E-Auto-Akkus: wesentlich längere Lebensdauer als gedacht
Die geschätzte Lebensdauer von Akkus als Hauptbestandteilen von E-Autos wurden bisher nur unter Laborbedingungen getestet. Dabei ging man von einem Leistungsabfall auf 80 Prozent nach 8 Jahren oder 160.000 Kilometern aus. Eine neue Studie hat diese Annahme nun widerlegt.
Die Studie hat festgestellt, dass Akkus von Elektrofahrzeugen in der alltäglichen Anwendung mit längeren und kürzeren Fahrten, unterschiedlichem Beschleunigen und verkehrsangepasstem Bremsen ihr Leistungsvermögen um bis zu 38 Prozent länger behalten als dies in Labortests bei vielfachem, gleichmäßigem Laden und Entladen festgestellt wurde. Die Studie „Dynamische Fahrverhalten erhöht die Akku-Lebensdauer“ erschien vor wenigen Tagen im Fachjournal »Nature Energy«.
Eine Gruppe von Wissenschaftlern aus dem kalifornischen Stanford hat mit ihrer Veröffentlichung die bisherigen Annahmen von E-Auto-Herstellern auf den Kopf gestellt.
Die kalifornischen Batteriespezialisten hoben in der Präsentation ihrer Studie hervor, dass die bisher angewendete Labormethodik kein zuverlässiger Weg sei, um die Leistungserwartung von Elektroauto-Akkus vorherzusagen. Dies gelte insbesondere für die Menschen, die Elektroautos für den täglichen Pendlerverkehr benutzen.
Simona Onori, Hauptautorin der Studie, sagte dazu
Auch sie und ihr Team waren von den Ergebnissen ihrer eigenen Studie selbst überrascht. Im täglichen Fahr- und Stehbetrieb findet häufiges Beschleunigen, Bremsvorgänge, die in vielen neueren Fahrzeugen mit dem leichten Wiederaufladen der Akkus verbunden sind, kurze Stopps, um schnell in ein Geschäft zu gehen oder längeres Ruhenlassen der Akkus durch Parkvorgänge abwechselnd statt.
Je näher am realistischen Fahrverhalten, desto länger hält der Akku
Die Forschungsgruppe nutzte für ihre Studie vier Arten von Entladungsprofilen für Elektrofahrzeuge. Diese reichten von der standardmäßigen konstanten Entladung bis zur dynamischen Entladung auf der Grundlage realer Fahrdaten.
Die Wissenschaftler testeten dabei 92 handelsübliche Lithium-Ionen-Akkus über einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren mit den vier verschiedenen Entladungsprofilen. Dabei stellten sie fest, dass die Lebenserwartung der Batterien nach oben ging, je realistischer die Profile ein tatsächliches Fahrverhalten widerspiegelten.
Multiple Faktoren
Bezeichnenderweise trugen mehrere Faktoren zu der für die Forscher unerwarteten höheren Langlebigkeit bei. Einer dieser Faktoren war eine Korrelation zwischen kräftigem, kurzen Beschleunigungsvorgängen und einer langsameren Entladung. Diese Feststellung stand im Widerspruch zu bisherigen, langjährigen Annahmen von Batterieforschern, dass derartige Beschleunigungsspitzen schlecht für Elektroauto-Akkus seien. Genau das Gegenteil sei der Fall, wie einer der Autoren der Studie betonte:
Ein weiterer Faktor der Untersuchung war das Zusammenspiel der beiden Alterungsarten eines Akkus. Die bisherige Annahme unterschied zwischen einer Zeitalterung und einer Ladezyklusalterung, also wie oft ein Akku wieder aufgeladen wird. Dabei wurde ein »Sweet Spot« für die durchschnittliche Entladerate identifiziert, bei dem sich beide Alterungsarten die Waage halten. Dieses Zeitfenster lag im Bereich der realistischen Fahrweise von Elektrofahrzeugen.
Automobilhersteller könnten deshalb ihre Akku-Management-Software aktualisieren, um die neuen Erkenntnisse zu nutzen und die Lebensdauer der Batterie unter realen Bedingungen zu maximieren, so die Forscher.
Geotab-Analyse bestätigt das Ergebnis der kalifornischen Studie
Die Firma Geotab ist ein weltweit führender Anbieter von vernetzten Transportlösungen. Anfang Oktober veröffentlichte Geotab neue Fakten auf ihrem Fahrzeugportfolio. Dafür nutzte man Analysen über den Zustand der Akkus von etwa 5.000 Elektrofahrzeugen. Dies entspricht etwa 1,5 Millionen Tagen an Datenmaterial. Das Ergebnis: Mit einem jährlichen Leistungs- bzw. Ladekapazitätsabbau von nur 1,8 Prozent wird die große Mehrheit der Akkus von Elektrofahrzeugen die nutzbare Lebensdauer des Fahrzeugs überdauern. Wenn man diese Rate zugrunde legt, würden nach zwölf Jahren Nutzung immer noch mehr als 80 Prozent der Speicherkapazität zur Verfügung stehen.
Dies würde bedeuten, dass ein E-Auto, dessen neuer Akku eine Reichweite von 500 km hat, würde nach zehn Jahren durchschnittlicher Nutzung nur einen Speicherverlust etwa 75 km haben. Dies wäre gleichbedeutend mit einer mittleren Reichweite von 425 km nach 10 Jahren Nutzungsdauer.
Damit korreliert die Geotab-Analyse aus dem »täglichen Leben« fast auf den Punkt mit dem Ergebnis der kalifornischen Studie einer 38-prozentigen Erhöhung der bisherigen, angenommenen Leistungs- und Lebensdauer eines E-Auto-Akkus.
Quellen und Studien
Studie "Dynamic cycling enhances battery lifetime"
Bericht von Vision-Mobility zur Geotab-Analyse