn es darum geht, kommerziell wertvolle Tomaten in großen Mengen zu produzieren.

Mit dieser neuen Methode jedoch bleibt die Größe der Tomaten unverändert, während der Geschmack deutlich verbessert wird – eine Lösung, die sowohl für die landwirtschaftliche Produktion als auch für den Konsumenten von großem Interesse ist.

Genetische Analyse als Schlüssel: Genomweite Assoziationsstudie (GWAS)

Zhang und sein Team nutzten eine genomweite Assoziationsstudie (GWAS), um die Gene zu identifizieren, die den Zuckergehalt der Tomaten am stärksten beeinflussen. Sie fanden heraus, dass das SlCDPK27-Gen eine besonders wichtige Rolle bei der Regulierung des Zuckerstoffwechsels in den Tomaten spielt.

Durch die Inaktivierung dieses Gens konnten die Forscher die Zuckerproduktion der Früchte steigern, ohne negative Auswirkungen auf die Fruchtgröße oder den Ertrag zu haben.

Dieser Fortschritt könnte das Verständnis darüber, wie Zucker in Tomaten angesammelt wird, revolutionieren und als Modell für die Züchtung von süßeren Tomaten dienen, ohne die klassischen Kompromisse zwischen Geschmack und Ertrag einzugehen.

Potenzial für andere Obst- und Gemüsesorten

Die Anwendung dieser Technik könnte nicht nur auf Tomaten beschränkt bleiben. Die Forscher untersuchen bereits, inwieweit diese Methode auf andere Obst- und Gemüsesorten angewendet werden kann, um deren Geschmack ebenfalls zu verbessern. Das Potenzial dieser CRISPR-Technologie geht über die Verbesserung des Geschmacks hinaus:

Sie könnte auch in der Zukunft genutzt werden, um den Nährwert von Lebensmitteln zu steigern oder Pflanzen widerstandsfähiger gegen den Klimawandel zu machen.

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Tomaten können dank neuer Forschung 30% mehr Zucker entwickeln.

Auswirkungen auf die Lebensmittelproduktion und das Verbraucherverhalten

Ein weiterer wichtiger Aspekt dieser Entdeckung ist die mögliche Auswirkung auf die weltweite Lebensmittelproduktion. Da der Geschmack von Tomaten ein entscheidender Faktor für den Konsumenten ist, könnte diese Innovation dazu beitragen, das Verbraucherinteresse an regionalen und nachhaltig produzierten Tomaten zu steigern.

Dies könnte nicht nur die lokale Landwirtschaft stärken, sondern auch den CO2-Fußabdruck der Lebensmittelproduktion verringern, indem der Transport von minderwertigen Tomaten aus entfernten Regionen reduziert wird.

Kritische Stimmen: Geschmack und Wahrnehmung

Dennoch gibt es auch kritische Stimmen zu den Ergebnissen. Antonio Granell, ein spanischer Genetiker, der ebenfalls im Bereich der Tomatenforschung tätig ist, äußert sich vorsichtig über die bisherigen Ergebnisse.

Obwohl der Anstieg des Zuckergehalts signifikant sei, betont er, dass der Unterschied im Geschmack nicht für alle Konsumenten eindeutig wahrnehmbar ist.


In Geschmackstests in Shenzhen und Peking gaben etwa 40 % der Teilnehmer an, keinen Unterschied in der Süße der Tomaten zu bemerken. Dies zeigt, dass die Wahrnehmung von Süße subjektiv sein kann und nicht jeder Konsument die gleichen Ergebnisse erzielt.

Granell verweist auch darauf, dass das Potenzial zur weiteren Steigerung des Zuckergehalts noch nicht vollständig ausgeschöpft sei, da die Zuckerkonzentration der veränderten Tomaten noch unterhalb der Werte traditioneller süßer Tomatensorten liege.

Die Bedeutung von Anbaupraktiken für den Tomatengeschmack

Zusätzlich zur genetischen Bearbeitung betont Granell, dass auch Faktoren wie Anbaupraktiken eine wesentliche Rolle im Geschmack von Tomaten spielen.

Zum Beispiel wird die „Amela“-Tomate aus Japan durch einen strengen Anbauprozess mit kontrolliertem Wasserhaushalt, spezifischen Nährstoffen und optimierten Lichtverhältnissen gezüchtet, was zu ihrer außergewöhnlichen Süße beiträgt.

Diese Tomate erreicht einen Brix-Wert von bis zu 9, was eine der höchsten Zuckerconzentrationen in Tomaten darstellt.

Europäische Regulierung und Zukunftsaussichten

Neben der genetischen Forschung spielt auch die Regulierung der neuen Genomtechniken eine Rolle. In Europa hat sich die Haltung gegenüber genetisch veränderten Organismen (GVO) in den letzten Jahren geändert. Im Februar 2024 verabschiedete das Europäische Parlament eine Gesetzesvorlage zur Regulierung von modernen Genomtechniken wie CRISPR. Diese Gesetzesänderung könnte den Weg für eine breitere Anwendung der Technologie in der Landwirtschaft ebnen, was die Entwicklung von widerstandsfähigeren und produktiveren Pflanzen zur Bekämpfung des Klimawandels erleichtern würde.

Schlussfolgerung: Ein Meilenstein für die Tomatenzucht und die Landwirtschaft

Insgesamt stellt der Fortschritt in der Tomatenzüchtung mithilfe von CRISPR einen wichtigen Meilenstein dar. Die Möglichkeit, den Geschmack von Tomaten zu verbessern, ohne deren Größe oder Ertrag zu beeinträchtigen, könnte weitreichende Auswirkungen auf die Landwirtschaft und die Nahrungsmittelproduktion haben.

Wenn diese Technologie weiter erforscht und optimiert wird, könnte sie in naher Zukunft auch auf andere Pflanzenarten angewendet werden und so einen entscheidenden Beitrag zur Ernährungssicherheit und Nachhaltigkeit leisten.